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Dölsacher Dorfzeitung
Mai 2014
Kraterrand. Ca. zwei Stunden nach Abmarsch aus dem
Camp setzte erneut heftiger Schneefall mit sturmartigem,
eiskaltem Wind, violettfärbigen Blitzen und kräftigen
Donnerschlägen ein, ein für mich bis dato noch nicht er-
lebtes Wetter- bzw. Sturmszenario begann. Nach ca. fünf
Stunden Aufstieg und einer Querung unterhalb des Kra-
terrandes hatten wir den Hauptkrater des Kibo erreicht. In
tiefem Schneetreiben konnte ich in Umrissen das nörd-
liche Eisfeld, den sogenannten „Furtwängler Gletscher“
und bald auch den „Uhuru Peak“ erkennen. Der im Zen-
trum liegende, rauchende „Ash-Pit“ mit 800 m Durch-
messer und rund 200 m Tiefe war nur durch den Schwe-
felgestank zu erahnen. Über einige Serpentinen und eine
kurze Steilrinne erreichten wir dann sozusagen „von hin-
ten“ die bekannte Gipfeltafel am Hauptgipfel und höchs-
ten Punkt des Massivs, den 5.895 m hohen „Uhuru Peak“.
Mittlerweile war es ca. 7 Uhr morgens geworden, es war
stockfinster, stürmte und schneite wie verrückt. Trotz der
widrigen Verhältnisse am Gipfel verspürte ich großes
Glücksgefühl und tiefe Zufriedenheit, die Höhe zeigte so-
matisch keinerlei nennenswerte Symptome. Eine schnel-
le Umarmung des Bergführers … der mühevolle Versuch
eines Gipfelfotos mit steifgefrorenen Fingern und fast lee-
ren Akku gelang leider nicht. Eine gerade von Süden auf-
gestiegene, vierköpfige amerikanische Gruppe erreichte
zur gleichen Zeit den Gipfel und erledigte dies für uns …
ein einziges verwertbares Foto ist es geworden! Von den
+32 °C in der Steppe waren wir nun bei geschätzterwei-
se ca. -20 °C, sturmartigem Wind und starkem Schneefall
mit ca. 30 cm Neuschnee. Beim sofortigen Abstieg über
die Südroute trafen wir am „Stella-Point“ auf einige Grup-
pen, die gerade die Besteigung abbrechen bzw. berat-
schlagten, ob sie es doch bis zum Gipfel durchhalten woll-
ten. Stunden später im „Barafu-Camp“ (4.640 m) erfuh-
ren wir, dass von den ca. 70 Gipfelaspiranten nur zehn
tatsächlich den Gipfel erreichten, 60 Bergsteiger mussten
an diesem Tag die Besteigung abbrechen. Nach kurzer
Rast, etwas Schlaf im Lager und einem warmen Mittag-
essen erfolgte am frühen Nachmittag der weitere Abstieg
in das um weitere 1.700 m tiefer gelegene „Mweka-
Camp“ auf 3.100 m. Die Küche am Berg ist allgemein ge-
sehen – von der Art der Zubereitung her – recht „rustikal“,
gekocht/gegessen wurden viele Eintopfgerichte und Sup-
pen. Insgesamt absolvierten wir an diesen Tag 1.300 Hm
im Aufstieg sowie ca. 2.900 Hm im Abstieg. Am letzten
Tag ging es wieder durch den Regenwald hinunter zum
„Mweka-Gate“ auf ca. 1.700 m, wo das ganze Team mit-
samt Equipment zurück nach Moshi in das Büro der ört-
lichen Agentur zur Nachbesprechung gebracht wurde.
Nach Dusche, Abendessen, einigen Bierchen und erneu-
tem Umpacken meiner Ausrüstung in den Seesack für den
Flug, ging es schon einige Stunden später (kurz nach Mit-
ternacht) in Richtung Flughafen. Ca. 26 Stunden nach Ab-
flug in Afrika war ich wieder in Innsbruck angelangt. Von
dort mit dem Auto zurück nach Stribach, wo ich in den
frühen Morgenstunden des nächsten Tages ziemlich er-
schöpft, aber sehr zufrieden und glücklich eintraf.
Besonderer Dank gilt abschließend dem Vorstand des
MSC Dölsach und der Fa. Eybl mit Geschäftsführer Sven
Lintschinger für die wertvolle Unterstützung bei diesem
Vorhaben. Wenn auch alpintechnisch keine besonderen
Anforderungen zu erfüllen waren, war es doch insgesamt,
durch das „Solo-Projekt“ und wegen des andauernden
Schlechtwetters mit Regen und Schnee, ein „mittleres“
Abenteuer.
Ein nächstes größeres Ziel in Südamerika ist in Abstim-
mung mit meinen Kollegen schon fixiert und wartet auf
die Umsetzung, die Planung läuft bereits …
Ich werde darüber berichten, inzwischen „Berg Heil“!
Ossi Klocker / MSC Dölsac
h
Blick retour aus dem Regenwald
auf das Massiv