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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
63. Jahrgang — Nummer 10/11
wo das Erz aus den Gruben des Defe-
reggentales – und hier vor allem aus jenen
des St. Jakober Gebietes – verhüttet wor-
den war. Auf dem ältesten uns zur Verfü-
gung stehenden Kartenwerk, es stammt
aus dem Jahre 1611, sind zwar keine
Straßenzüge verzeichnet (die topographi-
sche Genauigkeit läßt ebenfalls zu wün-
schen übrig), doch scheint von St. Jakob
aus ein „Gangsteig gen Prauneggen“
(= Bruneck) auf, der zum Obersee, also
zum Staller Sattel führt und wohl dem
alten Weg dahin entspricht, der heute als
Wanderweg genützt wird. In der Richtung
des Klammljochs ist zwar die „Jagdhaus-
Alm“ verzeichnet, darüber hinaus fehlen
aber jedwede Angaben.
Auf dem Kartenwerk von Peter Anich
und Blasius Hueber ist die Straße von
Huben bis St. Jakob – St. Maria (Maria-
hilf) bereits eingezeichnet. Von dort aber
lediglich ein Steig, der zu den Orten des
Gsiesertales führt, diese verbindet und in
Welsberg die Pustertaler Straße erreicht.
Eine Fahrstraße dürfte es ebenfalls nicht
gewesen sein. Es ist demnach der Schluß
zulässig, daß in historisch faßbaren Zeiten
die Zufahrt in das Defereggental stets in
Huben den Anfang nahm und wie schon
erwähnt in groben Zügen dem heutigen
Verlauf entsprach.
Die Trassenführung von Huben her war
im ersten Stück zu allen Zeiten gelän-
debedingt dieselbe wie auch heute. Hier
irren G. Stemberger und H. Ladstätter,
wenn sie meinen, die Straße sei bis 1885
vom Iseltal her schattseitig verlaufen
2
. Der
entsprechende Zeitrahmen deckt sich
vielmehr mit der Verlegung der Trasse im
sonnseitigen Klammbereich, über welche
noch zu sprechen sein wird.
Es erübrigt sich zu betonen, daß die
Breite der früheren Fahrbahn nur einen
Bruchteil der heutigen ausmachte und daß
ihre Qualität, nach heutigen Begriffen, der
eines mittelmäßigen Karrenweges ent-
sprach. Die Defereggenstraße galt, wie G.
Stemberger betont, auch in jenen Zeiten,
da man hinsichtlich der Fahrverhältnisse
keineswegs verwöhnt war, als auffallend
schlecht
3
. Der mit der heutigen Trasse
identische Verlauf bestand allerdings nur
ein kurzes Stück. Im Bereich der Klamm
zeigen nämlich alle Karten bis zum Jahre
1866 die Straße relativ weit hangwärts
vom Flußverlauf. Erst auf jener von 1894
ist sie näher an ihn herangerückt. Interes-
santerweise existiert dieser hangwärts ge-
führte Straßenzug, der wie erwähnt, bis
über die Mitte des vorigen Jahrhunderts
der einzige war, auch heute noch. Es ist
der zur Zeit wenig genützte Güterweg,
welcher kurz oberhalb des Hubener
Kreuzes abzweigt. Er zieht über die Höhe
der nördlichen Klammseite, oberhalb des
Weilers Zöschken und mündet nach der
Dölacher Kapelle jenseits der Höhe wieder
in deren Verlauf. sie ist bereits auf der
Militärkarte von 1894 als Karrenweg min-
derer Qualität eingezeichnet, weil, wie
oben angedeutet, 1885 eine neue, weniger
steile Trasse näher der Klamm angelegt
worden war. Dabei ist bemerkenswert, daß
diese Trasse jeweils dann wieder in Ver-
wendung kam, wenn die „neuere Straße“
unpassierbar wurde. So zuletzt nach den
Unwetterkatastrophen 1965 und 1966
und nach einem Felssturz im Klammbe-
reich 1969.
Die Straße senkte sich, wie auch heute,
gegen die Brücke über die Schwarzach
und übersetzte sie ursprünglich mittels ei-
ner Holzkonstruktion. Diese wurde 1907
durch einen schönen Natursteinbogen, die
sogenannte „Hohe Brücke“, die von itali-
enischen Maurern gebaut worden war, er-
setzt
4
. Über sie führte bis zum Jahr 1979
die Straße. Ab dieser Zeit trägt die derzei-
tige breite Stahlbetonbrücke den Verkehr
und die alte steinerne dämmert in deren
Schatten, tiefer und talabwärts gelegen, da-
hin. Doch auch von der alten Holzbrücke
sind die Fundamente unterhalb der Beton-
konstruktion noch zu erkennen.
Etwa hundertfünfzig Meter weiter stand
hangwärts der Holzbau des „Waldhofes“,
Beim Hubener Kreuz, Aufnahme um 1930.
Alle Fotografien wurden von den Autoren beigestellt
Waldhof in Dölach, um 1970.
bzw. der „Waldhofsäge“. Dabei handelte
es sich, wie die Namen andeuten, sowohl
um ein Wohngebäude mit einer Gastwirt-
schaft, wie um eine Arbeitsstätte, die aller-
dings jenseits der Fahrstraße gelegen ist.
Bis 1928 wurde dort auch eine Wegmaut,
die der Straßenerhaltung diente, einge-
hoben. Das Mauthäuschen wie auch der
„Waldhof“ sind heute verschwunden,
letzterer im Zuge der Modernisierung der
gesamten Talstraße Anfang der siebziger
Jahre.
Auch die Geleise, die bis dahin die
Straßen zwischen Waldhof und Waldhof-
säge querten, wurden entfernt. Durch
Dölach übersetzte die Straße, zunächst
den Mühlbach
5
und dann den Grünalm-
bach, ehe sie sich sanft dem Lauf der
Schwarzach näherte. Sie blieb aber über
die ganze Länge des auch heute noch ab-
rutschenden Hanges schattseitig – im
Sommer durch Steinschlag und im Winter