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Weges ab dem Markt übernehmen. Dieser
sollte sieben Schuh (ca. 2,5 m) breit sein.
Franz Poduschka begann unverzüglich
mit den notwendigen Reparaturen und
dem Ausbau zu einem Hotel, das schließ-
lich über elf Zweibettzimmer, zwei Drei-
bettzimmer und zehn Einbettzimmer ver-
fügte. Der Bettenpreis lag zwischen 80
Kreuzer und einem Gulden 70 Kreuzer je
nach Lage und Komfort. Für Verpflegung
– Frühstück, Mittagessen, Jause und
Abendessen – waren pro Person und Tag
ohne Getränke zwei Gulden 25 Kreuzer zu
berappen. Gästen, die länger als sieben
Tage blieben, wurden Ermäßigungen zu-
gestanden.
Als Aufenthaltsräume dienten ein Spei-
sesaal mit Terrasse, ein „Conversations-
salon“ mit Piano und ein Spielzimmer, in
dem die besten deutschen, französischen
und englischen Journale aufgelegt waren.
Das Essen scheint ausreichend und gut
gewesen zu sein. Als „Table d’hote“ (Mit-
tagessen) wurde etwa angeboten: Suppe,
Rindfleisch garniert, Mehl- oder Zuspeise
gesattelt (?), Braten mit Salat und als
Nachspeise Käse oder Obst.
Für die Freizeit stand der große Park zur
Verfügung, wurden Ausflüge in die Um-
gebung organisiert, standen schlosseigene
Kaleschen (Kutschen) für Ausfahrten zur
Verfügung, ebenso Pferde bzw. Maultiere
für Ritte mit „Tragsessel“ auf Wunsch. Als
größere Tour wurde die Besteigung oder
der Ritt auf das Kals-Matreier-Törl emp-
fohlen. Dies sei ein weltberühmter Aus-
sichtspunkt in der Nähe des Großglock-
ners.
Die Saison begann am 1. Juni und
endete am 15. Oktober.
Sommerurlaube ohne besondere zusätz-
liche Angebote waren damals wenig ge-
fragt und Badewochen lagen im Trend
jener Zeit. Also musste das Schlosshotel
zugleich ein Schlossbad sein. Die – meist
begüterten – Gäste wollten nicht nur auf
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
69. Jahrgang –– Nummer 6
Schlossfelsen
mit Seinitzerturm
und Palais.
Foto:
Lottersberger
Schloss
Weißenstein
fast zur
Ruine verfallen
um 1865.
Fotograf
unbekannt
„Sommerfrische“ gehen, sondern auch für
Gesundheit und Wohlbefinden etwas tun.
Vermutlich wäre es gar nicht möglich ge-
wesen, ein Hotel ohne Kurangebot kos-
tendeckend bzw. rentabel zu betreiben.
Das Kurbad im Schloss
In Schlossnähe in der Rotte Hinterburg
bestand vielleicht schon das „Badl“, das
von der heimischen Bevölkerung zum Aus-
rasten und zur Regeneration – wie in den
anderen Tälern auch – gerne genutzt wurde.
Also musste das Wasser, das sich am
Glanzerberg tief im Gestein sammelte,
eine Heilwirkung haben, und die Schloss-
quelle sprudelte dort in der Nähe des
„Badls“ aus der Erde.
Für den Schlossherrn lag nichts näher,
als diese Quelle von – wie es heißt – einem
der „renommiertesten Chemiker“ analy-
sieren zu lassen. Ob sehr viel von einer
solchen Untersuchung beim damaligen
Stand des Wissens über chemische Be-
standteile, Vorgänge und Reaktionen im
Wasser zu halten ist, mag zumindest frag-
lich erscheinen.
Jedenfalls stellt dieser Chemiker, der
nicht beim Namen genannt wird, fest: Ob-
gleich das Wasser keine hohe Temperatur
habe, zeichne es sich durch einen großen
Gehalt an aufgelösten Stoffen und negati-
ver Elektrizität aus. Ein Wiener Pfund (0,56
kg) Wasser aus der Badquelle enthalte:
0,4327 Gran schwefelsauren Kalk
0,9873 Gran schwefelsaures Magnesium
0,2123 Gran schwefelsaures Natron
0,0903 Gran Chlormagnesium
0,4587 Gran kohlensaure Magnesia
0,0468 Gran Eisenoxyd
0,1098 Gran Kieselsäure
0,0061 Gran organische Substanzen
0,9235 Gran halbgebundene Kohlensäure
1,0876 Gran freie Kohlensäure
Insgesamt betrügen die Inhaltsstoffe pro
Pfund Wasser 4,3715 Gran. Ein Gran ist
ein altes Gewichtsmaß zu ca. 60 Milli-
gramm.
Das Wasser sei zum Trinken und zum
Bader, zu empfehlen und für geschwächte
sowie durch langwierige Leiden er-
schöpfte Personen ganz besonders geeignet.
Es sei aber auch für schwache Nerven,
zur Blutbildung, zur Förderung des Stoff-
wechsels, bei Unterleibsleiden, Bleich-
sucht, „Anhännen“ (?), Rheumatismus, bei
Blut und Schleimflüssen, Hautausschlä-
gen, Geschwüren, Gelenksteife, bei ge-
schwächter Harnblase und Steinleiden von
großer heilender Wirkung. Es scheint also
das reinste Wunderwasser zu sein, das da
hinter der Felbertauernstraße aus der Erde
sprudelt.
Das Heilwasser wurde für Trinkkuren,
für Wannenbäder und für Warm-Kalt-
Duschen angeboten und die Kuren hatten
natürlich ihren Preis:
So kostete ein Wannenbad I. Klasse mit
Leintuch, Bademantel und Handtuch
80 Kreuzer
Ein Wannenbad II. Klasse mit Leinen und
Handtuch kam auf
60 Kreuzer
Ein Wannenbad III. Klasse mit Handtuch
kostete
40 Kreuzer
Ein Dampfbad mit Bademantel und
Handtuch wurde verrechnet mit
80 Kreuzer.