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OSTTIROLER
NUMMER 11/2005
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HEIMATBLÄTTER
erfährt man auch den tieferen Grund,
warum nun so vehement auf der Durchset-
zung des Haller Salzes bestanden wird:
„Wie nun aber in Gegenwart, da der aus-
wertige Verschleiß des Hall Ihnthallischen
Salzes so ser abzunemben beginnt, den Salz
regali durch den ferneren Gebrauch des
bayrischen“
– zu ergänzen wäre „und salz-
burgischen“ –
„Salzes ein empfindlicher den
Zolls Ertrag weit übersteigenden Nachtheill
zuewachsen werde; als befelchen Wür
Euch nochmahls hiemit so gnädig als ernst-
lich, dass ... in folg widerholter Resolution
vom 5ten July zur Abnehmung des Hall Ihn-
thallischen Salzes mit Ernst“
gemahnt
werde. Weiters wird ein Bericht über den
Zollertrag bei Einfuhr ausländischen Salzes
in den drei Unterinntaler Gerichten und in
der Herrschaft Lienz in den letzten sechs
Jahren verlangt. – Der deutliche Rückgang
des Absatzes des Tiroler Salzes aus Hall und
der damit verbundene Verlust für den Kai-
serstaat hatte also zu rigorosen Maßnahmen
von Seiten der Obrigkeit geführt!
Ein neuerliches Schreiben der Hofkam-
mer in Wien an die Kammer in Innsbruck
ist mit 20. November 1756 datiert
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, in
dem es u. a. heißt, es sei
„... auf dem Ver-
both der frembden Salz Einfuehr in die
drey Gerichter Ratenberg, Kueffstain und
Kitzbichl, auch die Herrschaft Lienz unab-
weichlich zu beharren“.
Anweisungen allein genügten also nicht.
Nun greift die Regierung zu einem ande-
ren Mittel: Aus dem Stadt- und Land-
gericht Lienz werden vier Deputierte nach
Innsbruck beordert, wo mit hohen Beam-
ten von Regierung und Kammer im Bei-
sein des Salz- und Münzdirektors in Hall
am 17. Februar 1757 ein
„Contract“
aus-
gehandelt wird, wobei allerdings aus-
schließlich die obrigkeitlichen Vorstellun-
gen zum Tragen kommen:
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Rückwirkend mit Jahresbeginn 1757 wird
im Stadt- und Landgericht Lienz für den täg-
lichen Gebrauch und als Viehsalz oder wie
auch immer es bezeichnet werde, für die Ge-
genwart und auch noch für die Nachkommen
auf das ausländische Salz verzichtet, außer
es werde von Seiten der Obrigkeit eine
„Dis-
pens“
erteilt. Man verpflichtet sich, das tiro-
lisch-landesfürstliche Salz zu gebrauchen. In
Anbetracht des weiten Lieferweges von Hall
in die Herrschaft Lienz wird pro Fuder Salz
in üblichem Maß und Gewicht ab dem
Pfannhaus ein Preis von 4 fl. 12 kr. verein-
bart. Dieses vergünstigte Salz durfte aber
ausdrücklich nicht in den Gerichten westlich
der Lienzer Klause verkauft werden, wo das
Haller Salz zu einem höheren Preis erworben
werden musste. Vertraglich festgelegt wird
auch gleich die abzunehmende Salzmenge,
wobei hier ausdrücklich nur das Stadt- und
Landgericht Lienz aufscheinen, also ohne
die Zugerichte Lienzer Klause, Kals, Virgen
und Defereggen. Stadt- und Landgericht
sollten 1.200 Fuder Haller Salz übernehmen.
Allerdings würde sich der effektive Ver-
brauch gegenüber dem angenommenen erst
herausstellen. – Wenn unter „Fuder“ das
sogenante kleine Fuder zu umgerechnet
44,34 kg zu verstehen ist, wie es um 1760 als
Haller Salzmaß üblich war, dann hätte die zu
übernehmende Salzmenge 53.208 kg oder
etwas über 53 Tonnen ausgemacht. Sollten
aber die großen Fuder, mit einer anderen
Bezeichnung „Saum“, zu umgerechnet je
168,01 kg gemeint gewesen sein, dann hätte
die Gesamtsumme des abzunehmenden
Salzes rund 201 Tonnen ausgemacht.
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Über die näheren Umstände, wie der zwar
noch nicht unterzeichnete Vertrag zustande
gekommen ist, informiert das Schreiben
„samentlicher Gemaindn des Statt- und
Landtgericht Lienz“
vom 7. Juni 1757, ge-
richtet an die Obristin des Königlichen Da-
menstiftes in Hall als Inhaberin der Herr-
schaft Lienz.
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Die Gemeinden fühlten sich
gedrängt, die
„einzige Zueflucht“
zur
Obristin zu nehmen und
„hochdieselbe in
Unterthenigkheit zuerbiten“,
dass sie als
Gerichtsinhaberin zwischen ihnen und der
Kammer in Innsbruck vermittle. Bei der
dort im Feber zusammengetretenen Kom-
mission sei den Deputierten der Herrschaft
Lienz eine
„Contracts Copia“
vorgelegt
worden, die zu unterzeichnen ihr Auftrag
allerdings nicht ausreichte. Bei der Frage
nach der abzunehmenden Menge Salzes
hätten sie auf ihre Vorstellungen und Bitten
hin kein Gehör gefunden; dagegen sei die
Drohung ausgesprochen worden, eine Salz-
niederlage zu errichten und die anfallenden
Unkosten dem Salzpreis aufzuschlagen!
Die Obristin setzt sich für ihre Herrschaft
ein und richtet ein ausführliches Schreiben
an die Kammer in Innsbruck.
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Darin ver-
weist sie auf das von den Görzer Grafen her-
rührende Privileg der Salzeinfuhr aus dem
Salzburgischen. Sie befasst sich mit einzel-
nen Punkten des Vertrags und versucht z. B.
hinsichtlich des Preises oder der zu großen
abzunehmenden Menge eine Linderung zu
erreichen. Am Schluss bittet sie, ihre
„Mo-
tiva“
zu beherzigen und mit zu berücksich-
tigen, dass hier die Bevölkerung mehr als in
anderen Gerichten Tirols unter
„gresseren
Beschwernussen“
zu leiden habe, wie unter
Truppendurchmärschen, unter dem Freistift-
recht, schlechten Wegverhältnissen und na-
hezu jährlichen Überschwemmungen durch
die Wildbäche. – Von einer Antwort, ge-
schweige von einer Berücksichtigung der
Wünsche der Obristin ist nichts bekannt.
Auf ein weiteres, im Wortlaut nicht be-
kanntes Schreiben der Obristin, die Zuge-
richte der Herrschaft Lienz, Kals, Virgen,
Defereggen betreffend, antwortet
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die OÖ.
Kammer mit 19. November 1759, dass in
dem
„Contract“
– der inzwischen also un-
terzeichnet worden ist – die Zugerichte der
Herrschaft Lienz zwar nicht genannt seien,
was jedoch nicht bedeute, dass sie von der
Abnahme des Haller Salzes dispensiert
Franz A. von Waldauf, „Manipulation in den neuen Stoß Hauße“.
Franz A. von Waldauf, „Das inwendige des Salz Factorey Stadl, allwo in den unteren
Boden 4422 und in den oberen 5749 Kontrahenten Fässer aufbewahrt werden können.“