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Leisacher
Gucklöcher
Franziska Senfter – Die Stöffler
Franzi: Geschichte hautnah erlebt
Die jüngeren Leisacherinnen und Leisacher
und alle, die erst nach 1990 nach Leisach
gezogen sind, wissen gar nicht, wie ange-
nehm es war, als es in Leisach noch einen
Nahversorger gab: das SPAR-Geschäft beim
Stöffler. Besonders für ältere Menschen und
für junge Muttis, die nicht so leicht nach
Lienz kamen, war der tägliche Gang ins
Geschäft eine willkommene Möglichkeit,
zwanglos mit anderen Leuten ins Gespräch
zu kommen. Franzi an der Wursttheke oder
an der Kasse war immer zu-
vorkommend und freundlich
und – wenn es die Arbeit
zuließ – zu einem kleinen
Ratscher bereit, so dass man
den Laden gut gelaunt ver-
ließ. Gemeinsam mit ihrem
Mann Albert schmiss sie den
Laden 24 Jahre lang, bis
Albert in Pension ging und
das Geschäft in Leisach für
immer seine Pforte schloss.
Dabei wollte Franzi über-
haupt nicht Geschäftsfrau
werden, weil sie schon als
Lehrling erkannte, wie
schwer man als selbstständiger Einzelhändler
sein Geld verdient und wie ungut sich das
auf das Familienleben auswirken kann.
Franzi ist keine gebürtige Osttirolerin. Ihr
Elternhaus steht in Steinach am Brenner, wo
ihr Bruder heute noch lebt. Ihre Kindheit fiel
in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und als
sie fünf Jahre alt war, wurde das Haus aus-
gebombt. Ein Cousin stellte ihrer Mutter mit
sieben kleinen Kindern zwei Zimmer zur Ver-
fügung, so dass sie zumindest ein Dach über
dem Kopf hatten. Der Vater war noch im
Krieg. 1945 kehrte er heil aus dem Krieg
zurück und begann zwei Jahre später damit,
ein neues Haus für seine inzwischen zehn-
köpfige Familie zu erbauen. Diese schwere
Zeit und die gemeinsame Liebe zum Singen
und zu schönen Dingen schmiedeten die
Geschwister zusammen, und diese Bande
halten bis heute.
Die Eltern waren streng, aber liebevoll.
Franzi erinnert sich schmunzelnd daran,
dass sie an jedem Herz-Jesu-Freitag beichten
gehen mussten, obwohl es für sie nichts zu
beichten gab. Da fiel ihr nichts anderes ein
als eine Sünde zu erfinden, und damit hatte
sie gleich Stoff für die nächste Beichte, denn
jetzt hatte sie ja gelogen.
Franzi und ihre Geschwister besuchten die
Volksschule in Steinach und die Hauptschule
in Innsbruck. Nach dem Ende der Schul-
pflicht musste Franzi als 14-Jährige den
Haushalt führen, weil ihre Mutter schwer er-
krankt war und für ein Jahr ausfiel. Anschlie-
ßend trat sie in Steinach eine Lehrstelle in
einem Lebensmittelgeschäft an und später
arbeitete sie in einem Geschäft in Innsbruck.
Bei einer Fortbildungsveranstaltung in der
SPAR-Zentrale in Kufstein lernte sie Albert
Senfter kennen, und der ver-
liebte sich in die junge, hüb-
sche Steinacherin. Als er um
ihre Hand anhielt, wies sie
ihn zuerst ab, weil sie keine
Geschäftsfrau werden
wollte. Er ließ jedoch nicht
locker und schließlich wil-
ligte Franzi ein. So wurde
1965 Hochzeit gefeiert und
Franzi zog nach Leisach.
Die beiden führten eine sehr
harmonische, glückliche
Ehe. In den folgenden Jah-
ren kamen die fünf Kinder
zur Welt: Günther, Gerhard,
die Zwillinge Erich und Angelika und schließ-
lich Werner. Es folgte eine sehr arbeitsinten-
sive Zeit. Albert unterstützte seine Frau nach
Kräften, zeitweise hatten sie auch eine Haus-
haltshilfe und Mitarbeiter im Geschäft ange-
stellt, aber die meiste Arbeit versuchten sie
selbst zu bewältigen, weil das kleine Ge-
schäft nicht so viel Gewinn abwarf. Alle fünf
Kinder waren interessierte, fleißige Schüler
und absolvierten höhere Ausbildungen.
Heute leben und arbeiten drei von ihnen in
Nordtirol: Günther hat nach seinem Studium
der Elektrotechnik einen verantwortungsvol-
len Posten bei der TIWAG, Gerhard arbeitet
bei der ÖBB-Direktion in Innsbruck und lebt
mit seiner Familie in Kirchberg. Erich wohnt
in Innsbruck, wo er als Software-Entwickler
arbeitet. Angelika hat Psychologie studiert
und ist Psychologin in einer Jugendeinrich-
tung in München. Werner, der in Wien