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Nummer 8 –– 69. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
löbl. n. ö. Landesausschusse gleichzeitig
verliehene Lehrstelle am Landes-Real-
und Obergymnasium zu
Horn
annehmen
zu können“, wie es in der amtlichen For-
mulierung des Czernowitzer Jahresberichts
von 1889/90 heißt. Dieses Gymnasium be-
stand seit 1657 als Piaristenschule und
wurde 1872/73 als Landesschule neu ge-
gründet
19
. Passler blieb ihr 13 Jahre treu.
Er wurde dort „zum definitiven Professor“
ernannt und unterrichtete wiederum
Deutsch sowie Geographie und Ge-
schichte. Ferner fungierte er als Kustos der
schuleigenen Münzensammlung, als
Kustos für Geschichte und Geographie
sowie als Bibliothekar. In dieser Eigen-
schaft verfasste er einen zweiteiligen, voll-
ständigen Bibliothekskatalog, den er in
den Jahresberichten 1898 und 1899 ver-
öffentlichte. Ein weiteres, historisches
Werk war ein umfangreicher Aufsatz über
die Tiroler Heimesage, in der die Grün-
dungslegende des Stiftes Wilten im
Mittelpunkt steht. Passler wohnte damals
in Horn
20
; später übersiedelte er in die
Halbgasse 11 in Wien VII.
Im Jahresbericht des Jahres 1903/04 fin-
det sich die lapidare Mitteilung, dass Pass-
ler aufgrund eines Diensttausches mit Her-
mann Kurzwernhart im Herbst 1903 an das
Nö. Landes-Real- und Obergymnasium zu
St. Pölten
wechselte
21
. Die Gründe für die-
sen Diensttausch sind nicht bekannt. Mög-
licherweise war es die größere Nähe zu
Wien, wo offenbar schon seit längerer Zeit
sein Lebensmittelpunkt lag.
In St. Pölten unterrichtete Passler ins-
gesamt fünf Jahre, vom Schuljahr
1903/04 bis 1907/08. In den ersten drei
Jahren war er auch an der Kommerziellen
Fortbildungsschule der Genossenschaft
der protokollierten Kaufleute als Lehrer
für allgemeine Geographie, Handels- und
Verkehrsgeographie tätig
22
. Im Jahr 1905
machte sich Passler bei der schulinternen
Feier anlässlich von Schillers 100. Todes-
tag verdient, wie der Jahresbericht ver-
merkt
23
. Eine positive Bilanz über seine ge-
samte pädagogische Tätigkeit wird auch
im Jahresbericht des Jahres 1908/09 gezo-
gen: nach „fünfjähriger, hingebungsvoller
und ersprießlicher Wirksamkeit an der hie-
sigen Anstalt“ wurde Passler über sein An-
suchen mit Ende des Schuljahres 1907/08
in den dauerhaften Ruhestand versetzt.
Abermals wurde ihm vom Nö. Landes-
ausschuss „Dank und Anerkennung“ aus-
gesprochen
24
.
Doch aus dem Ruhestand wurde zu-
nächst nichts. Es ereilte ihn nämlich ein
Ruf an das damals neu gegründete
Kruppsche Privatgymnasium zu
Bern-
dorf.
Die Industriellenfamilie Krupp
hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die-
ser aufstrebenden Industriestadt ein be-
sonderes Gepräge verliehen: Fabriken und
mehrere Schulen (darunter die bis heute
berühmt gebliebene Volksschule mit den
Klassenzimmern in verschiedenen histori-
schen Stilen), ja sogar eine große Kirche
wurde von den Krupps gestiftet. Für das
Gymnasium wurden Lehrer gesucht.
Passler unterrichtete hier allerdings nur
mehr Geographie und Geschichte mit ins-
gesamt 14 Wochenstunden. Er wurde
wiederum Kustos der geographisch-histo-
Der Lehrkörper des K. k. I. Staatsgymnasiums in Czernowitz. P. P. Passler in der hinters-
ten Reihe, erster von links. Foto: Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv, Sign.-
Nr. 465114 A (B).(=Repro aus: K. k. Staatsgymnasium in Czernowitz. Festschrift zur
hundertjährigen Gedenkfeier der Gründung des Gymnasiums 1808 bis 1908, Czernowitz
1908, nach S. 244).
rischen Lehrmittelsammlung und ver-
öffentlichte auch wieder einzelne Beiträge
in den Jahresberichten: Neben zwei
Nachrufen verdient vor allem ein umfang-
reicher Aufsatz über die Geschichte des
ehemaligen Benediktinerstifts (Klein-
)Mariazell im Wienerwald Beachtung. Für
kurze Zeit, von Dezember 1913 bis zum
Ende des Schuljahres 1913/14, übernahm
er – offenbar als dienstälteste Lehrperson
– die Direktionsgeschäfte für Dir. Th.
Plaschke, der Anfang des Jahres 1914
nach einer unvorhergesehenen Krankheit
verstarb.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges
verschärfte sich der Personalmangel, so
dass Passler bis 1919/20 in Berndorf tätig
blieb. Während seines letzten Berufsjahres
übernahm er auch noch die Leitung der
Schulbücherei.
Historische Publikationen
Passler war ein Gymnasiallehrer der
alten Schule, was sich vor allem in seiner
Publikationstätigkeit zeigt. Diese ist kei-
Vorweg sei gesagt, dass außer den pu-
blizierten Werken fast kein privates
Schrifttum (Briefe o. ä.) existiert. Ledig-
lich ein kleines Notizheftchen mit Bemer-
kungen, die die Schule betreffen
26
, und ein
handschriftliches zwölf-seitiges Manu-
skript haben sich erhalten. Letzteres stellt
ein Exzerpt der historischen Romanerzäh-
lung „Der Bauernrichter in St. Veit“ von
Wilhelm Feldner mit kritischen Bemer-
kungen dazu dar. Es ist insofern interes-
sant, als die Entstehung dieses Buches, das
1931 in Stuttgart erschien, durch Passlers
Arbeit über den Protestantismus im Defe-
reggental angeregt wurde. Sein Verfasser
war ein Nachkomme der im 17. Jahrhun-
dert aus dem Defereggental emigrierten
Familie Feldner; er wirkte als lutherischer
Pfarrer in Wört bei Ellwangen (Deutsch-
land). Passler lobt an ihm ausdrücklich,
dass es ihm durchwegs gelungen sei, sich
antikatholischer Polemiken zu enthalten;
lediglich dem Lokalkolorit habe er zu
wenig Rechnung getragen. „Defereggen
war und ist“, schreibt Passler auf Seite 11,
neswegs nur als Steckenpferd zu ver-
stehen, sondern entsprach dem damaligen
Anforderungsprofil, verpflichtete doch
die Verleihung des Professorentitels zu
wissenschaftlicher Forschungstätigkeit
25
.
So ist es verständlich, dass Passler schon
in seiner aktiven Zeit einzelne Publikatio-
nen vorlegte; das Gros der Schriften ent-
stammt allerdings der Zeit des Ruhestan-
des, wie aus der am Ende angeführten Pu-
blikationsliste zu ersehen ist.
Im Folgenden soll nun ein Überblick
über dieses Schrifttum geboten werden:
einerseits um es dem Vergessen zu entrei-
ßen, andererseits, um zur „Nachlese“ der
Originale anzuregen. Dabei wollen wir uns
auf die Aufsätze beschränken, die Osttirol
betreffen: sie machen den überwiegenden
Teil seiner Publikationstätigkeit aus.
„ein Tal, das vorwiegend von Kleinbauern
bewohnt wird, die mit den Kreuzern haus-
halten müssen. Wohl sitzen an Sonntagen
zwischen den Messen die Leute im
Wirtshaus; aber nur wenige haben ein
Stamperl Schnaps vor sich, gar nicht zu
reden von Bier oder Wein.“
Seine erste historische, oder besser ge-
sagt volkskundliche Arbeit findet sich in
der Zeitschrift für Österreichische Volks-
kunde von 1897 unter dem Titel „Stern-
singer in St. Jakob in Defereggen“. In die-
ser kleinen Notiz über diesen alten
Brauch zitiert er ein ursprünglich hand-
schriftlich überliefertes Sternsingerlied.
Den Text verdankte er seinem Freund,
dem St. Jakober Lehrer Vinzenz Unter-
kircher, Sohn seines einstigen Volks-
schullehrers
27
. Passler veröffentlichte im