Seite 1 - H_2005_12

Basic HTML-Version

Immer wieder be-
gegnen wir Men-
schen, die durch ihr
Wesen, ihre charak-
terspezifische Artiku-
lation, ihr Argumen-
tationsverhalten, ihr
Talent und bestimmt
auch durch ihr Han-
deln jene Furchen in
unserer Gedanken-
welt hinterlassen, die
entweder noch tiefer
gegraben
werden
wollen oder nach
Einebnung verlangen.
Die Bewertung des
Eindrucks folgt im
Anschluss an die
Wahrnehmung des-
selben und reicht nun
von
emotionalen
Höhenflügen über ra-
tionales Abtastenwol-
len bis hin zur Ver-
weigerung eines wei-
teren Diskurses.
Jede Form der Ka-
tegorisierung, im un-
auffälligen Alltagsge-
schehen genauso wie im positionierten
Kunstleben, fordert zuerst die Auseinan-
dersetzung mit dem Gegenüber, dem Men-
schen, seinem Handeln und seinem Pro-
dukt.
Wenn Peter Raneburger in seinem ver-
öffentlichten Tagebuch vermerkt „kann es
nicht glauben, dass ich gehemmt und ver-
stockt im Hirn war – kleinkariertes Denken
prägte mein Sein – rauf auf den Berg und
erkenne, wie unwesentlich das Einzelne ist
– ich könnte nicht leben ohne Spuren zu
hinterlassen – meine Spur ist das Bild“
1
,
dann ist dieser kurze Auszug nicht nur ein
Indiz dafür, hier einem Kunstschaffenden
mit einem selbstbewusst differenzierenden
Wertigkeitsgefüge zu begegnen.
Peter Raneburger wurde am 2. Oktober
1967 in Zell am Ziller geboren. Noch vor
seiner Schulzeit übersiedelte die Familie
nach Matrei in Osttirol, wo er bis heute mit
seiner Frau Eva und den beiden Töchtern
Miriam und Josephin lebt und arbeitet.
Überhaupt bedeutet ihm das Leben in der
scheinbaren Zurückgezogenheit, der Ab-
stand zu jeder größeren Stadt ein vieles
Mehr an Konzentration auf das essenziell
Wesentliche in seiner Arbeit.
„Manche würden meinen die Strukturen
einer engen sozialen Gemeinschaft engen
auch den Geist ein, aber in Wirklichkeit
erhalte ich gerade in diesem unspektakulä-
ren Umfeld jene Freiheit, Raum für Kon-
zepte und deren Umsetzung zu schaffen.“
2
Frühe Erfahrungen
im Ausstellungs-
betrieb und die
Philosophie als
Wegbereiter für
seine heutige Arbeit
Die
provokante
Auseinandersetzung
und das Abwägen der
eigenen Möglich-
keiten, vor allem der
zu erwartenden Gren-
zen waren für Peter
Raneburger schon
sehr früh Teil seines
Lebens, ein Abwägen
mit fallweise aktio-
nistischem Charakter.
In dem Sinn entwi-
ckelte sich allmählich
auch das Interesse,
seine
Gedanken,
seine Wertvorstellun-
gen und seine Stim-
mungslagen
mit
künstlerischen Stil-
mitteln zu formulie-
ren. Man möchte ver-
muten, dass eine hin-
führende Ausbildung
am nächsten lag, aber Raneburger ent-
schied sich für die Absolvierung der HTL
in Villach. Während dieser Zeit festigte
sich u. a. der prosperierende Kontakt mit
dem heute in Wien lebenden und imArchi-
tekturbereich tätigen Virgener Gundolf
Leitner.
Bereits 1989 stellte er unter dem
Pseudonym „Regrubenar“ in der Städti-
schen Galerie Lienz aus, weitere Ausstel-
lungen folgten in der Auferstehungskirche
in Neu-Rum bei Innsbruck, 1990 in der
Kufsteiner Inngalerie, 1991 Präsentationen
in der Innsbrucker Galerie imAndechshof
und in der Museumsgalerie in Tarrenz.
1993 organisierte die Innsbrucker Galerie
Maier eine Schau, und in demselben Jahr
NUMMER 12/2005
73. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Eleonora Bliem-Scolari
Peter Raneburger: Die Bildfindung als
analytisch konzeptuelle Herausforderung
Peter Raneburger mit seinen neuesten Arbeiten in seinem Matreier Atelier. Im Hin-
tergrund Mitte „post mortem XIII“, 68 x 57 cm, 2005 und rechts „post mortem X“,
100 x 60 cm, 2004, beide Blätter Öl auf Papier, laviert.