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30

BLICK

Ein

Chronik

Die Bücher, mit blauem oder braunem Packpapier einge-

bunden und mit einer Nummer auf weißem Schildchen

versehen, waren übersichtlich in Wandschränken und

Regalen untergebracht. Als diese nicht mehr reichten, la-

gen sie aufgestapelt auf Tischen und Bänken in der Stube

des Widums. Kooperator Josef Wieser, Mathilde und Rosa

Schneider, selbst Stammgäste in der Bücherei, ist es zu

verdanken, dass trotz der geringen Buchauswahl und der

unangemessenen Räumlichkeiten immer mehr Interessier-

te den Weg in die „Widumstube“ = Bücherei fanden.

Der Ankauf neuer Lektüre war schwierig und erfolgte nur

mit geringen Fördergeldern der Gemeinde, der Diözese

und des Vereins für Erwachsenenbildung. Großzügigere

Sponsoren waren die Raiffeisenkasse Sillian und die Lien-

zer Sparkasse.

Für zusätzlichen Lesestoff sorgte die Bundesstelle für Er-

wachsenenbildung in Innsbruck. Sie bot den kleineren Ge-

meinden die Möglichkeit, von der „Wanderbücherei“ als

Ergänzungsbibliothek Gebrauch zu machen. Auch Sillian

stand im Programm.

Alljährlich in der Adventszeit organisierte das Büchereiteam

rund um Mathilde und Rosa Schneider eine Buchverkaufs-

ausstellung. Die Buchhandlung Tyrolia/ Lienz stellte die Bü-

cher und Devotionalien in Kommission zur Verfügung.

Allmählich wuchs die Lesefreudigkeit in der Bevölkerung,

und man dachte an eine Erweiterung der Bücherei bzw.

eine Umstrukturierung, was in den Räumlichkeiten des Wi-

dums aber nicht mehr möglich war.

Bürgermeister Anton Gesser brachte dieses Anliegen dem

Gemeinderat vor: „Die Katholische Volks- und Jugendbü-

cherei Sillian ist derzeit leider wegen Raumnot nicht mehr

ausbaufähig. Für Sillian wären nach Berechnung des Bun-

desstaatlichen Volksbildungsreferenten Prof. Louis Ober-

walder für eine leistungsfähige Bücherei ca. 3000 Bände

notwendig. Derzeit haben wir einen Bestand von ca. 750

Bänden und ca. 100 Bänden aus dem Bestand der Wan-

derbücherei der Tiroler Landesregierung. Eine Aufstockung

ist aber nicht möglich, da die Stube im Widum ja ein Mehr-

zweckraum ist."

Im folgenden führte er noch einen Grund für die Verlegung

der Bücherei an. „…..nicht alle Menschen eines Ortes und

bei weitem nicht alle Gäste gehen gerne in einen Widum;

weiters glauben ziemlich einige Teile der Bevölkerung, in

einer katholischen Volksbücherei gäbe es nur `fromme`

Bücher und keine sonstige Unterhaltungsliteratur. Auch die

Lage ist heute nicht mehr zentral." ( aus: Gemeindeproto-

koll vom 17. August 1974)

Der Gemeinderat beschloss, die ehemalige „Schett - Woh-

nung“ mit dem anschließenden Archivraum im alten Ge-

meindehaus, Sillian Nr. 84, (heute Schützenraum) für die

Unterbringung der Katholischen Volks- und Jugendbüche-

rei zu adaptieren. Auch der Kultur- und Sportausschuss

stimmte dem Vorschlag zu und versprach, sich an den

notwendigen baulichen Veränderungen finanziell zu be-

teiligen. Volksbildungsreferent Prof. Oberwalder stellte in

Aussicht, dass die Kosten für die Einrichtung der Bücherei

durch Subventionen von öS. 250.000,- völlig abgedeckt

würden, vorausgesetzt, die Gemeinde renoviert auf ihre

Kosten die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten. Der Ge-

meindeführung erschien der finanzielle Aufwand zu groß,

und sie lehnte das Angebot von Prof. Oberwalder ab. Über

die öS. 250.000,- freuten sich die Büchereien Heinfels und

Strassen.

1977 wurde die Bücherei aus ihrem Schattendasein geholt

und übersiedelte endgültig vom Pfarrhaus ins Gemeinde-

haus, Sillian 84. Durch eine grundlegende Reorganisation

entstand die „Öffentliche Bücherei“. In seinen Segenswor-

ten meinte Dekan Steinringer, dass mit der Bücherei ein

wichtiges Kulturgut für die Gemeindebürger und Gäste ge-

schaffen wurde.

Als Leiterin der „Öffentlichen Bücherei Sillian“ konn-

te Mathilde Schneider, Arbeitslehrerin an der Volks- und

Hauptschule Sillian, gewonnen werden. Sie absolvierte die

Ausbildung zur ehrenamtlichen Bibliothekarin in Strobl am

Wolfgangsee und wurde bald zur „Seele der Bücherei“. Ihr

Start in Sillian war alles eher als rosig, musste sie doch

mit vielen baulichen Mängeln zurechtkommen. Erst nach

und nach konnten die desolaten Räumlichkeiten renoviert

werden. Zusammen mit den Schülern Strasser Herbert,

Niedertscheider Josef jun. und Gitti Federer (Schneider)

als fleißige Gehilfen verbrachte sie viele Stunden mit der

Auswahl der Bücher, mit Einbinden, Einordnen, Katalogisie-

ren, mit Sichern der Finanzierung usw. Um einen schnellen

Überblick zu gewinnen, wurden die mit Klarsichtfolie ein-

gebundenen Bücher mit verschiedenfarbigen Aufklebern

am Buchrücken versehen. Gelb galt für Kinderbücher, blau

Segnung der Bücherei durch Dekan Steinringer mit Bücherei-

leiterin Mathilde Schneider 1977.

Die neu gestaltete Bücherei 1977.