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„Schwarze Vase“ (1975) oder „Hummel-
hof am Abend“ (1980) als ausgezeichnete
Beispiele anzusehen sind.
Verschiedene Techniken der Druck-
grafik wendet Reitter an bei der sog. Fami-
liengraphik, ein Aspekt der Gebrauchs-
kunst, wobei es sich um kleingraphische
Werke wie Weihnachts- und Neujahrs-
Glückwunschkarten, Einladungskarten,
Briefköpfe oder auch Logos für verschie-
dene Veranstaltungen oder Firmen und be-
sonders Exlibris handelt, von der Technik
her hauptsächlich in Holz- und Linolschnitt
ausgeführt. Als Mitglied der Österreichi-
schen Exlibris-Gesellschaft, als siegreicher
Gestalter bei Wettbewerben im Ausland
und durch weitläufige Tauschverbindungen
erreichte Reitter einen internationalen Be-
kanntheitsgrad als Exlibris-Gestalter.
Ein intensiv gepflegter Spezialbereich in
Reitters Schaffen ist unter dem Aspekt des
Kalligrafen, des Schriftkünstlers zu sehen,
der natürlich eng mit der Grafik zu-
sammenhängt und der Gebrauchskunst zu-
geordnet wird. Schrift an sich ist noch nicht
Kunst; die Schrift kann aber zur Kunst wer-
den, wenn über den reinen Zweck der Mit-
teilung hinaus in bewusster Überlegung
eine form-gestalterische Absicht verfolgt
wird und damit zu einer „ausdrucksvollen“
Schrift wird, bei deren Beurteilung ästheti-
sche Grundsätze zur Anwendung kommen.
Hierin wird Reitter besonders ge-
braucht zum Schreiben von Ehrenurkun-
den, Schrifttafeln usw. Große Aufträge
waren z. B. die Schrifterneuerung der zahl-
reichen Namenstafeln für die Gefallenen
am Lienzer Bezirkskriegerdenkmal in
Tongravur (um 1960) oder am Krieger-
denkmal von Oberlienz mit ca. 1.800
Buchstaben in Sgraffito (1963).
Georg Reitters Schaffen ist nicht nur
durch die weite Verbreitung seiner Werke
und durch den hohen Bekanntheitsgrad des
Kunstpädagogen bekannt, sondern auch
durch zahlreiche Ausstellungen. Abgesehen
von Beteiligungen an verschiedenen Expo-
sitionen waren ausschließlich seinem Werk
bzw. wesentlichen Teilen daraus Ausstel-
lungen in Lienz in der Städtischen Galerie
(1965, 1979), in der Sondergalerie des
Museums auf Schloß Bruck (1986), auf
Schloss Lengberg (1990), in der Lienzer
Sparkasse (1999) und auswärts z. B. in Linz
und Steyr gewidmet. – Private und öffent-
liche Ankäufe zeugen von der Wertschätzung
des Künstlers, so wie auch die öffentlichen
Ehrungen: Preis des Landeshauptmannes von
Tirol (1955), Österreichisches Ehrenkreuz für
Wissenschaft und Kunst (1987), Österreichi-
sches Ehrenkreuz für Wissenschaft und
Kunst I. Klasse (1996) usw.
Die hohe Anerkennung von Georg Reit-
ters Kunst ist wohl auch darin begründet,
dass sie vom Pathos ebenso weit entfernt
liegt wie vom Kitsch. Von jeder Durch-
schnittlichkeit, dem Gewohnten oder Tri-
vialen rückt sie weit ab. Damit wird sie
glaubhaft, echt und wahr. – Es bedarf bei
Reitter keiner „stilistischen Einordnung“.
Das Werk aber strömt teils impressive, teils
expressive Wirkung aus; hin und wieder
sind kubistische und abstrakte Annäherun-
gen unter Bedachtnahme auf die ästhetische
Gesamtwirkung im Zusammenspiel von
Kontrast, Rhythmus und Harmonie fassbar.
Eine treffende Kurzcharakterisierung
von Georg Reitters Kunst brachte Hofrat
Dr. Otto Wutzel von der Kulturabteilung
der Oberösterreichischen Landesregie-
rung bei einer Ausstellungseröffnung
(1987), wenn er eine „überzeugende tech-
nische Perfektion, gepaart mit feinsinniger,
humanistisch gefestigter Bildphantasie“
ortete. Man kann den Gedanken fortführen
und feststellen, dass es Dr. Georg Reitters
humanistische Lebenseinstellung und sein
Weltbild insgesamt sind, die sich auch in
seinem künstlerischen Werk widerspiegeln.
Als Kunstpädagoge und selbstständiger
Künstler kann Georg Reitter auf ein inten-
sives und reichhaltiges Wirken zurück-
blicken. Er hat allen Menschen in seiner
Umgebung, sei es durch den Unterricht,
durch die von ihm durchgeführten ver-
schiedenen Kurse, durch seine zahlreichen
Kunstwerke, durch sein kulturelles Enga-
gement insgesamt viel gegeben. Es ist von
Herzen zu wünschen, dass er sein frucht-
bares Schaffen noch lange fortsetzt.
Wenn nicht anders angegeben, befinden sich
die Aufnahmen im Archiv des Künstlers.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
70. Jahrgang – Nummer 5
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Piz-
zinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
Lienzer Hauptplatz mit Liebburg, 1958, Holzschnitt, 22,5 x 29,2 cm.
Exlibris, um 1990, Zinkätzung, 11,5 x 7,9 cm.
Georg Reitter auf einer Wanderung in den
Lienzer Dolomiten; seine Naturverbun-
denheit drückt sich auch im künstlerischen
Werk aus.