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Nummer 4 –– 66. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Aus dem ganzen Bezirk kennen wir
etwa 60 Arten von Ameisen. Das er-
scheint dem Laien etwas unglaubwür-
dig. Aber die Unterscheidung der ein-
zelnen Formen ist fast nur mehr mit
Spezialisten möglich, in den letzten
Jahren wurden mehrfach Artenbe-
schreibungen, Artentrennungen und/
oder neue Auffassungen dazu und zu-
gleich neue Bestimmungstabellen
veröffentlicht. Momentan ist also daher
vieles neu und ältere Angaben zur Ver-
breitung bedürfen umfangreicher Re-
visionen.
Bei den staatenbildenden Sozialin-
sekten wie Bienen, Wespen, Hummeln
werden recht gleichförmige Zellen aus
Wachs oder Holzteilen gebaut. Amei-
sen bauen selten sogenannte Karton-
nester, sie leben meist in verschieden-
sten Hohlräumen im Boden, in Holz
oder Mulm, häufig unter Steinen, auch
in Pflanzenstengeln, sogar in Gall-
äpfeln oder in leeren Schnecken-
gehäusen. Am bekanntesten sind sicher
die oft großen Hügelbauten mehrerer
Waldameisen.
Eine einzige europäische Ameise,
eben Lasius fuliginosus, baut wirklich
große Kartonnester, wird daher auch
Kartonnest-Ameise genannt. Die Art ist
an der glänzend-schwarzen Körperfär-
bung leicht kenntlich und eigentlich
nicht besonders selten von den Tal-
lagen bis in mittlere Höhenstufen ver-
breitet. Sie besiedelt Hohl-Innenräume
an der Basis diverser Bäume, lebt auch
in Mauerwerk oder Gebälk. Immer ver-
wendet sie bei uns feingekautes Holz-
material, das mit einem Pilz (Clados-
porium myrmecophilum) zu einer zer-
brechlichen Masse gekaut wird und den
Nestraum mit einer unregelmäßigen
Bauform füllt. In diesem Bereich und
in nächster Umgebung leben mit der
Ameise mehrere Dutzend Ameisen-
gäste aus anderen Insektengruppen,
darunter mehrere Käferarten. Auch
temporäre Sozialparasiten anderer Ar-
ten sind bekannt (Myrmecophilie).
Das abgebildete Kartonnest wurde
vor vielen Jahren in Lavant bei Lienz
im Basisbereich einer recht dicken
Esche gefunden. Weil nur mehr sehr
wenige Ameisen darin lebten, konnte
die Sicherstellung unbesorgt erfolgen;
offenbar waren die Tiere dabei, ihren
Bau aufzugeben.
Das recht schöne und gut erhaltene
Nest wird dem Museum Schloß
Bruck zur Verwahrung übergeben
werden.
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Kartonnest der Glänzendschwarzen
Holzameise (Lasius fuliginosus)
Kartonnest (Lasius fuliginosus).
Foto: A. Kofler
Die Schmetterlingsfamilie der Blatt-
tütenmotten oder Miniermotten (Gracila-
riidae) umfaßt in Österreich fast 130, in
Osttirol kaum 20 Arten (HUEMER/
TARMANN 1993). Die Tiere sind klein,
ihre Raupen fressen im Blattinneren cha-
rakteristische Gänge (Minierer) und sau-
gen den Zellsaft, manchmal fertigen sie
typische Tüten durch Einrollen der Blatt-
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Die Roßkastanien-Motte (Cameraria ohridella)
Roßkastanien-Motte (Cameraria ohridella
DESCHKA & DIMIC
),
nach
DESCHKA
1995. (Die Randschuppen/Flügelfransen sind für das
Schweben als Luftplankton wichtig.)
Ausschnitt von Blatt der Roßkastanie (Lienz, Grafenanger 1995):
Typische Fraßspuren der Raupen von Cameraria ohridella (Roß-
kastanien-Miniermotte, Kleinschmetterling).
Foto: A. Kofler