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mit sich, die venezianische Sägetechnik
sparte Kraft, Zeit und Holz. Der Versuch
wird also wohl überzeugt haben. Das
Interesse des Tiroler Landesfürsten an der
Holzausfuhr – nicht nur von Rundholz –
nach Venedig beweisen die „Waldberei-
tungen“ im Pustertal und „an den Venedi-
ger Grenzen und zum Hayden“ anno 1547
(Hayden ist der deutsche Name für Am-
pezzo). Es wurden die verfügbaren Holz-
vorräte geschätzt, weil bedeutende Erlöse
und Zölle zu erwarten waren. Diese Schät-
zung im Pustertal betraf auch die Wälder in
Sexten, Panzendorf, Winnebach und
schattseits in Sillian, in Tilliach an der
Grenze gegen Kärnten, in Lienz, Lavant
und Tristach, Amlach, Schlaiten, Göriach,
Defereggen, Virgen, Prägraten, Kals und
Debantbach. – Ob die Rialtobrücke Lär-
chenstämme aus dem Ampezzano stützen,
die damals für den Export „geschätzt“ wur-
den? (Die Gegend um Cortina bildete seit
1518 eine kleine, autonome Republik im
alten Tirol. Der gemeinsame Waldbesitz
der „Magnifica Comunità d’Ampezzo“ war
bedeutend, die Regierung in Innsbruck zog
hohe Einkünfte aus den Holzzöllen nach
Venedig.) Die Wegelate-Säge ist als
„Venezianer“ ein bedeutendes Denkmal für
die heimische Wirtschafts- und Kulturge-
schichte, ein hervorragender Beweis bäuer-
licher Handwerkskunst und ein ehrwür-
diges Zeugnis der regen Beziehungen zwi-
schen dem waldreichen „Hinterland“ und
Venedig, der „holzhungrigen“ Handels-
metropole an der Adria.
Die Venezianer brachten „ihre“ Säge in
die Berge, sozusagen ein Transfer von
Technologie, um den Import von Holz
effizient zu gewährleisten. Venedig wurde
auf Holz gebaut. La bella Venezia erlebte
1.000 Jahre triumphaler Macht. Und der
Villgrater Heimatpflegeverein hat einen
der ganz raren „Venezianer“ ins nächste
Jahrtausend gerettet. Er schneidet Holz mit
urtümlicher Wasserkraft und überlieferter
Ingenieurkunst aus der Stadt, die in das
Wasser hineingebaut ist.
II. Zur Geschichte der Wegelate-Säge
Mit Eingabe vom 18. Feber 1883 wurde
von Josef Schett Wegeler – so steht’s im
Protokoll –, um die Bewilligung zum Bau
und Betrieb einer Brettersäge „einge-
schritten“. Die vom k. k. Bezirkshaupt-
mann in Lienz abgeordnete „politische
Commission“, bestehend aus dem k. k. Be-
zirkskommissär Kneußl und dem Staats-
techniker Prchal, nahm am 5. Mai 1883
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
66. Jahrgang –– Nummer 3
Die drei Wasserräder für den Antrieb der Kreissäge, der Gattersäge und der Kapp-
säge (von vorn nach hinten), darüber die wasserzuleitende „Wiere“.
Das „Kumpfrad“ für die Kappsäge. –
Der Antrieb der beiden anderen Sägen er-
folgt über „Federräder“, weil sie mehr
„Wasserkraft“ brauchen als jene.
Die „Wiere“ mit „abgekehrtem“
Wasser. – Der eingelegte „Re-
chen“ soll Steine und Holzstücke
von den Wasserrädern fernhalten.
Die „Luke“ für das Rad der Kreis-
säge. – Der Verschluß wird durch
den Hebel gehoben, das Wasser
stürzt über die „Schoßuisch“, den
schrägen Fallschacht, auf das Rad
und dreht es.