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INNOVATIV

PUSTERTALER VOLLTREFFER

APRIL/MAI 2019

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Claudia Bergero aus Assling (l.) griff die alte Tradition des „Koipechs“ mit Kollegin Sandra Falk-

ner aus Orth a. d. Donau (NÖ) auf und entwickelte den Alpengummi.

bis drei Mal die Woche. „Wir

sind aber auf der Suche nach

einer fixen Produktionsstätte.“

Die beiden Frauen präsentierten

ihren Alpengummi am 16. April

in der Sendung „2Minuten2Mil-

lionen“ auf Puls 4. Mutter

Christa, natürlich auch Vater

Karl Czopak (63), fiebern be-

sonders mit. „In der Show be-

kamen wir ein Angebot von

Herrn

Haselsteiner

über

150.000 € für 25,1 %. Das hat

uns einerseits geehrt, anderer-

seits unsere Firmenbewertung –

wie es in der Show üblich ist –

stark herabgesetzt. Außerdem

waren uns die Anteile, die er

wollte, zu viel.“ Man wisse,

dass es den Investoren, v. a.

Haselsteiner wichtig ist, ein

Mitspracherecht zu haben, also

eben diese 25,1 %. „Das wollten

wir an dieser Stelle nicht herge-

ben. Wenn wir jemandem in

einer so frühen Phase schon so

viel Prozente geben, wollen wir,

dass es der bestmögliche Inves-

tor ist bzw. einer der voll zu uns

passt und uns auch strategisch,

vor allem mit Erfahrungen aus

der Lebensmittelbranche unter-

stützen kann.“

Ihre Tochter fertigt mit Sandra

den Alpengummi allerdings

nicht aus dem Pech der Fichten,

sondern aus jenem der Schwarz-

kiefer (auch Schwarzföhre ge-

nannt), das in Niederösterreich

gewonnen wird. „Dort war die

,Pecherei‘ einst ein wichtiger

Gewerbezweig. Früher konnten

7.000 Familien im Triesting-

und Piestingtal von dem alten

Handwerk leben. Heute gibt es

dort leider nur mehr eine Hand-

voll professioneller ,Pecher‘.“

Denn die Harze wurden nach

und nach durch billigere Erdöl-

importe ersetzt. Das dortige Tra-

ditionshandwerk wurde sogar

zum UNESCO-Weltkulturerbe

erklärt“, erzählt Claudia.

Anritzen statt anbohren

„Die Schwarzkiefern werden

für die Pechgewinnung lediglich

angeritzt und nicht wie bei der

Gewinnung von Lärchenpech

angebohrt. Somit ist Schwarz-

kiefernpech um einiges günsti-

ger als Lärchenpech“, so Clau-

dia. Der natürliche Kaugummi

besteht neben Baumharz aber

auch aus Bienenwachs, das für

die angenehme Kaumasse sorgt.

Neben natürlichen Aromen für

den Waldminz- und Erdbeerge-

schmack wird Birkenzucker

(Xylit) verwendet, damit er

nicht nur gut schmeckt, sondern

auch gut für die Zähne ist. „Die

Kaumasse konventioneller Kau-

gummis wird zum Großteil aus

Erdölprodukten hergestellt und

beinhaltet potenziell gesund-

heitsschädliche Zusatzstoffe

wie Aspartam, Titandioxid und

Butylhydroxyanisol (BHA).“

Die künstlichen Polymere auf

Erdölbasis sind u. a. der Grund

dafür, dass sich ausgespuckte

Kaugummis auf ewig in den

Asphalt einbrennen. „Oder, dass

man damit Blasen machen

kann. Mit den Alpengummis

kann man halt keine Blasen ma-

chen“, erklärt Claudia.

Familie

Die Idee für den Alpen-

gummi entstand während einer

Lehrveranstaltung. „Anfangs

ging es bei der Idee nur um

eine Innovation im Forstsektor,

die aber mit jedem Stück Infor-

mation, die Sandra und ich

sammelten, aufregender wurde

und uns motivierte weiterzu-

machen. Wir wollen zudem Teil

einer neuen Generation sein,

die diese gesellschaftlichen und

ökologischen Probleme, die

wir heutzutage haben und an-

gesichts des Klimawandels

noch erleben werden, erkennt

und in Angriff nimmt“, betont

Claudia, die auch noch zwei

Geschwister hat: Karoline (32),

die Wirtschaft studierte und in

Mexiko bei Salzburg Alumi-

nium arbeitet, und Ulrich (30),

der als Quantenphysiker in

Innsbruck tätig ist. Claudia ist

verheiratet – mit Nico aus Ar-

gentinien. „Wir lernten uns in

Peru kennen und heirateten in

Kopenhagen.“ Martina Holzer

REWE erfolgte bereits. „5.000

Packungen mit je zehn Stück“,

erzählt Claudia stolz. Das heißt:

Seit 17. April gibt es die Alpen-

gummis österreichweit auch in

allen Merkur- und ausgewählten

Billa-Märkten. Mittlerweile ge-

wann das Duo – unterstützt von

Sarah Hengstberger (in wirt-

schaftlicher und rechtlicher Hin-

sicht) und Lebensmitteltechno-

loge Richard Haubenberger –

zudem mehrere Preise, u. a. den

Biodiversitäts-Ideenwettbewerb

„innovate4nature“, der von

WWF, Spar sowie Impact Hub

Vienna initiiert wurde. Auch gab

es einige Förderungen (u. a. vom

AWS) in der Höhe von mehr als

30.000 €. „Von den Preis- und

Fördergeldern können wir uns

endlich die ersten Maschinen für

die Produktion kaufen.“

Noch in Handarbeit

Denn bislang stellen Claudia

und ihre Kollegin den Alpen-

gummi noch händisch her – in

einer im 6. Wiener Gemeindebe-

zirk angemieteten Küche – zwei

mi“ zurück zur Tradition

In der Puls4-Sendung „2Minten2Millionen“.