Seite 22 - Gemeindezeitungen

Basic HTML-Version

22
FODN - 56/01/2014
Quelle: Bernd Lenzer,
Osttiroler Bote
V
on Kindheit an wollte Leticia Pall-
huber Krankenschwester werden.
Ihre Mutter war jedoch strikt dage-
gen und beharrte darauf, dass die Toch-
ter den Beruf der Köchin erlernen sollte.
"Sie war der Meinung, dass man im auf-
strebenden Tourismus bessere Chancen
auf ein gutes Leben hat", erzählt die
heutige Ordensfrau.
Der Entschluss in ein Kloster zu ge-
hen, stieß bei Leticias Mutter ebenfalls
auf wenig Gegenliebe. Obwohl sehr
gläubig, wies sie die Tochter erneut in
die Schranken: "Heiraten ist ein Sak-
rament, Kind, ein Kloster dagegen gar
nichts."
Dem Wunsch ihrer Mutter nach-
kommend, kochte sie ein Jahr lang im
Missionshaus in Absam. In ihr loderte
jedoch immer noch der Wunsch Kran-
kenschwester zu werden. Als sie mit 21
Jahren wieder zu Hause war, konnte sie
nicht mehr anders. Auch ohne den Se-
gen der Mutter war Leticia entschlossen
zu gehen. Sie versteckte auf dem Klo
einen gepackten Koffer und sagte zu
ihrer Mutter, dass sie nach Lienz zum
Zahnarzt ginge. "In Wirklichkeit fuhr
ich nach Wien in ein Kloster", lacht
Schwester Leticia. Der Abschied fiel
ihr trotzdem sehr schwer. "Ich wusste
schon damals, dass mein Weg weit weg
führen würde. Bei meiner Abreise lag in
Kals sehr viel Schnee, und beim Gedan-
ken daran, dass ich meine Familie und
meine Heimatgemeinde nie mehr oder
nur noch sehr selten sehen werde, stieg
Wehmut in mir auf."
Bestätigt wurde dieser Abschieds-
schmerz, als sie bereits nach fünf Tagen
in Wien merkte, dass dies nicht ihre
Welt war. Also ging sie nach Hall zu den
Terziar-Schwestern. Dort fand sie ihre
neue Heimat und verpflichtete sich zum
Missionsdienst. Sechs Jahre später war
es soweit. Schwester Leticia wurde nach
Bolivien beordert, wo sie einen einjäh-
rigen Krankenpflegekurs belegte. Auf
ihren ausdrücklichen Wunsch hin kam
sie jedoch wieder nach Innsbruck, um
dort ihr Diplom als Krankenschwester
zu machen. "Ein Jahr Praxis wurde mir
angerechnet", erzählt Pallhuber. Nach
zwei Jahren hielt sie ihr lang ersehntes
Diplom in Händen.
Auf Wunsch ihres Ordens reiste sie
nach Genua und setzte von dort in ei-
ner einmonatigen Schiffsüberfahrt nach
Bolivien über. Wie schon beim ersten
Aufenthalt wurde sie von der drücken-
den Hitze förmlich erschlagen. "Die
Regenzeit dauert in Bolivien von Ende
Oktober bis Feber. Das ist eine ext-
Gegen den Willen der Mutter schlich sich Leticia Pallhuber
aus dem Haus um Krankenschwester zu werden. Ihre Reise
führte zu den Terziar-Schwestern nach Hall. Sechs Jahre spä-
ter betrat sie den Boden eines Landes, in dem es Palmenwäl-
der gibt und Riesenschlangen verpeist werden.
Schwester Letitia Pallhuber
Von Kals ins Land
der Anacondas
Leticia Pallhuber erzählte ihrer Mutter,
sie ginge zum Zahnarzt nach Lienz.
Gelandet ist sie im Dschungel von
Bolivien.
1971: Pfarrer Furtschegger - feierliche
Übergabe eines Geländewagens an
Schwester Letitia für die Missionsarbeit in Bolivien
MENSCHEN IN KALS