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dr. gerlinde und dr. hans stocker-waldhuber.
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Dorfleben – Menschen
Virger
Zeitung
keinesfalls angesprochen werden.
Frauen und Männer, die solches
wagten, wie ich Jahre später erfuhr,
traf die ganze Härte der Regieren-
den. Der Krieg und das ganze Hit-
lertum wurde uns erklärt, sei Strafe
Gottes für angebliche sittliche Ver-
wahrlosung und religiöse Gleich-
gültigkeit. Verständlich, dass in die-
sem Zusammenhang die Wunsch-
vorstellung gefördert wurde, dass
in den kinderreichen Familien
eines der Kinder dem kirchlichem
Dienst zur Verfügung gestellt wer-
den möge. So sagte man auch
mir – für die Arbeit in der Land-
wirtschaft sei ich eh nicht zu ge-
brauchen – ich solle doch „Pfarrer
studieren“.
So vorbereitet kam ich also 1947
ins Paulinum in Schwaz, Gymna-
sium und kirchlich geführtes
Internat. Dem damaligen Wissens-
stand entsprechend wurde beson-
ders Wert auf Gehorsam und Ein-
ordnung in einen religiös struktu-
rierten Tagesablauf gelegt. Das Ziel
sollte ein „edler“ Mensch mit Her-
zensbildung sein. So war z. B. Fuß-
ballspielen wegen seines vermeint-
lich „verrohenden“ Charakters ver-
boten. In schulischer Hinsicht
bewegte ich mich auf einem mittel-
mäßigen Niveau. Das Gymnasium
habe ich dann nach der 7. Klasse,
ohne Matura, verlassen, was mir
später noch leid tun sollte. Ich
meinte, auf diese Weise eher „auf
dem rechten Weg“ zu bleiben.
1954 trat ich der englischen Missi-
onsgesellschaft „St. Josefs Missio-
nare von Mill Hill“ bei und kam
wegen des Theologiestudiums
nach London. Es war eine Zeit
Redaktionsleiterin Kathrin Hauser
hat die beiden besucht und sie ein-
geladen, für die Virger Zeitung in
eigenen Worten von ihrem Le-
bensweg zu erzählen.
hans:
Am 11. Mai 1936 wurde ich als
Ältester von acht Geschwistern in
Assling auf einem Bauernhof ge-
boren. Meine ersten Erinnerungen
Zwei bewegte
lebensgeschichten
VIRGER LEBENSBILDER
dr. gerlinde stocker-waldhuber und dr. hans sto-
cker-waldhuber – zwei bewegte lebensgeschich-
ten, die mit der kindheit in den wirren des Zweiten
weltkrieges begannen und die miteinander schließ-
lich in Virgen ein Zuhause und heimat gefunden
haben.
an die Kindheit beginnen mit der
düsteren Kriegszeit. Man sagte mir
öfters, ich sei pflegeleicht gewesen
und sehr folgsam. Das Umfeld in
Familie und Gemeinde war ge-
prägt von einer doch recht restrik-
tiven moralisierenden Religiosität.
Predigt und Religionsunterricht
durften nur in kirchlichen Räu-
men gehalten werden und das kri-
minelle Potential des NS-Regimes