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Nummer 5 – 70. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
malerischen Sinn möglich; die Feder ergibt
vielmehr ein reines „Strichmaterial“ mit
Außen- und Innenkonturen. Eine gewisse
Flächigkeit kann bloß durch Schraffuren er-
reicht werden. Georg Reitter kostet alle
Möglichkeiten der Zeichnung aus, von der
harten Metallfeder über die Rohrfeder bis
zum wesentlich weicher wirkenden Bleistift.
Zum Beispiel gibt die Federzeichnung
„Lienzer Dolomiten“ (1972) die feingliedri-
gen Formen der Gebirgsformation mit
großer Sensibilität wieder.
Technisch aufwändig ist die Herstellung
des Sgraffitos, in dem sich Reitter seit frü-
hester Zeit künstlerisch äußert. Dabei wird
die Wand über einem groben Unterputz mit
weiteren und verschiedenfarbigen dünnen
Putzschichten überzogen. In den Oberputz
wird die Zeichnung des Künstlers eingeritzt
und – solange der Mörtel feucht ist – wer-
den die Schichten flächig oder linear in ver-
schiedener Tiefe abgekratzt, sodass also die
andersfärbigen Schichten entsprechend
zum Vorschein kommen. Auf diese Weise
entsteht ein mehrfarbiges Bild. Reitters
zahlreiche Sgraffiti allein im Bezirk Lienz
weisen eine Entwicklung von der gegen-
ständlichen und noch eher flächigen Dar-
stellung hin zu mehr linearen und symboli-
schen Figuralkompositionen. Überhaupt
zu den frühesten Sgraffiti in Osttirol gehö-
ren jene auf Schloß Bruck (1953/1954), für
das ehemals bäuerliche Gerätemuseum ge-
schaffen. Gegenständlich und sehr linear
wirken die Sgraffiti „St. Georg“ in Assling
(1960) und „Schiläufer“ am Jugendheim am
Zettersfeld (1963). Eine Aussage von Sym-
bolwert und hoher Spiritualität drückt sich
z. B. in den Werken „Sonnengesang des hl.
Franziskus von Assisi“ (1981) und „Die
Schöpfung – Gottes Werk“ bzw. „Kosmos“
(1990) auf Privathäusern in Oberdrum aus.
In der Druckgrafik, derer sich Reitter
hauptsächlich bei Ansichten und der sog. Fa-
miliengraphik bedient, zeigt sich der Holz-
schnitt als besondere Stärke. – Weitab von
einer naturalistischen Ansicht, hebt er das
Wesentliche, Charakteristische mit redu-
zierten Formen hervor, womit ein interes-
santer Kontrast zu den Aquarell-Ansichten
besteht. Die Holzschnitt-Ansichten konzen-
trieren sich auf die Gegenden von Steyr und
Lienz. Zum Beispiel schuf er im Jahr 1958
eine Serie von Holzschnitten mit den Moti-
ven Schloß Bruck, St. Andrä, Hauptplatz mit
Liebburg, Blick auf Iselturm, Angerburg und
Klosterkirche, Lienzer Färbergasse und aus
der Umgebung der Stadt Oberlienz, Ober-
drum, St. Chrysanthen, Blick auf die Stadt.
Es ist für Georg Reitter, der eigentlich in
allen Techniken zu Hause ist, bezeichnend,
wenn er auch relativ neue Techniken wie
die Collage anwendet. Meistens aus farbi-
gem Klebepapier angefertigt, eine an sich
reizvolle Spielerei, die erst seit Beginn des
20. Jahrhunderts von P. Picasso und G.
Braque angewandt worden ist. Das Klebe-
bild ergibt neue, überraschende Effekte und
lässt sich nicht nur bei angestrebten ab-
strakten, sondern auch bei gegenständlich
empfundenen Bildaussagen einsetzen,
wofür „Sonne über dem Bergland“ (1973),
Amaryllis, 1988, Aquarell, 46,5 x 37,5 cm.
Nach
dem
Gewit-
ter bei
Monte-
grotto,
1990,
Aqua-
rell,
22 x
29 cm.
Sonne über dem Bergland, 1973, Collage, 35,5 x 31,5 cm.
Schwarze Vase, 1975, Collage, 45 x 38 cm.