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Slawische Flurnamen in Tristach
März 2013
für die halbkreisförmige Flußschlinge
der Drau, die der „Atlas Tyrolensis“ von
Peter Anich und Blasius Hueber aus
dem Jahr 1774 dort verzeichnet (siehe
Ausschnitt – Anich und Hueber erreich-
ten durch die für ihre Zeit fortschritt-
liche Vermessungstechnik eine hohe
Genauigkeit; dieser „Atlas“ war die
exakteste Karte Europas des 18. Jh.).
Der flache Talboden setzte sich flußauf-
wärts fort. Zwischen Lengberg und der
Wacht ist in einer Militärkarte aus dem
Jahr 1823 eine Schlinge dargestellt. Im
„Atlas“ sind unterhalb von Tristach die
Flussarme und Auen der Drau gerade-
zu künstlerisch gestaltet (kein Fluß im
„Atlas“ des alten Tirol erfuhr ein solches
Abbild - siehe Abb. 1). Die Militärkar-
te (50 Jahre jünger) zeigt schon mehr
Details, wie umgrenzte Aubereiche,
Flußinseln und „Lauen“ (über die „Laue“
nördlich von Lavant sind zwei Brücken
eingezeichnet, über die „Laue“ östlich
von Tristach bei Jungbrunn eine Brücke
– auf der Originalkarte nur mit Lupe zu
sehen); außerdem ist gegenüber dem
„Atlas“ die verbesserte Darstellung des
Gebirges bemerkenswert (siehe Abb.
2). Apropos: In einem Grenzakt aus der
Zeit um 1650 heißt es: „Daselbst bei
und unter Lienz hinab bis unter Iggls-
dorf (Nikolsdorf) ist die Gegend allent-
halben gar weit (d. h. ein weiter Tal-
boden) … dann zu Sommerzeiten geet
die Traa so groß, dass weder zu Ross
oder Fueß nit dardurch zu kommen …“
Der Höhenunterschied zwischen
dem Zusammenfluß von Drau und Isel
und der Mündung des Pirkner Baches
in die Drau beträgt 37 m, die Luftlinie
etwa 13,5 km. Das Gefälle im Lienzer
Talbecken ist also sehr gering (auf 1 km
nur 2,7 m). Nach der Militärkarte von
1823 verzweigte sich die Drau bei der
Ortschaft Tristach, sie wurde bis zum
„Tor“ von mehr oder weniger breiten
Austreifen begleitet. Das Überschwem-
mungsgebiet der Drau mit den Auwäl-
dern bremste und hielt das Wasser zu-
rück; es war aber auch Lebensraum für
seltene Pflanzen und Tiere. Die zarten
schwarzen Linien in der Militärkarte,
die in den Fluß münden, stellen „Lau-
en“, aber auch Bäche aus den benach-
barten Bergen dar. Die Regulierung der
Drau begann erst durch den Bahnbau
entlang des Flusses um 1870. Umfang-
reiche Verbauungen wurden dann nach
den Hochwasserkatastrophen 1965/66
durchgeführt.
Den ausgedehnten Talboden durch-
zogen seichte Vertiefungen, wie Mulden
und Senken, vielfach untereinander
durch flache Gräben oder Rinnen ver-
bunden; sie folgen wohl längst verlan-
deten Flussarmen (die Drau hat ja im
Lauf der Zeit vielfach ihr „Bett“ ver-
ändert). Daraus entwickelten sich die
„Lauen“, die kleinen Wasserläufe, die
nach und nach in die Drau mündeten.
Sie werden vom Grundwasser der Drau
dotiert oder südlich vom Fluß durch die
Bäche aus der Laserzgruppe, die im
Talboden versickern und in den kleinen
Niederungen wieder auftauchen (diese
Bäche aus den Dolomiten sind beson-
ders „weiß“ = weißglänzend, hell, unge-
trübt, siehe unten *
albhos
). Insgesamt
ist das Wasser in den „Lauen“ klar und
sauber, weil es sich immer wieder er-
neuerte – im Gegensatz zu einem ste-
henden Gewässer ohne steten ober- und
unterirdischen Zu- und Abfluß, z. B. ein
trüber „schwarzer“ Moorsee. Der Was-
serspiegel in den „Lauen“ weist wenig
Schwankung auf, er ist relativ unabhän-
gig vom Niederschlag. Im Wasser der
„Lauen“ entwickelte sich eine eigene Le-
bensgemeinschaft. Bestimmte Moose
z. B. siedelten sich an, sie werden
durch Geschiebe (Sand, Steine) nicht
Abb. 3 - Luftbild (Baubezirksamt Lienz, Fachbereich Wasserwirtschaft – Aug. 2005):
Die regulierte Drau mit den Lauen in Dölsach/Nikolsdorf: Große Laue, Klingenlaue,
Auenlaue.
„Daselbst bei und unter Lienz hinab bis unter Igglsdorf
(Nikolsdorf)
ist die
Gegend allenthalben gar weit …
“ (Grenzakt aus der Zeit um 1650)