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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
2. MAI 2016
CHRONIK
MEINE
G
ESCHICHTE
Das Schicksal hat sich wiederholt
Franz-Josef Obersteiner,
Rangersdorf:
Ausgerechnet an seinem 24. Geburtstag änderte sich das Leben des jungen Rangersdorfers schlagartig. Sein 53-jähriger Vater kam
von einer Bergtour nicht mehr lebend zurück, und für Franz-Josef Obersteiner kam zur Trauer um den Vater noch die Entscheidung
dazu, ob er den elterlichen Betrieb weiterführen solle.
Eigentlich war seine Lebenspla-
nung eine andere gewesen. „Ich
war nicht davon überzeugt, dass
ich jemals das Hotel überneh-
men würde. Ich habe von klein
auf erlebt, wie schwer es in die-
ser Branche sein kann“, erzählt
er. Zwar besuchte er die Hotel-
fachschule, arbeitete in der
Sommersaison im elterlichen
Betrieb und sammelte im Winter
Erfahrung in renommierten
Hotels in der Küche, auch im
5-Stern- und im Haubenbereich.
„Es macht mir einfach Freude,
aus erstklassigen Zutaten etwas
zu kochen und dem Gast damit
etwas Gutes zu geben“, sagt er.
Aber sein Leben in der länd-
lichen Region des Oberen Möll-
tals zu verbringen, konnte er sich
nicht so recht vorstellen. Und
dann kam der Tag, an dem sich
alles
änderte.
Franz-Josef
machte gerade mit seiner Freun-
din Maria ein paar Tage Urlaub
und feierte seinen Geburtstag,
als er den Anruf erhielt: „Papa
ist nicht heimgekommen“. Die
beiden fuhren nach Hause und
mussten beobachten, wie mit
Hubschraubern nach dem Ver-
missten gesucht wurde. Dann
kam die traurige Gewissheit. Und
nach der ersten Schockstarre kam
zur Trauer auch noch die Frage:
„Wie geht es jetzt weiter?“ Diese
Frage war auch seinem Vater im
ungefähr gleichen Alter nicht er-
spart geblieben. Denn dieser
musste damals mit 25 Jahren den
familieneigenen Gasthof über-
nehmen, nachdem sein eigener
Vater mit 52 Jahren an einem
Herzinfarkt starb. „Er hatte mit
Mama eine starke Frau an seiner
Seite und schaffte es, aus prak-
tisch Nichts was zu machen“, er-
zählt Franz-Josef, und da kommt
der Stolz auf den elterlichen
„Mölltalerhof“ so richtig zum Vor-
schein. Und auch hier wiederholt
sich die Geschichte, denn er kann
auf die Unterstützung durch seine
Freundin Maria zählen. „Mit ihrer
Stärke und ihrer positiven Energie
schaffe ich – oder besser gesagt,
schaffen wir – das“, ist er jetzt
überzeugt. Und mit der Hilfe sei-
ner Familie, seiner Schwester, sei-
ner Mutter, seiner Oma und Anita.
„Papa hat den Betrieb zu dem ge-
macht, was er heute ist. Schon
allein für ihn muss ich es probie-
ren“, sagt er. Er will aber auch
seinen eigenen Weg gehen, seine
Ideen und seine Kreativität ein-
bringen.
Eigene Wege
War es das Altertümliche, was sei-
nen Vater fasziniert hat – wovon
im Haus die vielen historischen
Trachten bis hin zum Heiligenblu-
ter Hochzeitszug und das Muse-
um „Zeitfabrik“ zeugen – so will
Franz-Josef in erster Linie auf Na-
tur, Gesundheit und Regionalität
setzen. „Das kleine Feine –
s´Gschäftl“ ist gerade im Entste-
hen, ein kleiner Verkaufsladen, in
dem besondere Spezialitäten zu
erwerben sein werden, sowohl für
Gäste als auch für Einheimische.
Das beginnt etwa bei selbst her-
gestellten Kräutersalzen und
-ölen, Honig, selbst gemachte
Marmeladen, Speck, Würste,
Käse und Eier – natürlich aus der
Umgebung – und, wenn alles
klappt, Milch und Bauernbrot.
„Diese Produkte findet der Gast
dann auch auf dem Frühstücks-
buffet oder beim Abendessen,
und wenn sie ihm schmecken,
kann er sie als Souvenir mit nach
Hause nehmen“, sagt er. Wor-
über er sich ärgern kann? Über
die Steine, die einem von vielen
Seiten in den Weg gelegt wer-
den. Und auch über die Fast
Food-Ketten. „Wenn ich einen
Wunsch frei hätte, würde ich
diejenigen, die für so manche
praxisferne Verordnungen zu-
ständig sind, eine Woche lang
bei mir arbeiten lassen“, erklärt
er, denn „dann würden sie ein-
mal sehen, mit welchen Schwie-
rigkeiten zu kämpfen ist!“ Denn
zu kämpfen hat er in
der Randregion ohne-
hin. Die 32 Zimmer
müssen gefüllt wer-
den, in einem Ort, der
nichts zu bieten hat,
außer einer ruhigen
Umgebung.
„Einen
Gast so zu behandeln,
dass er gerne wieder-
kommt, ist einfach.
Schwieriger ist es, ihn
in Zeiten von Billigflü-
gen überhaupt hier-
her zu bekommen.“
Gerade in der Winter-
saison. Aber er ist
jetzt bereit, für ihn
und die Familie zu
kämpfen. „Es wird ein
schwerer Weg, es
wird
nichts
ge-
schenkt. Aber ich bin
bereit, ihn zu gehen.
So wie Papa damals!“