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März 2013
Slawische Flurnamen in Tristach
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gestört, so wie in der „reißenden“ Drau.
Für Fische sind die „Lauen“ das ideale
Laichgebiet, ihr Wasser ist nicht so kalt
wie das aus Quellen oder in gewöhnli-
chen Bächen oder Flüssen (siehe unten
Isel, „die kalte“). Für den Flußkrebs ist
das klare, langsam fließende Wasser le-
bensnotwendig; der Europäische Fluss-
krebs oder Edelkrebs,
Astacus astacus
,
ist hier leider ausgestorben.
Die „Lauen“ in ihrem natürlichen
Zustand sind besonders wertvolle Le-
bensräume, sozusagen Kleinodien in
der Landschaft. Sie sind sehr gefährdet.
Mit den heutigen technischen Mitteln
sind sie im Nu in Betonrohre gezwängt
– und wieder ist ein Stück Natur für
den Fortschritt „melioriert“. In Tristach
gibt es keine „Lauen“ mehr, sie wurden
vom letzten großen Hochwasser 1965
verlegt. In Lavant sammeln sich Frau-
enbach, Tiefenbach, Auerlingsbach
und Haslerbach, die in Lienzer Dolomi-
ten entspringen, in der „Laue“ („Grei-
ter Laue“, laut Österreichische Karte
1:25.000V/Lienz), diese mündet auf
Nikolsdorfer Gebiet in die Drau. Im
Bereich von Dölsach und Nikolsdorf
bestehen noch die „Große Laue“, die
„Klingenlaue“ und die „Auenlaue“ (laut
Baubezirksamt Lienz, Fachbereich Was-
serwirtschaft – siehe Luftbild - Abb. 3).
„Laue“ ist ein
uralter Gewässername
Der Begriff „Laue“ ist in Lauenburg,
einer Stadt an der Elbe südöstlich von
Hamburg, überliefert. Der Name leitet
sich von slawisch
lawe
(tschechisch
labe
) ab.
6)
Die Elbe ist die „Weiße“, von
indoeuropäisch *
albhos
, *
albh
„weiß,
hell“, verwandt mit lateinisch
albus
„weiß“. Die Griechen, Kelten und Römer
nannten den Strom
Albis
, die Germa-
nen
Albia
.
7)
Der Flußname Lavant (in Kärn-
ten) stammt von indoeuropäisch *
alb-
hant-
„die Weißglänzende, Weißenbach“
(im Gegensatz zu trüb/dunkel), über
frühslowenisch *
lab
ă
nta
zu deutsch
(Mundart)
láfant
, slowenisch
Labotnika
,
mundartlich
Lábota
. Urkundlich 860
ad Labanta
, 888
Lauenta
.
8)
- Auch der
Ortsname Lavant wird vom indoeuropä-
ischen *
alphant
- stammen – von den
„weißen“ Bächen aus den Dolomiten.
Im „Atlas Tyrolensis“ steht
Lavent
, in
alten Urkunden
Lauant
,
Lewant
, auch
Labant
geschrieben,
9)
amtlich zu
La-
vant
verstümmelt, wird aber
Lauant
ge-
sprochen (
plebanus de Lavant
„Pfarrer
von Lavant“, 1197 - im Jahr 1296 wird
Tristach als Sitz der Pfarre angegeben,
Stolz 1939 -
Lawant
, Urbar der Grafen
von Görz, 1299).
10)
Nebenbei bemerkt: Die „indoger-
manische Grundsprache“ soll um die
Mitte des 3. Jahrtausends vor Christus
gesprochen worden sein, von Ceylon bis
Island (die „Urheimat“ ist umstritten,
Kleinasien?). Daraus entstanden das
Baltische, Germanische, Griechische,
Hethitische, Indische, Keltische, La-
teinische, Slavische und einige andere
Sprachen. Vergleicht man diese Spra-
chen, so ergibt sich das Indogermani-
sche, in „außerdeutscher“ Fachsprache
„das Indoeuropäische“ - das klingt neu-
tral. Genauso gut könnte man „das In-
dokeltische“ sagen, vom indischen zum
europäischen „Halbkontinent“ reichend.
Für unsere ältesten Vorfahren im
heutigen Kärnten und Osttirol war die
Drau der „Fluss“ schlechthin, von indo-
europäisch *
drouos
, lateinisch
Dravus
(
Ambidravi
hießen bei den Römern die
Siedler beidseits der Drau), im Deut-
schen alt/mundartlich
Traa
,
Trage
-
trô-
ge
für Osttirol.
11)
Im Gewässernamen
Isel (urkundlich 1065
Isala regio
„Ge-
gend oder Tal Isel“) steckt der indoeu-
ropäische Begriff
i(dh)s
„kalt“ - eine
treffende Bezeichnung: sie wird von
„eiskalten“ Gletschern der Hohen Tauern
gespeist. Nebenbei bemerkt: Wenn im
Sommer durch Sonnenenergie das Eis
schmilzt oder starker Regen auf Glet-
scher fällt, schwellen die Isel und ihre
Zuflüsse mächtig an. Ihr an sich klares
Wasser färbt sich milchigtrüb. Die Ur-
sache für die „Gletschermilch“ ist der
Schwebstoff, der vom feinst zermahle-
nen Schutt (Gesteinsmehl) unter dem
Gletscher stammt.
12)
Perlössling
(Feldflur südlich der Pfarrkirche –
urkundlich 1050/65, Kirche mit
großer Sicherheit älter, laut Dehio Tirol).
Diese Benennung stammt wohl
vom altslowenischen Flurnamen
Prelös-
je
(
Prelesje, Perlesje
). Die Bedeutung
ist „Felder am Waldrand, auch Bereich,
wo Brennholz/Klaubholz gesammelt
und gelagert wurde“ -
per-lesje
oder
pri-lesje
, in der Mundart auch
par-lesje
,
heißt übersetzt „beim Wald/Holz“, von
slowenisch
les
„Wald, Holz“ (
Bizjak
);
vergleiche Lesachtal in Kärnten und in
Kals, von slawisch (
pri
)
l
ě
sach
(
u
) „bei
den Waldbewohnern“, Einwohnername
zu slawisch
les
(
u
) „Wald“.
13)
In Slowenien sind viele Familienna-
men aus diesem Flurnamen entstanden,
wie Perlesnik oder Prelesnik, in Kärnten
Perlessnig oder Prelessnig (
Bizjak
).
Wetschete
(südöstlich vom Raika-Gebäude - frü-
her ein nasses Feld, schon
längst trockengelegt)
Die slowenischen Flurnamen
Bačetje
,
Bače
,
Bačje
,
Bača
bedeu-
ten immer etwas Nasses: nasses oder
sumpfiges Gelände (Feld), kleines Wei-
degebiet am Bach oder Fluß, nasses
Feld in der Talebene, Auwald - Das
slowenische „b“ wird im Deutschen
oft als „w“, „v“ oder „f“ ausgesprochen.
Auf der Südseite der Julischen Alpen in
der Nähe von
Tolmin
gibt es dreimal
den Flurnamen
Bača
„kleine Weide am
Bach“. (
Bizjak
).
Vergleiche den slowenischen Na-
men
Bače
für Faak,
Bače ob Baškem
jezeru
= Faak am Faakersee: „nasse
Gegend beim See, Feuchtgebiet in der
Umgebung des See“. Aus dem sloweni-
schen „b“ wurde also „f“: Friesach, slo-
wenisch
Breže
„am (Berg)hang“; Froß-
nitz/Matrei, urkundlich 1518
Brosnitz
,
von slowenisch
brezno
„Abgrund mit
steilen Hängen, Schlucht“ (
Bizjak
) - der
langgestreckte Eingang ins Froßnitztal
mit steilen grasigen Flanken stützt die-
se Erklärung. Apropos: Den Flurnamen
Wetschete
, ursprünglich
Betschete
,
gibt es auch in Thurn (zwischen Feucht-
gebieten). Eine Ortschaft Wetschenbach
gehört zur Gemeinde Krems in Kärnten.
Guslitze
(ein kleiner Bereich - Wegstück -
südlich der Kirche)
Der Begriff lautete wohl ursprüng-
lich
Koslitze
(
Kouslitze
). So heißen im
alpinen Slowenien kleine Ziegenweiden
- ehemalige Wiesen, mit Gebüsch zuge-
wachsen und für Rinder nicht gut ge-
nug. Der Name stammt von slowenisch