Seite 18 - Gemeindezeitungen

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‘s Blatt‘l
Juni 2013
Chronik
Geschichte unserer Kirchenglocken
Im
Herbst 1949
war das Glocken-
komitee schon wieder unterwegs,
um Geld für die Neuanschaffung zu
sammeln und in anderen Kirchen im
Bezirk Glocken zu besichtigen. So
musste das Komitee in der östlichsten
Kirche Tirols gar zehn Schilling „fürs
Läuten“ zahlen. Verständlich, wenn
der Mesner erst irgendwo zu holen
war.
Pfarrer Josef Fink holt Angebote von
der Firma Pfundner in Wien ein. Auf
Grund der Erfahrungen aus dem Jah-
re 1922 wird auch angefragt, ob die
Firma bereit sei, die Qualität der Glo-
cken dem Urteil der Diözesankommis-
sion für Kirchenmusik zu unterwerfen.
Weiters ist auch die Frage wichtig, in
welcher Besatzungszone der Betrieb
in Wien liegt und ob es Schwierigkei-
ten bei der Lieferung gibt.
Es gab keine Probleme bei der Lie-
ferung. Auch hinsichtlich Qualität
entsprechen die neuen Glocken der
Firma Pfunder in jeder Hinsicht. Es ist
ein fünfstimmiges Geläut mit den Tö-
nen es/g/b/c/es (Salve-Regina-Motiv)
und damit ident mit den Glocken aus
dem Jahre 1926. Lediglich die Verzie-
rungen sind spärlicher ausgefallen.
Die Glocken wurden auf dem Ge-
meindehaus-Vorplatz zur Weihe auf-
gestellt. Für jede Glocke gab es eine
Glockenpatin oder einen Glocken-
paten. Es ist lediglich bekannt, dass
Frieda Pedarnig (verh. Vill) die Paten-
schaft für die 3. Glocke (Zwölferglo-
cke) und Alois Niedertscheider als
Heimkehrer für die
2. Glocke (Krieger-
glocke) übernom-
men hatten. Die
Kirchenbesucher
und Festgäste konnten auch eine Er-
innerungsmedaille erwerben. Nach
der Weihe wurden die Glocken unter
Aufsicht der Firma Pfundner aufge-
zogen und um 6 Uhr abends durften
die Schlaitner - nach über 8 Jahren
ohne vollständiges Geläut wieder den
Klang aller fünf Glocken hören.
Es war ein eher bescheidenes Fest.
Nur das Gemeinderatsprotokoll be-
richtet, dass die Gemeinde nach-
träglich die Kosten für Lieferung und
Einweihung der Glocken, sowie die
Jause und Vergütung für die Nußdor-
fer Musikkapelle übernimmt.
Es gibt kein einziges Foto von der
Glockenweihe im Juni 1950. Falls
tatsächlich jemand Fotos oder eine
Erinnerungsmedaille von diesem
Festtag daheim haben sollte, wären
wir dankbar, wenn wir sie für die Ge-
meinde- und Pfarrchronik leihweise
zum Einscannen oder Abfotografieren
bekommen könnten.
Beschreibung der 5 Glocken der Firma Pfundner
aus dem Jahre 1950:
1. Glocke
- Volksmund: „Große Glocke“ oder „Herz-
Jesu-Glocke“; Ton es, Durchmesser 128 cm, 1.298 kg;
3 Bilder: Herz-Jesu, Petrus und Paulus; Inschrift:
„O Bundesherr vom Land Tirol, /
In deines Herzens heiliger Hut /
Der Heimat weh der Heimat wohl /
Und unserer Zukunft Schicksal ruht.“
2. Glocke
- Volksmund: „Kriegerglocke“: Ton g,
Dm. 100 cm, 596 kg; 3 Bilder: Tiroler Adler;
sterbender Krieger unter dem Kreuz, dem ein Kamerad
betend beisteht; Hl. Sebastian; Inschrift:
„Sooft meine Töne vom Turme erschallen, /
Denkt betend an die, die für euch sind gefallen. /
Den Gefallenen beider Weltkriege gewidmet“.
3. Glocke
- Volksmund: „Zwölferglocke“, „Ave Glocke“,
oder „Engel des Herrn“; Ton b, Dm. 86 cm, 350 kg,
2 Bilder: Herz-Mariä; Verkündigung an Maria, Inschrift:
„Beim Morgen- und beim Abendstern /
Und in des Tages Mitte, /
Grüss ich die Mutter unseres Herrn /
Mit flehentlicher Bitte: /
Ave Maria!“.
4. Glocke
- Volksmund: „Jungfrauenglocke“ oder
„Meßglocke“; Ton c, Dm.75 cm, 248 kg;
1 Bild: Gekreuzigter; Inschrift:
„Gelobt sei Jesus Christus!“
5. Glocke
- Volksmund: „Sterbeglöckl“, „Josefsglocke“
Ton es, Dm. 64 cm, 170 kg; 1 Bild: Hl. Josef; Inschrift:
„St. Josef, leg‘ am Lebensende /
Unsere Seel‘ in Gottes Hände!“
Diese Glocke wird im Volksmund auch „Zügenglöckl“
genannt. Angeblich wurde die Glocke früher bereits ge-
läutet, wenn ein Sterbender in den letzten Zügen lag.
Daher auch die Bezeichnung „Zügenglöckl“.
Läuteordnung:
Das Betläuten erinnert die Gläubigen 3 x täglich – 6 Uhr,
12 Uhr und 18 Uhr - zum Angelus-Gebet. Werktags wird
mit der 3er, der „Engel des Herrn-Glocke“ geläutet. Sonn-
tags und an gewöhnlichen Feiertagen erinnert die Krie-
gerglocke zum Angelus-Gebet und an hohen Feiertagen
übernimmt die größte Glocke, die Herz-Jesu-Glocke das
Betläuten. Am Abend vor einem Sonntag oder hohen
Festtag erklingt beim Betläuten die gleiche Glocke wie
am darauf folgenden Tag. Am Abend erklingt nach dem
Betläuten noch die Sterbeglocke.
Wenn Freitags um 15.00 Uhr die große Glocke erklingt,
werden wir an das Leiden und Sterben Jesu erinnert.
Nach Eintreffen der Todesnachricht wird die Sterbeglo-
cke geläutet. Tritt der Todesfall nach 18.00 Uhr ein, wird
erst am nächsten Tag nach dem Betläuten zu Mittag die
Sterbeglocke geläutet.
Wenn das Begräbnis am Vormittag stattfindet, wird am
Vortag zu Mittag um 12.00 Uhr Schiedum geläutet. Ist
das Begräbnis am Nachmittag, erfolgt das „Schiedumläu-
ten“ am Tag der Beerdigung zu Mittag nach dem Betläu-
ten. Geläutet wird grundsätzlich mit allen fünf Glocken. In
einigen Pfarreien war die große Glocke nur den größeren
Bauern vorbehalten, bzw. war dafür eigens zu zahlen.
Durch das An- bzw. Ausläuten ist weiters erkennbar, ob
eine Jungfrau, ein Krieger oder einfach ein Mann oder
eine Frau verstorben ist. Beim Ableben einer Jungfrau
wird mit der Jungfrauenglocke 5 Schläge vorausgeläutet.
Auch beim Ausläuten klingt diese Glocke um 5 Schläge
nach. Ist ein Kriegsteilnehmer verstorben, wird mit der
Kriegerglocke (2er) an- und ausgeläutet. Bei Männer und
Frauen erfolgt das An- und Ausläuten mit der „Engel des
Herrn-Glocke“, der 3er.