Seite 27 - Gemeindezeitungen

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FODN - 54/02/2013
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GESCHICHTE & KULTUR
Die Chronik umfasst 1800 Seiten, ist in drei Bände gegliedert und hat 10 Abschnitte. Bis zum
Jahr 2012 reicht die umfassende Arbeit und ist somit top aktuell. Sie kann im Gemeindeamt
eingesehen und in der Kalser Bücherei entlehnt werden.
Wie gesagt, Grundlage war die Kurztha-
ler Chronik. Die Zeit vom 12. bis Ende
des 18. Jahrhunderts hat Frau Mag.
Leimser in “Geschichte von Kals durch
die Jahrhunderte” gut dokumentiert.
Was alles ich gelesen und worin ich ge-
blättert habe, habe ich im Quellen- und
Literaturverzeichnis im dritten Chro-
nikband festgehalten. Sehr hilfreich
waren auch Berichte vom Bergerbauer
Johann Gratz und „Eiden Ruep“, der
für die Pfarrchronik bis etwa 1975 er-
gänzt hat. Nicht zu vergessen ist Lehrer
Obbrugger, der in Oberpeischlach und
Anfang der 1930er-Jahre in Kals Lehrer
war. Sein Sohn Thaddäus, er ist auch
Chronist, hat mir ein Heft mit vielen
Zeitungsartikeln aus dieser Zeit gege-
ben.
Waren auch Geschichten darun-
ter die dich persönlich betroffen
gemacht haben, wo du dachtest,
dass hätte anders gehen können,
oder die dich berührt haben?
Ja, eher war es manchmal die Frage,
wenn die Sachen anders gelaufen wä-
ren, wie würde es heute ausschauen in
Kals, aber die Alternative kann man
ja nicht sehen. Es bleibt nur das übrig,
was real ist. Die Jahrhunderte herauf bis
etwa 1900 hat sich die Lebensweise in
Kals kaum verändert, im 20. Jahrhun-
dert begann ein Wandel und seit den
1950/1960er-Jahren hat sich sehr viel
getan.
Wie schaut praktisch so eine
Chronikarbeit aus, hast du vor-
her recherchiert und dann ge-
schrieben, oder wie muss man
sich das vorstellen?
Ich habe Artikel gesammelt, mit Leuten
geredet. Ich habe die gesamten Gemein-
deratsprotokolle von 1920 – 2000 gele-
sen und herausgeschrieben. Ich denke
ich sollte sie wieder einmal lesen, da ich
jetzt die Zusammenhänge besser kenne
und nun mehr herauslesen könnte. Habe
ich Leute befragt, habe ich das Hand-
schriftliche möglichst schnell nieder-
geschrieben, solange es noch frisch im
Kopf war. Dann geht das recht gut.
Alte Niederschriften, Briefe, Dokumen-
te zu lesen, dafür muss einem die Kur-
rentschrift geläufig sein, wobei es immer
schwierig ist, sich in die verschiedenen
Handschriften einzulesen. Eine andere
Sache ist es mit Dokumenten aus dem
Mittelalter oder bis herauf ins 18. Jahr-
hundert. Dazu gibt es in nächster Zeit
Schulungen für die Chronisten, die ich
auch wieder besuchen werde, das sind
dann gute Hilfen.
Waren die alten Urkunden und
Verträge klar formuliert und ge-
schrieben, z. B. Verträge über
Alm- und Weiderechte?
Da gibt es im Archiv der Gemeinde
recht gute Unterlagen über Almrechte,
sie sind recht gut beschrieben und sind
auch Unterlagen darüber, wie streitbar
es manchmal zuging usw.
Wenn jemand alte Unterlagen
hat, sind die Unterlagen für die
Chronik wertvoll? Gibt es da eine
Anlaufstelle, sollte man die sam-
meln?
Bei diversen Umbauten von Häusern
sind Unterlagen verschwunden, z. B.
wenn Dachböden ausgebaut wurden.
Besonders interessant für mich war ein
Karton voll Schriften und Schreiben
vom Tinken Peter. Sein Großvater Jo-
hann Bacher war im Ersten Weltkrieg
Bürgermeister und Gemeindeamt gab
es noch keines, so blieben Unterlagen
im Haus. Mein Wunsch wäre, dass man
im Laufe des Herbst sich mit Leuten
trifft, die schon etwas in der Chronik
gelesen haben oder die noch Unterlagen
haben. Man könnte zu einem Hoagascht
zusammensitzen, und was dabei heraus-
kommt, sollte noch ergänzt werden. Die
Leute könnten sagen, da fehlt was, das
war anders, da bist du „falsch drinnen“.
Unterscheidet sich der Kalser
aus dem 16. Jhdt. zum heutigen?
Oder auch von der Art her, sieht
man da einen gewissen Men-
schenschlag?
Das wäre natürlich eine interessante
Begegnung mit denen (lacht) aber ja –
die Kalser sind sicher ein eigener Men-
schenschlag. Von Süden – von Huben,
ist man nur schwer hereingekommen,
Leute sind eher über den Kalser Tauern
her gekommen oder in die Fremde gezo-
gen. Durch die Abgeschiedenheit haben
sich die Menschen eigens entwickelt.
Bis der Tourismus gekommen ist, war
die Kalser Bevölkerung sehr abgeschie-
den. Nicht umsonst erzählt man sich,
wie ein Kalser zu Fuß beim Tal hinaus
gegangen ist, dann kam er nach Ober-
peischlach, hat in das Tal geschaut und
hat umgedreht, daheim hat er erzählt:
„Jetzt hab ich eine Vorstellung von der
Welt!“ Das sagt doch viel über die da-
maligen Verhältnisse.
Und wegen dem Gründungsda-
tum der Kalser Musik – bist du
fündig geworden?
Nein leider nicht, aber es gibt im Wi-
dum noch so viele Bücher, in die ich
mich noch hineinlesen möchte, jedoch
alles eine Frage der Zeit.
Gab es Kalser Persönlichkeiten,
die dich besonders berührt ha-
ben?
Ja sehr, z. B. Oberlohr Simon, dass der
seinerzeit ein sehr interessierter Schü-