Auswanderung und Flucht ist vor allem in diesem Jahr ein äußerst aktuelles Thema, das jeden beschäftigt. Die Grün-
de, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen sind vielfältig und wiederholen sich im Laufe der Geschichte bis heute.
Auf der einen Seite gab bzw. gibt es die Wirtschafts- sowie Kriegsflüchtlinge und andererseits die Auswanderung
aufgrund von Überbevölkerung, dem Rückgang von Rohstoffen, religiöser Verfolgung oder dem Wunsch nach einer
Verbesserung der Lebensumstände.
OSR Erwin Kolbitsch befasste sich in den 1970er Jahren mit der Auswanderung aus dem Bezirk Lienz von 1550 bis
1815 und erwähnte für diesen Zeitraum für Lavant eine Auswandererzahl von 12 Personen. In der Ferne waren etwa
die Hälfte aller Auswanderer in der Landwirtschaft tätig, die andere Hälfte ging einem Handwerk nach. Wie etwa der
Lavanter Lorenz Rader, der um 1760 als Maurer in Debrecin (Ungarn) lebte. Dessen Spuren sich dann aber verlieren.
Der Beginn der Auswanderung setzte ab der 2. Hälfte des 16. Jh. ein und erreichte seinen Höhepunkt vor 1800. Die
Auswandererziele beschränkten sich in dieser Zeit vor allem auf die Länder Europas. Auch die Anzahl der Emigran-
ten war überschaubar.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in den Ländern Süd- und Nordamerikas die Sklavenarbeit abgeschafft. Daher be-
nötigte man viele und vor allem billige Arbeitskräfte.
Man warb in allen gängigen Zeitungen massiv für die
Auswanderung nach Übersee. Für viele Menschen, die in
Europa in schwerer Armut lebten und keine Perspektiven
hatten, mussten sich die Beschreibungen der nord- und
südamerikanischen Länder wie der Himmel auf Erden
angehört haben.
Eine Massenauswanderung war die Folge. Zwischen
1815 und 1914 wanderten ca. 50 Millionen Europäer nach
Übersee aus, davon etwa 6 Millionen deutschsprachige.
Bevorzugte Länder waren USA, Kanada, Brasilien, Ar-
gentinien und Australien.
Die Auswanderung wurde für viele Men-
schen zu einem lukrativen Geschäft. Vor
allem die Schifffahrtslinien und sonstige
Transportunternehmen verdienten sich
mit den Emigranten eine
goldene Nase. Warb man
doch auch hier in allen
regionalen Zeitungen für
eine günstige und sichere
Überfahrt.
Nach einer langen und
meist
beschwerlichen
Überfahrt wurden die
Auswanderer jedoch sehr
schnell auf den Boden
der Realität zurückgeholt.
Da viele für die Über-
fahrt Schulden machten,
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| Dezember 2015
AUS DER CHRONIK
Die Auswandererfamilie Klocker
Lienzer Zeitung, 01.02.1902, S. 9
Anzeiger zum Pustertaler Boten, 23.10.1874, S. 1
Bote für Tirol, Intelligenzblatt Nr. 50, 02.03.1855, S. 4
Brunner vlg. Unterhuber (April 1976)
Anzeiger zum Pustertaler Boten, 23.10.1874, S. 1