Seite 2 - H_2012_06

Basic HTML-Version

OSTTIROLER
NUMMER 11/2012
2
HEIMATBLÄTTER
Die Ackergröße dürfte 30 x 15 m betra-
gen haben. Das ist zu klein, um ein Kuh-
gespann mit Pflug einzusetzen; also Hand-
arbeit.
1) Der Vater trennt mit der Schlüthacke
(Abb. 3) den Rasen am unteren Acker-
ende im Abstand von ca. 30 cm.
2) Mit der Schaufel wird die erste Furche
ausgestochen und die Rasenstücke legt
man beiseite.
3) Während der dritte Schnitt gehackt wird,
unterhöhlt Mama mit der Haue den
Rasenbalken. Meine Arbeitskraft (!)
steht erst am Nachmittag zur Verfügung.
Vom 1. Mai bis 30. Juni und vom 15.
September bis 1. Oktober ist für die
erste bis fünfte Schulstufe Vormittags-
unterricht (Sommerschule).
4) Nun wird der angeschnittene Balken
mit Haue und Schaufel in die Furche
gedreht. Diese Arbeitsschritte werden
so oft wiederholt, bis der obere Acker-
rand erreicht ist.
5) In den „Bucklkorb“, der auf den Korb-
stuhl gesetzt worden ist, werden Rasen-
blöcke gelegt, an den oberen Ackerrand
Abb. 1: Johann Kurzthaler, Vater des Verfassers dieses Beitrags, an der „Schuster-
maschine“, nach 1945.
Foto: Hans Kurzthaler
Abb. 2: Benötigte
Werkzeuge, an
den Korbstuhl
gelehnt: Rechen,
Schaufel, Pickel,
Ackerhaue.
Fotos: Raimund
Mußhauser
Abb. 3: Schlüthacke,
die später vom
Schneideisen am
Pflug ersetzt
worden ist.
getragen und damit schließt man die
letzte Furche.
6) Das erschlossene Ackerfeld wird abge-
recht und mit der Egge im Handzug zur
Einsaat vorbereitet.
Für diese anstrengende Arbeit reichte ein
Tag nicht aus!
Die Aussaat
Die Aussaat fand erst Mitte Mai statt,
um den Spätfrösten zu entgehen. Wie der
schlüpfrige Leinsame in den Acker einge-
bracht worden ist, habe ich nicht gesehen,
konnte aber in Erfahrung bringen, dass
eine selbst gebastelte Streudose verwendet
worden ist.
In den Deckel einer Schuhfettdose
stanzte man von innen nach außen einige
Löcher, durch die die „Hoarlinsen“ ge-
schüttelt wurden.
Die Dose hielt der Sämann mit dem
Deckel nach oben in der Hand. Dadurch
wurde eine zu dichte Saat verhindert. Nach
der Saat zog man eine leichtgewichtige
Holzegge (Krautegge) über den Acker.
Beim Jäten (Unkraut ausreißen) konnte
ein zu dichter Saatbestand korrigiert werden.
Das im Sommer hellblau blühende Hoarfeld
vergisst man ebenso wenig wie den rosa-lila
blühenden Hoadnacker (Buchweizen).
Die Ernte
Bei der Ernte im September war auch
ich eingespannt. Das Ausziehen der
Flachshalme benötigte wenig Kraft,
knicken sollten die Halme aber nicht. Die
kleine Wurzelkralle blieb an der Pflanze.
Mama übernahm mein Büschel, legte es
zu ihrer Garbe und band diese mit einem
Strohband zusammen. Die Flachsgarben
stellten die Eltern zu „Mandln“ auf dem
Acker auf. Nach demAustrocknen trug sie
der Vater mit einer Kraxe in die Dille
(Scheune). Mit Hilfe des Riffels (Abb. 4),
der in einem Holzstock steckte, riss er die
Samenkapseln ab. Sie fielen auf ein vor-
gebreitetes, verschleißtes Betttuch. Die
Leinsamen wurden aus den Kapseln ge-
riebelt, die grobe Spreu mit einem Sieb ab-
gesondert und der Feinstaub ausgeblasen.
Wir hatten zwar eine Windmühle; ich weiß
aber nicht, ob diese zur Endreinigung be-
nützt worden ist.
Der nächste Arbeitsschritt war das
Auslegen der geöffneten Flachsgarben auf