Seite 9 - Gemeindezeitungen

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erledigen. Jede Woche einmal geht er zum
Reiter Kirchl. Ander betont, dass ihm sein
tiefer Glaube geholfen hat, so schwere
Schicksalsschläge wie den Unfalltod von
zwei Söhnen zu verkraften.
Mit seinen fast 93 Jahren ist Ander voll Inter-
esse am Weltgeschehen und ein ungebrochener
Optimist. Als er vor vier Jahren beim Baum-
schneiden abrutschte und sich einen Ober-
schenkelhalsbruch zuzog, verheilte die
Verletzung sehr schnell und Ander konnte mit
eiserner Konsequenz bald wieder ohne Krücken
gehen. Die Gartenarbeit hat er deswegen nicht
aufgegeben, aber er hat sich vorgenommen,
nicht mehr ohne Leiter auf einen Baum zu stei-
gen. Vor ungefähr einem Jahr hat sich Ander
ein Kochbuch zugelegt und das Kochen über-
nommen, um seine Frau zu entlasten. Diese
Bereitschaft, sich neuen Aufgaben mit vollem
Einsatz zu stellen, ist bezeichnend für Ander.
Stundenlang möchte man sich mit ihm unter-
halten und seine Erinnerungen aufnehmen.
Er bedauert nur, dass so wenig aus der Ge-
schichte Leisachs schriftlich festgehalten ist
und auch das alte Gemeindearchiv ziemlich
lückenhaft ist.
Mathilde Habernig
Leben im Familienchaos
Wenn man bei der Familie Petutschnig vor-
beischaut, kann es passieren, dass man mit
dem Fußball begrüßt und mit dem Wave-
board verabschiedet wird. Hauptverantwort-
lich dafür ist der achtjährige David,
Wirbelwind im Hause Petutschnig und je-
mand, der weiß, was er will. Sein sechsjähri-
ger Bruder Simon liebt es eher beschaulich
und zieht sich in die abenteuerliche Welt der
Legosteine zurück. Zwischendurch sieht und
hört man die beiden Brüder jedoch gemein-
sam beim Trampolinhüpfen oder Fußballspie-
len im Garten. Auch die Begeisterung für
Tattoos und die Liebe zur Mathematik verbin-
det die zwei: Bei den Petutschnigs gibt’s statt
einer Gutenachtgeschichte ein paar Rechen-
aufgaben. In dieser Hinsicht haben sich die
Gene väterlicherseits stark durchgesetzt.
So ungleich David und Simon zum Teil sind, so
unterschiedlich offenbaren sich auch die
Charaktere ihrer Eltern Veronika und Martin.
Veronika hält sich im Hintergrund, sie beob-
achtet, was um sie herum passiert, und wenn
sie redet, wird Klartext gesprochen: Sie sagt
geradeheraus, was sie sich denkt. Ihrem Ärger
macht sie Luft, impulsiv befreit sie sich von ihm,
indem sie laut wird und einmal ordentlich ihre
Meinung sagt. Ums Streiten kommt man in
einer Familie ohnehin nicht umhin. Ihr Mann
Martin bewegt sich auf diplomatischen Pfaden,
er versucht anfallende Probleme mit Charme
und psychologischem Feingespür einer Lösung
zuzuführen und bewahrt lange Zeit Ruhe und
Gelassenheit. Dafür liebt er es im Normalfall
laut. Im Mittelpunkt zu stehen bedeutet für ihn
Vergnügen, als Theaterspieler hat er sich in
Leisach zum Beispiel schon einen Namen ge-
macht. Der Optimismus verbindet das Paar,
auch die Liebe zur Natur, die ganz augen-
scheinlich wird, wenn man das Auge über
ihren Garten schweifen lässt, der aus so vielen
liebevoll arrangierten kleinen Blickfängen be-
steht. Überhaupt zählen die Natur und mit ihr
unsere Umwelt zu den Steckenpferden der
Familie. Als bevorzugtes Fortbewegungsmittel
dient das Fahrrad, es wird bewusst regional
eingekauft, und was bei ihnen wächst, soll
wachsen, das wird nicht ausgerissen, denn es
hat seine Berechtigung! Mit Kräutern und
Mondphasen kennt sich Veronika aus, Homöo-
pathie wird bei ihr großgeschrieben, und dies-
bezüglich kommt ihr Mann Martin gar nicht
mehr aus dem Schwärmen heraus.
Einen natürlichen Rohstoff hat sich Veronika
auch für ihre berufliche Tätigkeit ausgesucht:
Sie entschied sich nach der Pflichtschule in
Lienz für die vierjährige Glasfachschule in
Kramsach und anschließend absolvierte sie
den zweijährigen Aufbaulehrgang, wo sie ihre
schulische Karriere erfolgreich mit der Matura
beendete. Es folgte eine Anstellung in der
Glashütte Mara und später bei der Fa. Rojko,
bis sie schließlich in Karenz ging. Seit zwei
Jahren kann sie über das Tiroler Kulturservice
für Glasbläser-Workshops in Kindergärten und
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