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PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2014
7
kehr fand Emma den Vater jedoch
schwer krank vor. Die auf-
opfernde Pflege machte auch sie
krank. Emma litt an Tuberkulose.
Im Frauenheilbad Antholz wurde
sie dann gesund gepflegt.
Dann wartete auf Emma aber
eine große Aufgabe: Sie sollte
das Bräuhaus an der Rienz bei
Toblach übernehmen. Der Mut-
ter war der Betrieb für eine un-
einbringliche Schuld zugefallen.
„Lachen darfst du nie!“
Die Mutter schärfte Emma
zuvor noch ein: „Lachen darfst
du nie!“ Doch die junge Frau
hielt sich nicht daran. Sie
strahlte von Anfang an viel Her-
zenswärme aus. Ihre Liebens-
würdigkeit imponierte auch
Joseph Hellensteiner, Sohn des
Postmeisters zu Niederdorf. Er
warb um sie, die beiden wurden
ein Paar und heirateten imApril
1842. Da der Ehemann später
das Wirtshaus zum „Schwarzen
Adler“ erbte, wurde das Bräu-
haus verkauft und Emma zur
Wirtin in Niederdorf gemacht.
Noch kein
Fremdenverkehr
In dem Pustertaler Dorf gab es
noch keinen Fremdenverkehr.
Ehemann begann mit Stellwagen-
fahrten zwischen Lienz und Bri-
xen und investierte in Fuhrwerke
und eine eigene Schmiede. Doch
das jüngste Kind war gerade ein-
mal zwei Jahre alt, da traf die
Familie ein fürchterlicher Schick-
salsschlag: Joseph Hellensteiner
verstarb an einem Nierenleiden.
Nun zeigten sich die großen
und Fuhrwerksunternehmerin
Hellensteiner mit Vehemenz für
den Bahnbau.
Katastrophe in Niederdorf
Sie bewährte sich besonders im
Jahr 1882: Über das Pustertal
brach eine Katastrophe herein.
Niederdorf schien in den Fluten
der Rienz zu versinken. Auch
Aber der Ort war eine Etappe des
Reise- und Warenverkehrs zwi-
schen Kärnten und Bozen, also
für Emma zum Tourismusort aus-
baufähig. Emma gebar auch
schon bald ihr erstes Kind. Sieben
Kinder wurden es letztendlich. Ihr
Talente der Witwe noch deutli-
cher. Sie übernahm auch die Ge-
schäfte des Mannes. Als andere
gegen den Bau einer Eisenbahn-
linie durch das Pustertal kämpf-
ten, weil sie ihre Existenz be-
droht sahen, war die Stellwagen-
Hellensteiners Häuser mussten
delogiert werden. Dennoch sorgte
sie sich weiterhin mit aller Kraft
um ihre Gäste. „Wie sehr die von
der Gefahr bedrohte und hart ge-
prüfte Frau auch während der
Katastrophe für ihre Gäste be-
sorgt gewesen und ihrer gedacht
hat, wird diesen stets in dank-
barster Erinnerung bleiben“, no-
tierten Wiener in das Gästebuch.
Lob vom Kaiser
Natürlich sind auch Kaiser
Franz Josephs Worte anlässlich
eines Besuches in Welsberg
(1899) überliefert. Er sagte zur
Wirtin: „Also Sie sind die welt-
bekannte Frau Emma? Ich freue
mich, Sie persönlich kennen zu
lernen in Ihrem hohen Alter und
bei der Ihnen noch gegönnten
Rüstigkeit zur Arbeit. Mit der
wohlverdienten Auszeichnung
wünsche ich Ihnen noch viele
Jahre des Wohlergehens!“ Emma
Hellensteiner verstarb fünf Jahre
später – am 9. März 1904 in
Meran.
Martina Holzer
rin imHochpustertal
„Die Wirtin.
Das Leben der Emma
Hellensteiner“
304 Seiten, ca. 100 Bilder
erschienen im Eigenverlag,
erhältlich über die Athesia,
Tyrolia und im Hotel am Pragser
Wildsee, Kosten: 24 €.
Hotelierin Caroline
M. Heiss über ihre
Ururgroßmutter
Emma Hellensteiner:
„Emma Hellensteiner ist nicht
umsonst bis heute Vorbild für den
Tourismus an sich. Nicht zuletzt
ist die Landesberufsschule für
das Gast- und Nahrungsmittelge-
werbe in Brixen nach ihr benannt
worden. Emma Hellensteiner war
eine Frau mit vielen Visionen.
Heute würde sie für ihre ‚Mana-
gerqualitäten‘ gepriesen werden.
Bei allen ihren Unternehmungen
war sie stetes ein loyaler und
warmherziger Mensch – Qualitä-
ten, die in der heutigen Zeit viel-
mals verloren gegangen sind. Ein
wichtiges Anliegen war ihr au-
ßerdem die Zukunft ihrer Kinder.
Sie sorgte für eine gute und
solide Ausbildung als Rüstzeug
für ein erfolgreiches Leben. Sie
ist mir insoweit ein Vorbild.“ Hellensteiner mit den Enkelkindern.