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Nummer 3 – 72. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
tallformen werden, erreicht Pedit 1959/60
einen Stil mit leuchtenden Farbbändern in
Rot, Gelb und Blau, mit gelegentlichen
Zwischentönen, der an frühe japanische
Wandmalerei in vielen Einzelformen
erinnern kann…“
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Surreale Erscheinungs-
formen beginnen seine Bildfindung zu be-
stimmen. Farben werden durch Formen in
jene spannende Dimensionalität gebannt, in
der nicht nur dem Maler sondern auch dem
Betrachter zwei Dimensionen beim Erleben
nicht mehr genügen. Das Prinzip der geis-
tigen Intonierung mit den Mitteln der Tech-
nik und der Farbe findet bei Hermann Pedit
schon in jener Zeit seine Anfänge und vol-
lendet sich heute im Übermaß.
Die Maltechnik als Vermittlungsmedium
Neben dem Aquarell und der Zeichnung
gilt vor allem die anspruchsvoll variierte
Technik der Ölmalerei als wichtigstes Stil-
mittel, mit dem der Maler heute Bild-
themen in zum Teil enigmatischer Form
aufarbeitet. Bediente sich Pedit in den
50er- und 60er-Jahren vorwiegend der rei-
nen Ölfarbe in Lasurtechnik aufgetragen,
so wandte er sich in den 70er-Jahren einer
Mischtechnik zu, die sich heute im Prinzip
aus Öl, das ebenfalls lasiert aufgetragen
wird, Harz und Tempera zusammensetzt.
Die Tempera-Untermalung fördert jene
unbeirrten Konturen, die vom Maler mit
Öl wieder zurückgenommen werden.
„Für mich ist der Zufall in der Malerei
nur im begrenzten Maß spannend; meine
Bergthemen, die Landschaften spielen
zwar mit imaginären Topographien, sind
aber doch rational gearbeitet.“
Fest steht nur, dass Hermann Pedit kaum
zufällig „geflossene“ Strukturen in seinen
Werken akzeptiert und seine zugegeben
expressive und emotionelle Art des Malens
einer rationalen Dynamik gleichstellt.
Die Arbeitsgruppe „Synthese“
Das Wien der 1950er- und 60er-Jahre
war im künstlerischen Sinn geprägt von
der Gruppierung rund um die 1954 von
Monsignore Otto Mauer gegründete Gale-
rie St. Stephan, dessen Intention es war,
der österreichischen Avantgarde, die zu
dem Zeitpunkt den Informell-Gedanken
französischer und amerikanischer Vorbil-
der für sich entdeckte, einer breiteren Öf-
fentlichkeit näher zu bringen. Deren Ex-
ponenten, wie Arnulf Rainer, Josef Mikl,
Markus Prachensky oder Wolfgang Hol-
legha, formierten sich 1956 wiederum zur
Gruppe St. Stephan und bestimmten
maßgeblich den österreichischen Kunst-
betrieb. Eine Gegenströmung zu initiieren
war bestimmt nicht die leichteste Übung,
sie fand aber trotzdem ihre Interessens-
vertreter. Ebenfalls 1956 formierte sich in
Osttirol eine der Moderne angelehnte
Gruppe zum „Akademischen Künstler-
bund Osttirol“, deren anfängliche Haupt-
initiatoren Franz Walchegger und Josef
Manfreda die Spaltung vom bereits instal-
lierten „Osttiroler Künstlerring“ antrieben.
Die Arbeiten der späteren Mitglieder, zu
denen neben Hermann Pedit u. a. Oswald
Kollreider, Adrian Egger und Leopold
Ganzer zählten, wurden in Lienz und, wie
bereits erwähnt, im Tiroler Kunstpavillon
vorgestellt. Im Jahr 1958 beschlossen Tilo
Baumgartner, Hermann Pedit und der
Wiener Maler Heimo Schrittwieser die
Gründung der Galerie „Synthese“ in
Wien im ersten Bezirk am Graben
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, die
sich auch für Künstlerkollegen wie
Adrian Egger, Franz Walchegger, Norbert
Drexel oder Hilde Goldschmidt, um nur
einige wenige anzuführen, als repräsenta-
tive Ausstellungslokation erwies. Unter
anderem betonte eine medial ausgetragene
Diskussion zwischen Otto Mauer, Arnulf
Rainer versus Hermann Pedit und Heimo
Schrittwieser den ernstzunehmenden
Stellenwert dieser Galerie. In den Jahren
danach unterstrichen einige in Wien
lebende Maler und Graphiker ihre Kons-
tellation mit der Errichtung einer Arbeits-
gruppe gleichen Namens.
„Was wir wollten war eine Gruppie-
rung, die sich um eine Synthese der Klas-
sischen Moderne und der malerischen
Tradition bemüht. Natürlich war es eine
Utopie, aber auch eine Triebfeder, jene
Synthese zu finden, die die autonome Qua-
lität eines Bildes hervorhebt und den
kunsthistorischen Zusammenhang unbe-
rücksichtigt lässt…“
Aus dieser Motivationsidee heraus, die im
Grunde genommen versucht, dem aktuellen
Zeitgeist seine parallele Wertigkeit zu
geben, ohne den Charakter der Gegenläu-
figkeit einzunehmen, entstand eine Vielzahl
von Arbeiten, die bis heute den Betrachter
spannungsgeladen einnehmen. Mitte der
60er-Jahre zeichnete sich für Pedit eine wei-
tere Wende in seinem Leben ab, die seine
kunstszenischen Aktivitäten einschränken
sollte – aus familiären Gründen entschied er
sich zur Übernahme des elterlichen Kunst-
schlossereibetriebes in Lienz und verlagerte
damit den primären Zeitaufwand in dessen
Fortbestand. Die Galerie in Wien wurde aus
zeitlich-organisatorischen Beweggründen
und räumlichen Distanzen von den Grün-
dungsmitgliedern einem Fotokünstler
übergeben, der sie noch einige Jahre bis zu
seinem Tod erfolgreich weiterführte.
Der Kunstbetrieb in Osttirol gestaltete
sich relativ verhalten, auch wenn durch die
engagierte Initiative der Osttiroler Künst-
lerschaft und des Kulturreferats die
Gründung der „Städtischen Galerie“ in
Lienz, die im Juni 1964 mit einer Retros-
pektive „50 Jahre Malerei in Osttirol“
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er-
öffnet wurde, den Kunstschaffenden eine
interessante Plattform ermöglichte. Das
kunstorientierte Vereinswesen aber verlor
in Osttirol an Bedeutung und verlagerte
sich nach Wien oder zur Tiroler Künstler-
schaft. Es stellt sich dem Außenstehenden
natürlich die Frage, warum Hermann Pedit
trotz des künstlerischen Anfangserfolges
1978: „Landschaft“, 37 x 52 cm, Aquarell auf Papier.
1981: „Landschaftsmetamorphose“, 35 x 50 cm, Öl auf Platte.
1999: Eine Porträtstudie aus dem 62-
teiligen Zyklus „Nacht der Seele“, 80 x 60
cm, Mischtechnik auf Platte.