Seite 14 - Gemeindezeitungen

Basic HTML-Version

Seite 14
10/2013
Thal: Renovierung der St. Josefs - Kapelle
Historie:
Anlässlich einer Renovierung der Pfarrkirche zur Hl. Dreifal-
tigkeit in Assling verfasste der damalige Pfarrer von Assling,
HH Benno Rutz, CR, 1912 eine Broschüre, in der er alle Kir-
chen und Kapellen der Pfarre Assling beschrieb. Daraus ent-
nehmen wir jenen Teil, in dem die St.-Josef-Kapelle
beschrieben wurde:
Die Kapelle zum hl. Josef in der Aue
Am 11. Oktober 1686 wurde vom fürstbischöflichen Konsis-
torium in Salzburg dem Christian Milman, Wirt in der Aue, in
dem damaligen Gericht Lienzerklause die Erlaubnis erteilt,
zur Ehren des hl. Josef die noch heute stehende Kapelle zu
erbauen. Der Bau wurde 1688 vollendet und vom damaligen
Archidiakon von Gmünd eingeweiht. 1814 wurde sie reno-
viert, Heute ist sie freilich wieder reparaturbedürftig. Leider
besitzt die Kapelle wenig Vermögen. Der einzige (Josefs-)
Altar ist im Barockstile erbaut und mit einem Kranz von Bil-
dern, das Leben Jesu und Mariens darstellend, umgeben.
1)
Ein interessantes, freilich kunstloses Bild hängt links vom
Eingange an der Wand: „Daß Geschlecht und freundschafft
von Anna der Prophetin bis auf Christum den Erfüller“.2)
Ein anderes Bild zieht wegen seiner eigentümlichen Komposi-
tion das Auge des Beschauers auf sich. Eine hl. Märtyrin, am
Kreuze hangend, mit einer goldenen Krone geschmückt und
goldenen Schuhen an den Füßen: ein fideler Geigenspieler
erscheint tanzend und spielend vor der Märtyrin. Diese, dar-
ob erzürnt, wirft den Schuh des rechten Fußes gegen den fre-
chen Gaukler. Wer erklärt mir das Bild?
3)
Die Kapelle hat
unzweifelhaft viel gelitten durch die schreckliche Wasserkat-
astrophe vom Jahre 1882. Durch tagelange Regengüsse
angeschwellt, stürzten der Taler– und der Gamsbach unge-
heure Mengen von Schutt und Geröll zutal. Die nächste Folge
war eine Stauung des Drauflusses, dessen Wasser sich nach
und nach zu einem förmlichen See ausbreiteten. Infolge des
immer höher werdenden Druckes barsten die Stauungen und
die Drau ergoß ihre Fluten in wildem Ungestüm über die
untere Talgegend. Die Überschwemmung am 28. Oktober
war weit schlimmer als jene des 18. September. Ein Zuhaus
des Auerwirt wurde weggerissen und 12 Fuß tief der Straßen-
körper aufgerissen, so dass das Pflaster des alten Saumweges
sichtbar wurde. Die Wasser stiegen über die Bahnlinie hinauf
bis zur Kapelle. Post-, Telegraphen– und Eisenbahnverkehr
waren verständlicherweise unterbrochen. Die ersten 4—5
Tage wurde die Post von Lienz und von Toblach aus zu Fuß
nach Aßling gebracht, nachher wurde ein Karrenfuhrwerk
eingerichtet, welches den alten Weg über Burgfrieden benütz-
te und nur die Briefpost und leichtere Pakete mitnahm. Die
ersten Telegramme mussten von Lienz bis Toblach zu Fuß
heraufgebracht werden. Erst Ende Jänner 1883 konnte der
Bahnverkehr wieder aufgenommen werden. Das Unterkohler-
haus mit angebauten Stallungen wurde gleichfalls wegge-
schwemmt.—Manche Häuser wurden geplündert. Die
Gärber– und Schulmeisterleute waren genötigt, mit ihrer
Habe in die Korbiniankirche zu flüchten und sich dort auf
einige Tage häuslich einzurichten.
1) Der
Bilder-
kranz
am
H a u p t a l t a r
(Bild rechts)
stellt die sieben
Leiden und die
sieben Freuden
des Hl. Josef
dar.
Die Statuen:
oben der Hl.
Schu t zenge l ,
oben rechts der
Hl.
Florian,
oben links der
Hl. Ulrich (der
Stab ist nicht
original), unten
links der Hl.
Joachim und
rechts
Anna
Selbdritt.
Am
Hochaltar
findet sich eine besonders liebliche Darstel-
lung des Hl. Josef mit dem Jesukind und zwei Engeln, darüber
ein Bild der Muttergottes.
2) Die
Ahnentafel von Mutter Anna
befindet sich im Widum
Assling, ebenso ein
Bild der Schmerzhaften Muttergottes
im Brustbildformat und ein Josefbild aus dem Beichtstuhl in
der Sakristei.
3) Das Bild stellt die Hl. Kummernuß (oder auch: Kümmernis)
dar, sie wurde im gesamten Alpenraum als Bekennerin Christi
an der Wende des Heidentums verehrt. Bildnisse finden sich
noch in vielen Kirchen, z. B. Hl. Georg oberhalb von Schenna,
Kapelle der Hl. Kümmernis in Axams, Meransen, Sonnen-
burg, Neufahrn/Freising, Burghausen, Georgenberg, Prag
usw. Als Wilgefortis wurde sie 1583/86 ins Martyrologium
Romanum aufgenommen, inzwischen aber wieder gelöscht.
Die Verehrung der hl. Kümmernis ging im 14. Jh. von den
Niederlanden aus. Der Legende nach handelte es sich bei der
volkstümlichen Heiligen um eine heidnische Königstochter.
Sie wurde Christin und verweigerte die Ehe, worauf sie ihr
Vater einsperren ließ. Auf ihre Gebete hin ließ ihr Gott einen
Bart wachsen, was ihren Vater so sehr erzürnte, dass er sie ans
Kreuz schlagen ließ. Als eines Tages ein Musikant vor ihr sei-
ne Geige spielte, schenkte sie ihm einen ihrer goldenen Schu-
he. Der Mann wurde als Dieb angesehen, konnte jedoch seine
Unschuld beweisen, indem er vor Zeugen nochmals spielte
und die Heilige ihm auch ihren zweiten Schuh schenkte. Da
Jesus bei romanischen Kreuzesdarstellungen ähnlich wie die
hl. Kümmernis ein langes Gewand trug, kam es zu Verwechs-
lungen. Gläubige wandten sich mit allen geistigen und körper-
lichen Nöten (Kümmernissen) an sie. – Heute befindet sich
das Bild vermutlich im Widum Assling.
Im Juli 1903 ging der
grundbücherliche Besitz der Kapelle
an die der Pfarre Assling. Die Grenzbereinigung im Zuge des
Fortsetzung nächste Seite