Seite 65 - Gemeindezeitungen

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FODN - 54/02/2013
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Menschen
... ich verwende gerne den Begriff „Therapiezentrum ohne
ausgebildetes Personal“, wo sich Leute zurückziehen können,
das macht nachhaltig schon Sinn. ...
Ulrich beim Melken
Die Gemeinschaftsalm im Dorfertal
auch gesagt, ich vertraue euch und habe
auch augenzwinkernd gesagt, wenn ihr
meine Firma verkaufen wollt, ok - aber
nicht zu billig.
Für mich war natürlich die Antwort
von Günther „… dann musst du kom-
men ...“ ein bisschen vage, ich hatte ja
nichts in der Hand. Ich hatte weder eine
Adresse, ich hatte auch keine Bestäti-
gung, dass ich kommen kann, ich hatte
nur den Namen Kals am Großglockner
- Dorfertal. Ich gucke ins Internet, schö-
ne Bilder, schöne Gegend, traumhaft –
passt schon!
Auf der Alm
Und so bin ich am 22. Juli sehr ge-
spannt und aufgeregt in Kals angekom-
men und habe dann voller Erwartung
unten beim Taurer gewartet bis man
mich abholt. Ich bin dann mit wachsen-
der Begeisterung durch die Dabaklamm
auf die 1.755 m Seehöhe hier ins Dorfer-
tal hochgefahren und war schon tief be-
eindruckt von der Landschaft, von den
Bergen, von der Klamm, von dem Tal
selbst - links und rechts eingebettet in
den Bergen und dazu ein traumhaftes
Wetter. Die Begrüßung war direkt beim
Ankommen schon unglaublich herzlich;
ich fand auch das sehr beeindruckend,
denn das ist ja nicht immer selbstver-
ständlich.
Was ich dann vorgefunden habe war
eine große Alm mit 53 Kühen, einen
relativ modernen Melkstand und den
Senner Günther - sehr kernig, nicht
stillschweigend. Er ist ein redegewand-
ter, weltgereister Mann, hat auch schon
viele Sachen gemacht und es ist schon
hyperinteressant sich mit ihm zu unter-
halten.
In den vergangenen 4 Wochen bin ich
des Öfteren gefragt worden, was machst
du eigentlich hier. Ein Unternehmer aus
Norddeutschland, der für 4 Wochen
sagt, ich habe in dieser Zeit keine Fa-
milie, keine Firma, kein Garnichts und
mache nichts außer Almarbeit.
Meine Gedanken
Man muss da schon einmal selber mit
sich umgehen lernen, erst mal runter-
kommen, entschleunigen, den Kopf frei
kriegen. Wo kann man das besser ma-
chen, als so dicht am Himmel, dass man
dann auch in der Stille und in Ruhe über
sich nachdenkt und sich die Frage stellt:
„Muss man immer funktionieren, war-
um funktioniert man immer, muss man
immer überall hinterher rennen, ist das
Druck von außen und ist es am Ende das
eigene Ich, das man nochmal sucht, oder
wieder sucht oder wieder hervorholt?“
Und da bin der Lösung einen Riesen-
schritt nähergekommen und … man
muss nicht funktionieren, man kann
funktionieren wenn man will, aber das
Wesentliche ist, man muss zu sich selber
finden. Zu sich selber finden ist schon
ein Stück weit schwieriger, weil man in
den letzten 25 Jahre nur funktioniert,
nur gemacht hat und immer hinterher
gerannt ist. Und das kann ich jetzt mit
Fug und Recht sagen, dass ich das gar
nicht mehr kann und gar nicht mehr will.
Mein Arbeitstag
Mein Arbeitstag beginnt um 4.00 in
der Früh, auch Samstags und Sonntags.
Um 5.00 ist Melkbeginn und dann rein
in den Melkstand, die Arbeit dann bis
7.30 – 8.30 Uhr fertig machen und an-
schließend so mal entspannt den Tag
genießen. Ich habe auch hervorragende
Touren gemacht, wir sind über 3.000
Meter hoch geklettert, haben uns am
Gletschersee erholt und sind diese wun-
derschönen Wanderwege gegangen.
Begeistert hat mich auch, dass ich