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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
16. MAI 2016
CHRONIK
UNSERE
G
ESCHICHTE
Selbsterfahrung ist „Verstecktes Lernen“
Daniela und Dietmar Schwaiger,
Stall:
Achtung vor der Natur, vor den Tieren und Pflanzen: Für Daniela und Dietmar Schwaiger aus der kleinen Ortschaft Schwersberg, Ge-
meinde Stall, ist das selbstverständlich. Mit der „Natur- und Wildnisschule Wildegg“ zeigen sie Kindern und Jugendlichen, was man
alles von der Natur lernen kann.
Naturverbunden waren die bei-
den eigentlich schon immer,
aber vor acht Jahren, als sie ge-
meinsam die Jagdprüfung mach-
ten, hat es dann richtig „klick“
gemacht. Sie erkannten, wie
spannend es ist, mit und von der
Natur zu leben. Zahlreiche Tiere,
darunter auch Lamas, tummeln
sich auf dem Hof, es wird eige-
nes Getreide angebaut, in der
Wollstube wird gefilzt, in der
Kräuterstube Salben, Tees und
Naturkosmetik hergestellt. In
der „Wildnisschule der Alpen“ in
Tirol machten Dietmar gemein-
sam mit dem 18-jährigen Sohn
Philip die Ausbildung zum Natur-
und Wildnistrainer, seit 2013 ist
er auch Waldpädagoge. „Unsere
Ausbildner haben zehn Jahre
lang in Amerika gelebt und wur-
den von der Urbevölkerung un-
terrichtet“, erzählt der 43-Jäh-
rige. Dabei gab es viel Span-
nendes zu erfahren, was nun an
die Kids weiter gegeben wird.
„Vieles davon haben wir ja schon
als Kinder gemacht. Auch ich
war damals mit anderen so viel
wie möglich im Freien, die Natur
war ein großer Spielplatz für
uns. Aber in der heutigen Zeit ist
oft zu beobachten, dass Eltern -
vielleicht aus Sorge – ihre Kinder
nicht mehr diese eigenen Aben-
teuer erleben lassen. Es wird da-
mit den Kindern aber viel ge-
nommen“, erklärt der vierfache
Familienvater.
Waldläufer & Co
Samstags trifft sich die Waldläu-
ferbande, Kinder im Alter zwi-
schen 7 und 15 Jahren. Sie lernen
Spuren lesen, handwerkliches wie
Schüsseln brennen oder mit Leder
arbeiten, Feuer machen ohne
Hilfsmittel oder haben ganz ein-
fach Spaß mit Dietmar und Philip
beim Spielen in der Natur. Einen
großen Schritt weiter geht es
beim Falkencamp (7 bis 13 Jahre)
und beim Eichelhähercamp (9 bis
15 Jahre) in den Sommerferien.
Da verbringen jeweils bis zu 25
Kids mit 8 bis 10 Betreuern eine
ganze Woche im Freien. Mit india-
nischen Spielen, Schutzhütten-
und Bogenbau, gemeinsamem
Kochen, Schnitzen, Basteln mit
allem, was die Natur hergibt, Ge-
schichten erzählen am Lagerfeuer
und Schlafen im Zelt oder unter
freiem Himmel. „Da überwiegt
der Abenteuergeist“, erzählt der
Wildnistrainer, der immer wieder
überrascht ist, wie viel Spaß die
Kinder und Jugendlichen dabei
haben. Und wie viel sie lernen.
Das beginnt schon mit dem Zelt-
Aufbau. „Da helfen die Kinder sich
sehr schnell gegenseitig. Es wird
ihnen auch nichts aufgezwungen.
Gemeinsam wird entschieden,
was im Lauf des Tages unternom-
men wird. Auch die Zubereitung
des Essens ist für viele eine neue
Erfahrung. Sie sehen, dass es
auch ohne Technik - ohne Elektro-
herd oder Geschirrspüler - geht.
In einer Hütte wird gemeinsam
gekocht, zum Einsatz kommt le-
diglich ein Gaskocher. Der nahe
gelegene Bach lädt zum Abkühlen
ein – da kommt auch das Wasser
zum Geschirr abwaschen her“.
Handylose Zeit
Es entwickle sich schnell eine
Gruppendynamik, erklärt Schwai-
ger, und es werde sehr viel gere-
det. Spannend sei auch die Zeit
am Abend, wenn alle um das La-
gerfeuer sitzen und Geschichten
die Runde machen. „Auf vieles
müssen sie aber auch selber
drauf kommen. Etwa wenn ein
bestimmter Vogel auftaucht und
sie wissen wollen, welcher das
sei. Das wird nicht verraten, das
müssen sie selber in Erfahrung
bringen. Dazu gibt es viele Na-
turführer, in denen sie nach-
schlagen können. Auch das ist
eine spannende Angelegenheit“,
sagt der Waldpädagoge. Über-
rascht ist Daniela Schwaiger
auch davon, dass die Kids in die-
ser Zeit problemlos auf ihre
„technische Nabelschnur“ ver-
zichten. „Die Handys werden zu
Beginn abgesammelt, die Eltern
können sich jederzeit bei uns
(Tel. 0699/11041977 oder E-
Mail:
nws.wildegg@gmail.com)
melden. Es haben sich schon be-
sorgte Mütter bei uns erkundigt,
ob alles in Ordnung sei, weil sie
von ihrem Kind tagelang nichts
gehört haben. Doch die Kinder
denken meist gar nicht daran,
ihre Eltern anzurufen. Denn sie
sind damit beschäftigt, ganz
neue Erfahrungen zu machen!“
Und gerade diese Erfahrungen
sind es, die das Ehepaar sowohl
ihre eigenen vier Kinder (zwi-
schen 20 Jahren und vier Mona-
ten) als auch fremde Kinder
gerne erleben lassen.