Seite 5 - H_2011_01-02

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Der „Turm der Kultur“ beeindruckt mit
seinen 80 Metern nicht durch die Höhe. Es
ist jene für Abraham typische archaisch-
sakrale Formensprache, die den Bau von
der üblich gerasterten Wolkenkratzer-
umgebung in Midtown Manhattan abhe-
ben lässt. Drei Elemente geben dem Ge-
bäude seine Struktur: der Stiegenturm als
„Wirbelsäule“,
der
„Stützturm“
als zen-
traler Kern und die Fassade als
„Maske“.
Die Fassade, schräg zurückfallend und
nach obenhin vorgestuft, ist differenziert
gegliedert in Alu und Glasflächen und
zeigt gleichzeitig ein klares und streng
symmetrisches Ordnungskonzept, aufge-
fädelt an ein vertikales Band, das die ein-
zelnen Geschoße optisch zusammenfasst.
Dieser Eindruck des Zusammenfassens
entsteht auch im Inneren. Hier bilden die
öffentlichen Bereiche des österreichi-
schen Kulturforums einen einzigen flie-
ßenden Raum über mehrere Etagen. Die
Rahmenbedingungen für den Bau gestal-
teten sich sehr schwierig. Die geforderte
Exaktheit stellte eine große Herausforde-
rung dar, es kam zu Bauverzögerungen
und zur Verdreifachung der Baukosten, ge-
folgt von weitläufig bekannten medial
transportieren Unmutsäußerungen. Und
dennoch: Was bleibt, ist ein kulturelles
Schöpfungswerk, das im
Wall Paper City
Guide
zu den fünf wichtigsten architekto-
nischen Sehenswürdigkeiten in NewYork
City gezählt wird und Architekturliebhaber
aus aller Welt anlockt.
„Seit 1959 wurde
kein einziges erstklassiges Gebäude in die-
ser Stadt errichtet. Es wurde zwar enorm
viel gebaut, aber seit Mies van der Rohes
Seagram Building und Frank Lloyd
Wrights Guggenheim Museum ist nichts
mehr von so hoher Qualität gebaut wor-
den“,
äußert sich der profilierte amerika-
nische Architekturpublizist Kenneth
Frampton zum Bau von Raimund Abra-
ham.
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Auch Peter Eisenmann, Architekt
von internationalem Rang, betrachtet den
Bau von Abraham in New York als ein
Wunder:
„Dass die österreichische Regie-
rung ihn beauftragt hat, dieses kleine
Grundstück zu bebauen, ist erstaunlich. Es
ist ein Glücksfall, absolut genial für Öster-
reich. Ganz zu schweigen von Raimund;
der kann jetzt – nach all den Kämpfen –
mit einem gewissen Stolz sagen: er hat in
New York gebaut.“
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Vergleichbar wie
Lyrik als Textform das erbauliche Gegen-
stück zur Betriebsanleitung eines Geräts
sein kann, sind Raimund Abrahams mate-
rialisierte und in Form gebrachte Archi-
tekturideen die geistvolle Bereicherung zu
den verbreiteten baulichen Funktionsbe-
OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2011
5
HEIMATBLÄTTER
Ein großzügiger Luftraum hinter der Eingangsfront, Hypo-Haus Lienz.
Das Hypo-Haus am Lienzer Hauptplatz.
Fotos: Andrea Kollnig
Ein Anziehungspunkt für Architekturliebhaber aus aller Welt: das Österreichische Kultur-
institut in New York, 11 East 52nd Street, 1992 – 2002, Modell und Ausführung.