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Nummer 12 –– 66. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
gen, Reisebilder, Rezensionen) für die
„Augsburger Postzeitung“. 1846 verfaßte
er für das von Guido Görres herausge-
brachte „Hausbuch“ eine Erzählung mit
dem Titel
„Der Tod eines Dorfkaplans in
den Tiroler Alpen“,
die ein ergreifendes
Bild vom Leben, Wirken und Sterben eines
Geistlichen mit großer Einfühlsamkeit
nachzeichnet.
Zahlreiche Gedichte wurden in mehreren
Zeitschriften veröffentlicht. Eine Zusam-
menstellung, die bereits 1848 abge-
schlossen war, erschien 1850 in Jena unter
dem Titel
„Vormärzliche Lieder aus Tirol“
mit 54 Gedichten.
Nun brach die Frankfurter Zeit für Beda
Weber an, die ihm für dichterisches Schaf-
fen wenig Zeit ließ. Man weiß zwar, daß er
an einem Versepos
„Amandus, der Einsie-
del“
arbeitete und einige Gedichte
schrieb, doch wurde davon nichts veröf-
fentlicht.
Wenn Beda Weber auch für verschiedene
Zeitungen durch die Jahrzehnte hindurch
Berichte geschrieben hat, so war er in
Frankfurt in besonderer Weise jounali-
stisch tätig. 1853 gründete er die Wo-
chenzeitung
„Frank furter Katholisches
Kirchenblatt“
und die katholische Tages-
zeitung
„Deutschland“
(1855). Mit sei-
nem Naturtalent meisterte er die neuen
Aufgaben und es ist bezeichnend, wenn
besonders die Tageszeitung, die innerhalb
kürzester Zeit die drei anderen Frankfurter
Blätter an Niveau und Bezieherzahl über-
traf. Wie sehr das Druckwerk mit seiner
Person verbunden war, zeigt, daß es be-
reits ein halbes Jahr nach seinem Tod ein-
gestellt werden mußte.
In Frankfurt erschienen 1851 die
„Pre-
digten an das Tirolervolk“,
eine Samm-
lung von Predigten aus seiner frühen See-
lsorgetätigkeit,
„Charakterbilder“
(1853), eine Sammlung verschiedener
Aufsätze in der „Augsburger Postzei-
tung“ und in den „Historisch-politischen
Blättern“, die jedoch weniger literarischen
Inhalts sind, vielmehr Artikel zu Zeitfra-
gen und zeitgenössischen Problemen
darstellen und „Cartons aus dem deutschen
Kirchenleben“ (1858), eine Auswahl sei-
ner Artikel aus den Zeitungen „Deutsch-
land“ und „Frankfurter Katholisches Kir-
chenblatt“, erweitert um einige vorher
nicht in Druck erschienene Aufsätze.
Das ausgesprochen dichterische Werk
Beda Webers wurde zu seiner Zeit ebenfalls
sehr beachtet und hoch gerühmt. Die heu-
tige Beurteilung gesteht seiner Lyrik, die
zum Teil den Geist des Biedermeier atmet,
großen Ideenreichtum zu. Dennoch lag sei-
ne wichtigste Bedeutung doch wohl in der
Anregung und in der Belebung literarischen
Lebens in Tirol in der Zeit des Vormärz.
Am 28. Februar 1858 ging ziemlich un-
erwartet ein Leben zu Ende, das ungeheuer
reichhaltig, schillernd und vielseitig
verlaufen war. Bis zu seinem Lebensende
blieb Beda Weber seinem Leitmotiv
„Rastlose Tätigk eit allein ist Leben und
begründet Leben“
treu. Für seine ganze Le-
benseinstellung ist u.a. das Gedicht „Sy-
lvesterabend“ („Vormärzliche Lieder aus
Tirol“) bezeichnend. Der Grundgedanke ist
der, daß durch bleibende Taten die Ver-
gänglichkeit alles Zeitlichen überwunden
wird. Die Bilanz eines Jahres ist für Beda
Weber zugleich Rückschau auf sein Leben,
das immer mit seiner produktiven Tätig-
keit ausgefüllt war:
Laßt die Jahre flüchtig wandeln
Und die Bäche eilig zieh’n,
Allv ereint im k räft’gen Handeln
Wollen wir in’s Leben blüh’n!
Nur die Klage fauler Thoren
Ist des Lebens Eitelk eit,
Keine Stund’ ist uns v erloren,
Die Genuß und That geweiht.
Hochgefühl bestellter Saaten,
Die wir liebevoll gestreut,
Edler Stolz auf gute Thaten,
Gründet unsre Ewigk eit.
Selbst die Trübsal hangt als Krone
Um das abgeschiedne Jahr,
Das sie unsern Muth belohne,
Der zu Tugend Helfer war.
Muth ist Seele, That ist Leben,
Jeder stirbt nach eigner Wahl,
Denn das ew’ge Vorwärtsstreben
Tödtet jede Todesqual. . . .
Und so fliege, Jahresrunde,
Fürder Deinen luft’gen Pfad,
Selbst in flüchtigster Sekunde
Mit dem Siegel meiner That!
„Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für BedaWeber in Lienz“, Correspondenz-Kar-
te, herausgegeben vom BedaWeber-Denkmal-Comitee unter BürgermeisterWillibald
Hofmann im April 1899. – Das Geburtsdatum ist mit 26. Ok tober 1798 angegeben;
immer wieder wie z. B. in der hochwissenschaftlichen Biographie von Josef Eduard
Wack ernell scheint der 28. Ok tober auf. Dies ist wohl darauf zurück zuführen, daß
das entsprechende Datum im „Familienv erzeichnis der Stadt Lienz“ (Pfarrarchiv
St. Andrä, Lienz, XIII B, Nr. 183) etwas undeutlich geschrieben ist und als „8“gelesen
werden kann. Im Taufbuch (Pfarrarchiv St. Andrä, Bd. IV, S. 165) ist eindeutig „26“zu
lesen, ein Datum, das man nach der k ritischen Überprüfung als gegeben ansehen muß.
Kirche und Politik, Geistlichkeit und po-
litisches Engagement sind in Zentraleuro-
pa gegenwärtig streng voneinander ge-
trennt - zumindest auf formaler Ebene. Im
Europa von heute wäre es undenkbar, daß
ein Geistlicher Bundeskanzler würde – wie
Prälat Ignaz Seipel in der Ersten öster-
reichischen Republik; kaum vorstellbar,
daß Priester in Parteien herausragende Posi-
tionen übernähmen, wie Prälat Kaas in der
Zentrumspartei der Weimarer Republik.
Vorbei sind auch die Zeiten, daß Geistliche
sogar als Parteigründer hervortraten – wie
Don Luigi Sturzo als Gründer der Popolari
in Italien oder Ämilian Schöpfer als Pro-
motor der Christlichsozialen Partei in Ti-
rol. Seit 1945 sindKirche undPolitik strikt
voneinander getrennt, sind parteipolitische
Aktivitäten Geistlicher verpönt. Aus gutem
Grund: Die offizielle Verquickung beider
Sphären, dies hat sich in Europa in aller
Deutlichkeit gezeigt, schadet nur beiden Le-
bensmächten. In Österreich haben sich Kir-
che undChristlichsoziale in der Ersten Re-
publik zu einem unheilvollen Bündnis auf-
geschaukelt und dem Austrofaschismus
den Weg bereitet. In Italien hat die enge
Anlehnung der Kirche an den Faschismus
seit demKonkordat 1929 erst einem breiten
Massenkonsens des Regimes vorgearbei-
tet. Dies sind historische Erfahrungen, aus
denen schmerzliche Lernprozesse für beide
Seiten erwachsen sind – schmerzlich, aber
auch heilsam für Kirche und Politik. Die
Kirche hat gelernt, daß sie in der Welt sein
kann und Einfluß behauptet, auch ohne po-
litische Ingerenz. Die Politik dagegen hat
begriffen, daß sie ohne die Kraft religiöser
Argumente bestehen muß, daß sie vor allem
Hans Hei s s
Politische Lebensstationen von Beda Weber