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OSTTIROLER
NUMMER 12/2005
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HEIMATBLÄTTER
erhielt er auch den „Förderpreis für Bil-
dende Kunst des Landes Kärnten“ zum
Thema „Grenzgänger“. Interessant ist
nun die weitere Laufbahn des Kunstschaf-
fenden, die neben dem vollständigen Aus-
leben eines vorab schon intellektuell indu-
zierten Kunstwollens auch eine weniger
offenkundige, aber jede seiner Projekte
ideologisch begleitende Richtung mitführt.
„Es ist für mich von großer Bedeutung,
die verschiedensten Zugänge einer entstan-
denen Problematik zu durchleuchten, sie zu
analysieren. Ich will die Motivation der-
jenigen verstehen, die durch ihr Handeln
nicht mit den allgemein ethisch vertret-
baren Denkprozessen konform gehen ...“
Als wichtigen Schritt bei der Suche nach
Antworten bezeichnet Peter Raneburger
auch sein 2005 abgeschlossenes Studium
der Philosophie an der Theologischen Fa-
kultät der Universität Innsbruck. Im Mit-
telpunkt seiner Magisterarbeit steht die
philosophische Aufarbeitung des Begriffs
„Person“. Zum einen stellt die theoretische
Zuordenbarkeit von Wesenscharakteri-
stika und Ausformungen von Verhaltens-
mustern von „Personen“ einen fundamen-
talen Erkenntniskomplex dar, zum anderen
bringt der Kunstschaffende Raneburger
gerade die Ergebnisse dieser Analyse in
seine künstlerische Arbeit mit ein bzw. be-
gründet darauf seine Bildkonzepte. „Die
Person ist immer schon vergemeinschaftet,
hat immer schon Umwelt; der kommuni-
kative Bezug ist ihr mit ihrem Dasein vor-
gegeben als Möglichkeit des Daseins, das
aus der Beziehung zur Welt Sinn empfängt
…“
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, lautet eine skizzierende grundbegriff-
liche Beschreibung. Wie sich Menschen
und ihre Persönlichkeit in einem bestimm-
ten Zeitgefüge einordnen müssen, will
auch der Künstler sich selbst und seinen
Arbeiten die Zeit zur Verfügung stellen,
die schlussendlich zum Ergebnis führt,
nämlich Aussagekraft zu besitzen. Die
Thematik des sich verändernden Men-
schen, seiner Person, zieht sich faktisch
durch seinen Bearbeitungsprozess. Den
Personen in Raneburgers Bildern adjustiert
man anfängliche Unscheinbarkeit, die erst
durch des Künstlers Interagieren aus ihrer
schwarzweißen Unauffälligkeit treten. In
der Absicht des Kunstschaffenden steht
dezidiert das Bedürfnis, durch den Akt der
Malerei die Manipulationen, Eingriffe in
die Rechte der individuellen Persönlich-
keit, selbstverständliche Misshandlungen
und Entwürdigungen von Menschen näher
zu bringen. In Folge beabsichtigt Peter
Raneburger als weiterführende Herausfor-
derung in seiner begonnenen Dissertation,
das eng mit dem Begriff „Person“ zu
sehende Thema „Würde“ aufzuarbeiten.
Die Wechselwirkung von Bild und
Schriftlichkeit
2000 erschien gemeinsam mit den per-
sönlichen Aufzeichnungen der Bilder-
zyklus „Heiligenbilder / Tagebuch II“.
„Der Titel eines Werkes allein ist für den
Betrachter nicht immer aufschlussreich.
Meine veröffentlichten Tagebuchaufzeich-
nungen sollen dem Betrachter meiner
Arbeiten als Hilfestellung bzw. als Hinfüh-
rung zum Thema dienen; sie gehören sozu-
sagen dazu.“
Aus dem „Tagebuch II“: „Das Konzept
der Ausstellung beruht auf Reflexionen
oder Reaktionen auf gesellschaftspoliti-
sche Vorgänge unter Einbeziehung orts-
spezifischer Komponenten – Einzelperso-
nen/Einzelsymbole – nominiert oder
anonym – stehen gleichsam als Sinnbilder
menschlichen Tuns aus Überzeugung –
Überzeugung nicht im Sinne eines Grup-
penkontextes, sondern im Sinne des spezi-
fischen Individuums...“
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Peter Raneburger
stellt sich mit aller Konsequenz den Tabu-
themen unserer Gesellschaft – er formu-
liert das malerische Näherbringen bis an
unsere eigenen Grenzen der Akzeptanz.
Wie tolerant oder ignorant sind wir
Betrachter nun wirklich? Die tatsächliche
Auseinandersetzung ohne verpflichtender
Akzeptanz des Gesehenen eröffnet uns Be-
trachtern ein interessantes Spektrum der
geistigen Höhen und Tiefen. Der Künstler
will keine plakativen Bildsujets schaffen,
um als provokante Hauptattraktion zu
enden. Er zeigt nur auf, was Fakt ist – Tat-
Aus der umfangreichen Bilderserie „Kranke Köpfe“ von 2001-2002: Trockenfarbe auf
Papier, laviert, jeweils 100 x 70 cm.
Überarbeiteter Text mit dem Titel „her-
bergsuche/wir räumen auf“ von 1998, 25
x 20 cm, Wachskreide, Trockenfarbe auf
Papier, veröffentlicht im „Tagebuch I –
eine Dreierbeziehung“ zum Thema Grup-
pen.
Foto: Privat
Eine Arbeit von 1998: Aus der Serie
„corpe morbidi“, XCVI/98, 125 x 91 cm,
Trockenfarbe und Kohle auf Papier, mit
Pinselwasser laviert.