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INTERVIEW
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2014
34
Wann wurde das Lager ge-
funden?
Gietl:
„Im Jahr 2011. Da ent-
deckten Mitglieder des Kultur-
vereins Algudnei aus Dosoledo
auf Luftbildern im Internet
eine verdächtig aussehende,
quadratische Struktur in den
Wiesen. Rund 300 Meter süd-
östlich des Hotels Kreuzberg-
pass. Auch Sextner Bauern, die
die betreffende Fläche von der
Regola di Casamazzagno in
Pacht haben, waren bereits vor
längerer Zeit auf die seltsamen
Gräben und Wälle im Gelände
aufmerksam geworden.“
Wie kann man sich dieses
Lager von einst vorstellen?
Gietl:
„Es ist eine quadrati-
sche Anlage mit einer Größe
von 60 x 60 Metern und fächer-
förmigen Türmen an den
Ecken. Sie wird von einem
Wall und einem davor verlau-
fenden Graben umgeben. Diese
militärischen
Unterlagen
konnte diese Vermutung ausge-
schlossen werden. Ein erster
Grabungsversuch von Archäo-
logen aus Venetien und Mit-
gliedern des Vereins im Herbst
2012 musste wetterbedingt und
ohne Ergebnis abgebrochen
werden. Erst im vorigen Som-
mer konnte man endlich mit
einer genauen Untersuchung
des Geländes beginnen. Und
sehr schnell wurde klar, dass
wir es hier mit einer sehr viel
älteren Fundstelle zu tun hat-
ten.“
Fand man solche Lager
auch anderswo?
Gietl:
„Ja. Für diese typische
Form gibt es aus jener Zeit
zahlreiche Vergleichsbeispiele
aus der Schweiz, Deutschland,
Österreich und dem Balkan,
sowie bis nach Arabien und
Nordafrika.“
Welche Ergebnisse brachten
Welche Bedeutung hat die-
ses Militärlager?
Gietl:
„Diese Entdeckung
stellt für den Alpenraum eine
sehr wichtige Bereicherung des
aktuellen Wissenstandes zur
römischen Zeit dar.“
sind sehr gut im Gelände sicht-
bar und fallen sogar imVorbei-
fahren jedem aufmerksamen
Beobachter leicht auf. Doch
fast die gesamte Nordostseite
der Struktur wird leider von der
aktuellen Staatsstraße über-
deckt.“
Man tippte ja auf Überreste
aus dem ErstenWeltkrieg.
Gietl:
„Allerdings. Doch
nach Sichtung von Fotos und
Im Mittelpunkt des
Interesses des Sextner
Archäologen Rupert
Gietl und Kollegen aus
dem Comelico steht
derzeit ein entdecktes
Militärlager aus dem
späten 4. Jahrhundert
nach Christus nahe des
Hotels Kreuzbergpass.
Archäologe Rupert Gietl
im „PVT“-Interview.
Die Forschungen am Kreuzbergpass gehen in jedem Fall weiter.
Auch Dr. Hubert Steiner vom Landesdenkmalamt Bozen besuchte
die Ausgrabungsstätte.
Der Kreuzberg-
pass mit dem
römischen
Militärlager.
(Luftbild: Auto-
nome Provinz
Bozen – Süd-
tirol – Amt für
raumbezogene
und statistische
Informatik)
Kreuzbergpass: Neue Funds