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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
66. Jahrgang –– Nummer 8-9
menden Apothekers MÜLLER in einem
„Gebürge,.[...] zwischen den Ländern
Kärnthen und Krain [...], wo Bären und
Scorpione wohnen, und wo die Einge-
bohrnen nicht mehr deutsch reden“. Sie
beschließen, auf ihrem Rückmarsch über
Lienz auch die „benachbarten Tyroler-
alpen“ zu besteigen (HOPPE 1802(18)).
Nach ihrer Abreise von Hermagor über-
nachten sie in „Draburg“ und treffen am
folgenden Tag zu Mittag in Lienz ein.
„Lienz ist seit dem großen Brand ziem-
lich wieder aufgebaut, und die Lage dieses
Städtchens ist vortrefflich.“ Da sie zwar
„einige Adressen nach Lienz [hatten], aber
im eigentlichen Sinne nur Pflanzen, keine
Menschen, aufsuchen wollten, so machten
sie davon keinen Gebrauch“, sondern ge-
hen am Nachmittag zum Botanisieren zum
Amlacher Brunnen. Als sie am Abend mit
ihren Pflanzen in ihr Wirtshaus zurück-
kehren, „sahen wir uns schon als Botani-
ker verrathen, und nun behandelte man uns
sehr unbotanisch. Der Wirth übernahm
selbst die Aufwartung, und wurde uns
durch seinen fortdauernden Discours lä-
stig; anstatt eines guten Stücks schwarzen
Brods setze man uns Biscuit vor, und ge-
gen alle diätetische Regeln verschloß man
die Fenster unsers Schlafzimmers, und be-
zog sie mit neuen Vorhängen, indem man
zugleich bedauerte, daß man in der Eile
die Bettvorhänge nicht herbei schaffen
könnte u.s.w.“. (HOPPE 1802 (23))
Am nächsten Morgen um 3 Uhr treten sie
in Begleitung des bereits oben zitierten
Führers, des Wagners, eine Exkursion zur
Kerschbaumer Alm an, wobei sie die
Zochalpe besuchen und über die Ochsenalm
wieder nach Lienz zurückkehren (HOPPE
1802(23)). Da sie hier aber keine Gelegen-
heit zum Trocknen ihrer umfangreichen
Aufsammlungen haben, setzen sie am näch-
sten Tag ihre Reise nach Heiligenblut fort
(HOPPE 1803:226-227). In diesem Jahr
wird in den Salzburger Alpen ein noch nie
dagewesener Zustrom an fremden Botani-
kern registriert, u. a. auch ein Herr Adrian
LEZAI mit seiner Gemahlin, die, wie extra
vermerkt wird, ihren Gatten am Untersberg
bis zur Firminalpe begleitet hat. In einer
blechernen Büchse schicken sie ausgegra-
bene
Rhodothamnus chamaecistus-
und
Pedicularis sceptrum-carolinum-
Pflanzen
an „Madame Bonaparte nach Paris“
(ANONYMUS 1802:315).
Den Winter 1815 verbringt HOPPE in
Gefrees im Fichtelgebirge beim Apotheker
und Botaniker FUNCK (1771-1839) mit
Vorbereitungen für eine Istrienreise mit
Friedrich HORNSCHUCH (1798-1850),
im Verlauf derer im darauffolgenden
Jahr ein weiterer Ausflug nach Lienz
und zur bereits bekannten Kerschbaumer
Alm unternommen wird (FÜRNROHR
1849:153). Weitere Besuche sind biblio-
graphisch u. a. für die Jahre 1817
(FÜRNROHR 1849:171) sowie 1833, ein
Jahr, in dem wegen der ungünstigen
Witterung „alle Plantae rariores unsichtbar
geblieben, und er sich mit dem niedern
Corps der Pöbelkräuter begnügen hatte
müssen“ (ANONYMUS 1833:674-675),
nachweisbar.
Das volle Ausmaß der intensiven Exkur-
sionstätigkeit HOPPES zur Kerschbaumer
Alm geht erst aus der laufenden Diskussion
über die Verwechslung von
Wulfenia ca-
rinthiaca
mit
Paederota bonarota
am 9./10.
September 1821 durch HARGASSER
(1785-1824)
hervor
(HARGASSER
1825:442, ANONYMUS 1837:63-64).
HOPPE weist in seiner Argumentation dar-
auf hin, daß er im Jahre 1798 zum ersten-
mal die Kerschbaumer Alm bestiegen hat
„und nachher seit einer Reihe von 40
Jahren, wenn nicht alle Jahre, doch sicher
alle zwei Jahre, oft allein, oft aber auch in
Gesellschaft anderer Botaniker“ (HOPPE
1837:64). An dieser Stelle sei erwähnt, daß
sich HOPPE in Osttirol laut bisher verfüg-
barer und eingesehener Literatur auch auf
der Berger Alm im Leitertal (FÜRNROHR
1849:155) aufgehalten hat.
Zur oben genannten
Wulfenia ca-
rinthiaca
sei noch angemerkt, daß sie be-
reits am 12. Juli 1779 vom Jesuitenpater
Franz Xaver Freiherr von WULFEN in
den Karnischen Alpen am Nordhang des
Gartnerkofels (Kühweger Alm) entdeckt
worden ist und bis zum Jahre 1903 als
Endemit Kärntens gilt, als sie Josef
ROHLENA auch in Südmontenegro auf
der Sjekirica im Parun Gebirge nachweist
(KOSCH 1992:27-29).
HOPPE, der von 1810-1828 ein Reise-
stipendium der Bayrischen Akademie
„zur Beibringung frischer Alpengewächse
für den botanischen Garten zu München“
erhält (FÜRNROHR 1849:106), finanziert
seine umfangreiche Reisetätigkeit darüber-
hinaus durch den Verkauf von Herbarex-
siccaten (FÜRNROHR 1849:167) und
seiner Fachzeitschriften. Ab 1825 zieht er
sich von seiner Lehrtätigkeit am Lyzeum
zurück . HOPPES Reisen sind nicht darauf
ausgerichtet, „Entdeckungen und Beob-
achtungen zu machen“, sondern „Sammeln
und Einlegen ist mein einziger Zweck, [...].
Mehr als 50.000 Pflanzen=Exemplare
sind durch meine Hände gegangen und
durch Europa verteilt worden“ (HOPPE
1803:235-236). Für GRABHERR &
KLEMUN 1991 ist er „so etwas wie der
erste botanische Freiberufler“.
Folgende Taxa der Gefäßpflanzenflora
und Käferfauna Mitteleuropas gehen auf
HOPPE zurück bzw. sind ihm gewidmet
worden und dokumentieren seine tragende
Rolle in der botanischen Erforschung der
Alpen (zitiert nach EHRENDORFER
1973 mit Ergänzungen; schriftl. Mitt. M.
KAHLEN):
Alchemilla hoppeana, Astrantia major
ssp. carinthiaca, Braya alpina, Carex ater-
rima, Crocus weldenii, Dianthus sylvati-
cus ssp. glaber, Draba hoppeana, Draba
sauteri, Eriopherum latifolium, Erio-
pherum scheuchzeri, Euphorbia wulfenii,
Euphrasia coerulea, Euphrasia salisbur-
gensis, Gnaphalium hoppeanum, Hieraci-
um angustifolium, Hieracium dentatum,
Hieracium glabratum, Hieracium hoppe-
anum, Hieracium piliferum, Hutchinsia al-
pina ssp. brevicaulis, Luzula alpina, Lu-
zula glabrata, Mercurialis ovata, Minuar-
tia cherlerioides, Oxytropis triflora,
Phyteuma globulariifolium, Plantago
atrata, Potentilla brauneana, Pulsatilla
montana, Ranunculus carinthiacus, Ra-
nunculus traunfellneri, Scrophularia sco-
polii, Sedum atratum ssp. carinthiacum,
Sempervivum wulfenii, Sesleria ovata,
Soldanella minima, Typha minima.
Graphoderus zonatus, Cychrus angu-
status, Donacia marginata, Coniocleonus
cicatricosus, Carabus germari ssp.neesi,
Cychrus caraboides ssp. hoppei, Donacia
dentata.
Literatur:
ANONYMUS, 1802: 2. Botanische Notizen. Botanische
Zeitung 1(20):314-315.
ANONYMUS, 1833: I. Gesellschaftsversammlung. Sit-
zung der Königl. botan. Gesellschaft am 16. October 1833
(Schluß). Flora oder allgemeine botanische Zeitung
16(2)43:673-688.
ANONYMUS, 1837: II. Berichtigung. Flora oder all-
gemeine botanische Zeitung 20(4):63-64.
BAUMGÄRTNER, A. C. (Hrsg.) 1974: Lesen – Ein
Handbuch; zitiert in HÄNTZSCHEL, G. 1988: Zur Litera-
tur der Epoche. Ausstellungskatalog München: Kunst des
Biedermeier 1815-1835:59-64.
BRAUNE, A. v. 1797: III. Exkursionen nach dem
Untersberge. Botanisches Taschenbuch für die Anfänger
dieser Wissenschaft und der Apothekerkunst 19-50.
Herbaretikette:
Oreochloa
disticha
(Wulf)Lk. (=Poa disticha Wulf.) – Schlei-
nitz, 3. August 1798, leg. Hoppe D. H.
(Naturhistorisches Museum Wien, Botani-
sche Abteilung)
Beispiel eines von Dr. Hoppe angelegten
Herbarbeleges mit Etikette: Senecio abro-
tanifolius L. ssp. tiroliensis (Kern)Gams –
Tiroler Eberrauten Greiskraut, Kersch-
baumer Alm 1. August 1798 leg. Hoppe D.
H. (Naturhistorishes Museum Wien, Bota-
nische Abteilung).