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25

BLICK

Ein

Chronik

In der Sillianer Aue, dort, wo sich in den letzten Jahrzehnten

viele Sillianer ein Eigenheim geschaffen haben, stand vor

mehr als siebzig Jahren ein Barackenlager.

Ältere Sillianer können sich sicher noch daran erinnern. Laut

„Lienzer Zeitung“ vom 19. Oktober 1940 wurde das Lager,

bestehend aus mehreren Baracken, im Herbst fertig gestellt

und diente den sogenannten „Arbeitsmaiden“ als Unterkunft

während ihres Arbeitseinsatzes. Die Baracken standen auf

gemauertem Untergrund und waren aus Holz erbaut. Sie be-

fanden sich östlich des Hauses „Oberhammer - Lo Piccolo“.

In der größeren Baracke war die Küche untergebracht. Ne-

ben den Räumlichkeiten für die Lagerführerin, das Organi-

sationspersonal und den Schlaf- und Aufenthaltsräumen für

die Mädchen gab es auch Waschräume mit Brausen.

Wer waren die Arbeitsmaiden?

In Österreich wurde der R. A. D., also Reichs- Arbeits- Dienst,

für Mädchen und Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren im

Rahmen der nationalsozialistischen Beschäftigungspolitik

ab 1939 eingeführt. Aufgerufen waren vor allem Frauen, die

nicht voll berufstätig waren, in Ausbildung standen oder im

elterlichen Betrieb arbeiteten. Neben den jungen Menschen,

die vor allem aus Sachsen und Thüringen, so wie aus der

Steiermark und Unterkärnten nach Osttirol, nach Sillian ka-

men, mussten auch einheimische Mädchen Arbeitsdienste

leisten. Eine kleine Sächsin meinte beimAussteigen in Lienz:

„ In solche Gegend fährt man doch nur zur Sommerfrische

und wir werden ein halbes Jahr hier bleiben müssen“. Vielen

Arbeitsmaiden fiel die Umstellung schwer: Sie kamen vom

Flachland in eine enge Gebirgsgegend, konnten die Mund-

art nicht verstehen, waren mit einer anderen Lebensweise

und ungewohnten Arbeiten am Bauernhof konfrontiert. „Ich

hatte in den ersten Tagen schauerlich Heimweh. Wenn ich

allein war, rannte ich zum Fluss und heulte herzzerreißend“,

schrieb ein Mädchen in sein Tagebuch. Nach 14 Tagen

Grundausbildung wurden sie den jeweiligen Einsatzstellen,

bei uns vor allem den Bauern, für ein halbes Jahr zugewie-

sen.

Vom „Maidenlager“ zur Badeanstalt

Barackenlager der Arbeitsmaiden in Sillian 1943

(Foto: Sammlung Josef Rauter)

Franz Baldauf (*1898-

1980) bei der Kartoffelernte (mit drei

Arbeitsmaiden), Ende Juli 1943 im Paterngarten (heute Volks-

schule Sillian und Haus Hechenleitner).

(Foto: Hans Pusen, Salzburg)

v.li.

: Franz Baldauf mit Arbeitsmaid aus Sachsen rechts,1941

(Foto: Baldauf Franz)