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BLICK

Ein

Chronik

Mit ihren blauen Kleidern und den roten Kopftüchern hoben

sie sich von der einheimischen Bevölkerung deutlich ab.

Die Arbeit bestand vor allem im Sommer aus dem „Außen-

dienst“: Dazu gehörten Arbeiten auf dem Feld, Hilfe bei der

Kartoffelernte usw. und dem „Innendienst“, wie der Pflege

von Kleinkindern, Arbeiten im Haushalt, Wäschewaschen mit

Schwemmen am Bach u. a. Natürlich mussten viele Tätigkei-

ten erst gelernt werden. So soll eine Arbeitsmaid in einem

Bauernhof in Schlittenhaus die Stiege von unten nach oben

gekehrt haben. Im Laufe des Krieges ergaben sich für die

Arbeitsmaiden immer mehr Aufgaben, die eigentlich Männer

zu erledigen hatten, weil diese an der Front waren. Als am 5.

Jänner 1945 das Haus des Peter Gietl völlig nieder brannte

und am 5. Mai 1945 ein überhitzter Ofen die Baracke der

Arbeitsmaiden in der Aue ruinierte, mussten Arbeitsmaiden

bei den Löscharbeiten mithelfen, berichtet die Chronik der

Feuerwehr Sillian.

Das Maidenlager übte auch eine besondere Anziehungskraft

auf junge Sillianer aus. Man unterhielt sich bestens mit den

Mädchen und freute sich über gutes Essen. Schulkinder

vom Köckberg, die wegen der weiten Wege zu Mittag nicht

nach Hause gehen konnten, wurden häufig im Lager ver-

sorgt. „ Kaffee und Streuselkuchen“ schmeckten natürlich

besser als die gewohnten „Bricke mit Milch.“

Was die Arbeitsmaiden über ihr Leben im Lager Sillian dach-

ten, beschreibt nachfolgendes Gedicht, verfasst von einer

unbekannten Arbeitsmaid:

Die gebürtige Sillianerin Erna Unterwurzacher geb.

Schranzhofer, sie lebt heute in Prägraten, stellte diesen

Achtzeiler zur Verfügung. Sie arbeitete während der NS Zeit

im Postamt Sillian am Briefschalter. Postmeister war Josef

Müller. Illegal besuchte sie mit einigen anderen Jugendli-

chen die Gruppenstunden bei Kooperator Anton Draxl. Dazu

äußerte sich der Postmeister: „Statt mit Heil Hitler! wird

man wohl am Briefschalter mit Gelobt sei Jesus Christus!

grüßen.“

Bei Kriegsende in den ersten Maitagen 1945 wurden die

Baracken der Arbeitsmaiden regelrecht geplündert. Beson-

ders begehrt waren neben Dingen des täglichen Gebrauchs

Decken, aus denen geschickte Hände vor allem Winterbe-

kleidung nähten. In den Nachkriegsjahren entstanden auf

dem Grund des ehemaligen Maidenlagers Wohnhäuser, z.

B. das Haus Lukasser – Sint, das ehemalige Spargeschäft

Jesacher, Gasteiger u. a. In einer Baracke wurde der Kin-

dergarten eingerichtet, damals noch mit „Ausspeisung“;

Aus einer anderen entstand die

Badeanstalt Fuchs

.

Sicher ist sie vielen Sillianern in guter Erinnerung. Vor al-

lem an den Wochenenden herrschte hier Hochbetrieb. Weil

es damals in den Haushalten noch keine Bademöglichkei-

ten gab, nützten ziemlich einige Leute aus Sillian und der

näheren Umgebung das Angebot. Die Familie Fuchs, Oskar

und Hermine, erkannten die Notwendigkeit einer solchen

Einrichtung und schufen praktisch aus den Bädern der

Baracke eine Badegelegenheit für die Allgemeinheit. Der

Gewerbeschein für die Badeanstalt wurde am 12. 03. 1947

von der BH Lienz ausgestellt.

Das BAD FUCHS, damals noch Hausnummer 15, bestand

aus vier kleinen Badezimmern. Der vorhandene Sägemehl-

ofen diente zum Aufheizen des Wassers, wofür Herr Fuchs

-ursprünglich Zollbeamter- zuständig war.

Alter Kindergarten, ursprünglich Baracke

(Foto: Marktgemeinde Sillian)

Der Gewerbeschein für die Badeanstalt (Wannen- und Brausen-

bäder). (Foto: Sammlung Monika Fuchs)