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Seite 36

V

EREINE

Nach der Freilegung und Restaurierung des Sgraffito

beim Gemeindeamt hat sich unser Verein wieder eines

kulturellen Kleinods in Thurn angenommen.

Gerade rechtzeitig zum 31. Juli, dem Fest des Hl. Ignatius

von Loyola, wurden die renovierten Figuren wieder in die

Felsennische beim Steig zum „Bocha“ angebracht. Die Gruppe

besteht aus drei Figuren:

dem kreuztragenden Christus,

dem Ignatius und

einer später hinzugekommenen Marienfigur.

Vorher musste die Grotte und die davor angebrachte Überdachung

von überwucherndem Efeu und den Spinnweben gesäubert

werden.

Wer war nun Ignatius von Loyola? Vorerst verlief sein Leben

gar nicht so heilig. Geboren 1491 in Nordspanien, lernte er als

Offizier das höfische Leben mit Freude am Spiel und an Frauen

kennen, wurde 1521 im Kampf verletzt und bekehrte sich durch

das Lesen guter Lektüre im Krankenbett. 1534 gründete er den

Jesuitenorden, 1537 wurde er zum Priester geweiht, 1540 wurde

er General seines Ordens. Am 31. Juli 1556 stirbt Ignatius in

Rom, 1622 wird er heiliggesprochen.

Frau Dr. BrigitteAscherl schreibt in der Österr. Kunsttopographie

von einer bemerkenswertenGruppe, die in einer kleinenGemeinde

zu denAusnahmeerscheinungen zählt und die Christusfigur in das

17. Jhdt. datiert. Die Ignatiusgrotte wird auch in der Datenbank

des Tiroler Kunstkatasters unter Thurn angeführt.

Schon im Jahr 2003 wurde zur Erhaltung dieser seltenen

Darstellung ein großer Schritt vollzogen. Damals war der

Zustand der Ignatiusfigur so schlecht, dass sie erneuert werden

musste. Es wurde auch eine Überdachung gebaut, um die

Figuren vor Regen und Schnee zu schützen und der Zugang mit

Steinstufen versehen. Nun hat in den letzten Jahren ein Nagetier

die kreuztragende Christusfigur stark beschädigt. Das Tier wurde

nie beobachtet und trotz dem Aufstellen verschiedener Fallen

wurden die Beschädigungen immer größer. Mehrere Methoden,

die Figur zu schützen nützten nichts, so war man gezwungen

zu handeln. Sollte man die seltene und einzige Darstellung in

Osttirol dem Verfall überlassen oder ist es die Aufgabe unserer

Generation diese zu erhalten?

Die Privatpersonen, die bisher die

Organisation der Erhaltung innehatten,

konnten das finanzielle Risiko nicht

mehr tragen. So hat sich der Verein

„s’Kammerland“–KulturinitiativeThurn

der Sache angenommen. Viele Arbeiten

werden auch in Zukunft ehrenamtlich

zu erledigen sein und man ist auf die

Hilfe von geschickten Nachbarn und

Fachleuten angewiesen.

ImOHNr. 7/2015schreibt FrauDr.Ursula

Marinelli, dass die alten Denkmäler

geradezu eine Existenzberechtigung

haben, weil:

„Sie gehören nicht uns,

sondern erstens unseren Vorfahren, die

sie gebaut haben, und zweitens unseren

Kammerlanderverein setzt sich für die

Erhaltung von altem Kulturgut ein!

Nachkommen. Denkmäler – einerseits ob es sich dabei um

Gebäude oder Kunstwerke handelt, dienen der Erinnerung, sie

sind Zeugnisse vergangener Zeiten und sollen auch zukünftigen

Generationen noch erhalten bleiben.“

Die meisten Wegkreuze und Bildstöcke wurden als

Erinnerungszeichen an bestimmte Ereignisse oder als Zeichen

der Andacht errichtet und wie auch in diesem Fall, liegt die

Herkunft im Verborgenen. Aufzeichnungen, Rechnungen oder

Urkunden gibt es nicht, Auftraggeber und Hersteller der Werke

sind unbekannt. Kunsthistoriker und Volkskundler machen gerne

einen Bogen um die Objekte. Im Falle der

Ignatius

-Darstellung

ist es ebenso. Die ältesten Gemeindebewohner sagen:

„Der

Ignatius war immer schon da.“

Bevor ein Schritt zur Erhaltung gesetzt werden konnte, sollte

der Besitzer und dessen Ansprüche festgestellt werden. Und da

beginnendieSchwierigkeiten. Prinzipiell ist derGrundeigentümer

der Besitzer. In diesem Falle hat er nichts gegen eine Renovierung

aber er will auch keine Verpflichtungen oder Einschränkungen

bei der Bewirtschaftung seines Waldes in Kauf nehmen.

Fachleute machten verschiedene Vorschläge über die möglichen

Renovierungsschritte, wobei auch die finanziellen Möglichkeiten

berücksichtigt werden mussten.

Sebastian Rainer

, ein Schnitzer aus Schlaiten, war schließlich

bereit, beide Figuren zu einem günstigen Preis zu renovieren.

Sein Geschick und Können lieferten schließlich ein sehr

zufriedenstellendes Ergebnis. Daher besteht nun die berechtigte

Hoffnung, dass dieses Ensemble auf längere Zeit für Spazier-

gänger aber auch für Verehrer des Hl. Ignatius sowie Kunst-

interessierte ein beliebter Anziehungspunkt in Thurn bleibt.

Der Verein hat die Erhaltungskosten von € 1.500,-- vorfinanziert.

Wir sind um jede, noch so kleine finanzielle Unterstützung

dankbar. Ein eventueller Überschuss wird für ähnliche Fälle

verwendet.

Otto Unterweger