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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
66. Jahrgang –– Nummer 8-9
Gartens in München) längst ausgeredet
worden ist: „vielleicht bin ich so glücklich,
einstens die bisher noch so wenig be-
suchten Tyroleralpen ersteigen zu kön-
nen“ (HOPPE 1792:130, FÜRNROHR
1849:113-115). Zur Umsetzung dieses
Vorhabens schreitet HOPPE aber erst
1798.
Im Jahre 1790 gründet er mit den beiden
Pharmazeuten Ernst Wilhelm MARTIUS
(1756-1849) und Johann August STALL-
KNECHT (1752-1797) die „Regensburger
Botanische Gesellschaft“, die erste der-
artig spezialisierte Vereinigung der Welt,
die noch heute existiert, und gibt Band 1
der Reihe „Botanisches Taschenbuch für
die Anfänger dieser Wissenschaft und der
Apothekerkunst“ heraus. Reiseberichte,
Aufsätze zur Systematik und Taxonomie,
Neubeschreibungen,
Sammelhinweise
etc. stellen das zentrale Thema des
programmatischen Dialoges dar, dem das
Periodikum (1790-1811) seinen Erfolg
sowie seine Sogwirkung auf die an der Bo-
tanik Interessierten verdankt. In Erlangen
beginnt er 1792 sein Medizinstudium, das
er 1795 mit der entomologischen Disser-
tation „Enumeratio Insectorum elytra-
torum circa Erlangam indigenarum secun-
dum systema Fabricianum observationibus
iconibusque illustrata“ abschließt. HOPPE,
der durch seine intensive Freilandtätigkeit
um die Wechselbeziehung zwischen
Pflanze und Insekt weiß, wird von Ento-
mologen immer wieder für die Bestim-
mung von Pflanzen kontaktiert und er-
muntert sich „selbst der Entomologie ob-
zuliegen“. In den Jahren 1796/97 gibt
HOPPE das „Entomologische Taschen-
buch für die Anfänger und Liebhaber die-
ser Wissenschaft“ heraus.
Umso größer muß für ihn, der „von je-
her eine große Neigung zum Reisen hatte“
(HOPPE 1799:50), die Enttäuschung
sein, als seine Bewerbung bei der von Graf
J. C. von HOFFMANNSEGG (1766-
1849) öffentlich ausgeschriebenen Stelle
„für einen der Botanik kundigen Reise-
gefährten“ für dessen zweite Forschungs-
und Sammelreise nach Portugal (August
1797-August 1801) nicht berücksichtigt
wird, sondern der an der Universität
Rostock tätige, um sieben Jahre jüngere
Professor Dr. H. F. LINK (1767-1851)
(FÜRNROHR 1849:114; LINK ist später
von 1815 bis 1851 Professor für Botanik
an der Universität Berlin und Direktor des
Botanischen Gartens (ZEPERNICK &
TIMLER 1979:77-79). Für den Druck der
Kupferstiche und Lithographien ihres
botanischen Prachtwerkes „Flore portu-
gaise“ richtet HOFFMANNSEGG in
Berlin sogar eine eigene lithographische
Anstalt ein (STRESEMANN 1950:49).)
Im „Botanischen Taschenbuch“ 1798
kündigt HOPPE jährlich geplante Alpen-
reisen und die Herausgabe eines nur in
30 Exemplaren aufgelegten „Herbarium
vivum plantarum rariorum praesertim
alpinarum“ an. Den ganzen Winter studiert
er „Reiners Reisen“ und ist fest entschlos-
sen, sein „Hauptquartier nach Lienz im
Pusterthal in Tyrol zu verlegen; aber Lienz
war im April gänzlich abgebrannt“
(HOPPE 1799:54).
HOPPE wird sich später in dieser Stadt
vergebens nach dem botanisch interessier-
ten Pater MAYR erkundigen, denn dieser
ist schon verstorben (HOPPE 1799:118).
Mit MAYR haben bereits der biographisch
schwer faßbare, oben erwähnte Joseph
REINER (1765-1797), Hofkaplan und
Archivar in Klagenfurt (KLEMUN
1991:269-273, 756-758), und Sigismund
von HOHENWARTH (1745-1825) botani-
siert, beide zum Schülerkreis des Franz Xa-
ver WULFEN (1728-1805) gehörend,
dem Begründer der naturwissenschaft-
lichen Forschung in Kärnten. Ihre minu-
tiöse Publikation „Botanische Reisen nach
einigen Oberkärntnerischen und benach-
barten Alpen“ (mehrere Auflagen) tangiert
Tirol in einigen Bereichen und trägt we-
sentlich zur Popularisierung von botani-
schen Reisen bei. Hier findet sich auch die
erste Literaturangabe für die in den Lienzer
Dolomiten gelegene Kerschbaumer Alm,
von der eigens beauftragte Sammler die
auch später bei HOPPE erwähnten Arten
Ononis rotundifolia, Potentilla nitida, Ra-
nunculus parnassifolius
und
Valeriana su-
pina
sowie Belege des bei HOPPE
nicht erwähnten
Ranunculus segueri (R. co-
lumnae)
mitbringen
(REINER
&
HOHENWARTH 1792:21,34; der zweite
Band der „Botanischen Reisen“ erscheint
durch den frühen Tod REINERS erst 1812,
Herausgeber sind HOHENWART und
VEST).
HOPPES folgender Reisebericht ist
dem Zeitgeist entsprechend im Genre des
Tagebuches verfaßt, das dem Leser durch
eigene Beobachtungen und persönliche Er-
fahrungen ein Höchstmaß an Authentizität
vermittelt.
Am 10. Juni 1798 ist es endlich soweit.
Bei schrecklichem Regen besteigt HOPPE
mit entsprechender Reisekleidung, u. a.
„Halbstiefel, die mit Hufeisen beschlagen
waren, [...] eine blecherne botanische
Büchse, welche ich an einem ledernen
Riemen über die Schulter trug, [...]. Ich
hatte, durch die gefällige Besorgung des
Herrn Kupferstecher Mayers, mehrere
Reisepläne von Tyrol und Kärnthen bei
mir“, ein Donauschiff, ohne sich über sein
genaues Ziel im klaren zu sein (HOPPE
1799:55-56).
Papaver rhaeticum Ler. ex Gremli – Rätischer Alpen-Mohn, Kerschbaumer Alm W, Hallebachtörl N 2.395 m, 29. Juli 1998 und
Verbreitungskarte zur „Flora von Nordtirol, Osttirol und Vorarlberg“ von Adolf Polatschek.
Foto: W. Neuner; Kartographie: Amt der Tiroler Landesregierung, Tiroler Raumordnungs-Informationssystem,
Quelle: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Botanische Sammlung
Kerschbaumer Alm mit Schutzhaus, Auf-
nahme vom Juli 1998. Foto: W. Neuner
historische Angaben
rezente Angaben