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Seite 24

‘s Blatt‘l

Juli 2017

Das Gemälde hat eine bewegte

Geschichte und noch dazu eine enge

Verbindung mit unserer Gemeinde,

bzw. unserem Gemeindesaal. Max

Weiler, dessen Vater aus Strassen

stammte, schuf 1941 das Ölbild mit

seinen Verwandten, der Familie Val-

tiner aus Heising -

Vater und Mutter um-

geben von dreizehn

Kindern. Das 2 x 2

Meter große Werk

kam später ins Ei-

gentum des Landes

(Tiroler

Landes-

museum).

Eine enge Verbin-

dung gab es auch

zwischen dem Ma-

ler Max Weiler und

dem damaligen Bau-

ernbunddirektor

Dr.

Anton Brugger, vlg.

Bacher in Schlai-

ten.

Max Weiler

schuf im Jahre 1947

in der Theresienkir-

che in Innsbruck ein

großes Fresko mit

dem Titel "Lanzen-

stich". Er provozierte

die Tiroler Bevölke-

rung dadurch, dass

ein Bauer mit der

Lanze in die Seite

des

gekreuzigten

Jesus stach. Es gab

einen Aufschrei in der Bauernschaft

und in der Folge auch eine Ankla-

ge – jedoch nur mit dem Ergebnis,

dass der Künstler das Fresko für fast

zwei Jahrzehnte mit Leintüchern ab-

deckte. Dr. Anton Brugger, der sich

gegen die Verurteilung des Künstlers

verwehrte, wurde für einige Zeit als

Bauernbunddirektor suspendiert.

Anfang 1960 wurde beim Gemein-

dehaus der Gemeindesaal als Zubau

errichtet. Der damalige Schlaitner

Bürgermeister Johann Gantsch-

nig vlg. Fotz

erhielt für diesen Saal

über Vermittlung von Dr. Anton Brug-

ger im Jahre 1968 das Gemälde

"Die Bauernfamilie" von Max Weiler

als Leihgabe des Landes zur Verfü-

gung gestellt. Mit dem offenen VW-

Pritschenwagen holte der Fotz Hansl

gemeinsam mit seinem Nachbarn,

dem Wegscheider David das Gemäl-

de in Innsbruck ab. Beim Abholen

des Bildes verabschiedete Dr. Anton

Brugger unseren Bürgermeister mit

den Worten: „Da habt‘s ein schönes

Bild, das gehört jetzt euch, von dem

hört‘s jetzt nichts mehr!“

Es sollte aber anders kommen. Die

Werke Max Weilers gewannen zwi-

schenzeitlich immer mehr an Wert. In

aller Welt fanden Ausstellungen des

Künstlers statt und so wurde auch

„unsere Bauernfamilie“ immer wieder

für Ausstellungen abgeholt - einmal

sogar nach Moskau. Im Jahre 2000

übersiedelte das Bild schließlich ins

Büro von Landeshauptmann Wen-

delin Weingartner. Der hohe Wert

der Weiler-Bilder entsprach nicht un-

seren möglichen Sicherheitsvorkeh-

rungen und so mussten wir künftig

auf unseren Weiler verzichten.

Das Gemälde hatte über 3 Jahr-

zehnte so ziemlich alles mitgemacht,

was eben ein Kunstwerk nicht mit-

machen sollte: Bälle mit jeder Menge

Zigarettenrauch, ähnlich einer Sel-

che. Die richtige Patina erhielt das

Bild auch durch so manchen Spritzer

Fanta, Cola und auch Bier. Beim Tan-

zen hat es manchmal eine Tänzerin

ausgehoben und sie

landete unsanft inmit-

ten der Valtiner-Kin-

der. Natürlich hat auch

so manchen Tänzer

das Taktgefühl ver-

lassen und er musste

sich am unteren Bild-

rand abstützen, um

einen bösen Sturz zu

verhindern. Und dass

es bei den zahlreichen

Zimmergewehrschie-

ßen im Gemeindesaal

keine

Fehlschüsse

und Querschläger in

Richtung der Familie

Valtiner gegeben hat,

wird wohl niemand

behaupten. Die Vor-

sehung hatte sicher

mitgespielt, als nach

dieser Unmenge an

Kunstfrevel die Fami-

lie Valtiner unter dem

Vorwand einer Kunst-

ausstellung ins Land-

haus nach Innsbruck

"entführt" wurde.

Mit den heutigen

technischen Möglichkeiten bot sich jetzt

die Gelegenheit, ein Repro von diesem

Gemälde anfertigen zu lassen. Die

Idee dazu kam von

Peter Unterweger

aus Wien

, einem gebürtigen Lienzer.

Er befasst sich seit Jahrzehnten mit

der Kunstszene zwischen Osttirol und

Wien. Er kannte den Maler Max Weiler

persönlich und hat ihn noch kurz vor sei-

nem Tod am 29. Jänner 2001 in Wien

für ein Interview besucht. Peter Unter-

weger ebnete für uns auch alle organi-

satorischen und rechtlichen Schritte für

die Herstellung der Reproduktion. Am

Abend der Ausstellungseröffnung am 9.

Juni 2017 konnte er den Kunstinteres-

sierten auch vieles aus seinem umfang-

reichen Wissen über den Künstler und

„Die Bauernfamilie“ erzählen.

Kulturelles

„Die Bauernfamilie“ ist wieder in Schlaiten

Seit einem Monat ist „Die Bauernfamilie“ von Max Weiler wieder im Schlaitner Gemeindesaal zu bewundern.

Die Bauernfamilie von Max Weiler, 1941

Peter Unterweger überraschte nicht nur mit vielen Anekdoten über Max

Weiler und die Familie Valtiner. Auch den Holzkumpf, den einer der Kinder

während dem Porträtieren zwei Stunden lang halten musste, brachte er im

Original zur Ausstellungseröffnung mit.