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FODN - 54/02/2013
MENSCHEN
Von Gerti Kopf
M
it 1.2 Milliarden Einwohnern ist
Indien das zweitbevölkerungs-
reichste Land der Erde.
Um die 300 Millionen Inder, das ist
knapp ein Drittel der Bevölkerung le-
ben in extremer Armut und haben we-
niger als einen Dollar am Tag zur Ver-
fügung. Der Rest der Bevölkerung wird
zum Teil der immer stärker wachsen-
den Mittelschicht und der sehr reichen
Oberschicht zugerechnet.
Der Großteil der Inder sind Hindus,
ein nicht unwesentlicher Anteil Mos-
lems, Christen und noch einige kleinere
Religionsgemeinschaften. Der Hinduis-
mus übt den prägendsten Einfluß auf die
indische Gesellschaft aus.
Schon 1500 v. CH. errichteten die
arischen Eroberer ein hinduistisches
Kastensystem, das aus 4 Hauptkasten
besteht. Die Urbevölkerung wurde als
unrein und unzivilisiert abgestempelt,
keiner Kaste zugeordnet und lebt bis
heute als „Unberührbare“, sogenannte
„Dalits“ am Rande der Gesellschaft.
Frauen sind in der patriarchalisch ge-
prägten indischen Gesellschaft trotz der
rechtlichen Gleichstellung von Mann
und Frau nach wie vor benachteiligt.
Traditionell wurde Frauen zur Hochzeit
eine Mitgift zum Aufbau des eigenen
Haushaltes mitgegeben. Heute wird
diese aus rein wirtschaftlichen Erwä-
gungen von den Eltern des Bräutigams
verlangt. Die Mitgiftproblematik trägt
dazu bei, dass Mädchen meist geringer
angesehen werden als Jungen oder gar
als unerwünscht gelten. So werden jähr-
lich 5 Millionen Mädchen bereits vor
der Geburt „aussortiert“.
Um die Mädchen möglichst schnell
los zu werden, werden trotz offiziellen
Verbotes noch heute Kinderehen arran-
giert. Da die Frauen nach der Heirat zur
Familie des Mannes ziehen und dort den
Haushalt führen müssen, nimmt man es
mit der Schulbildung nicht so ernst. Nur
65 % der Frauen, die meistens der Ober-
und Mittelschicht angehören, können
lesen und schreiben.
Mit der entsprechenden Schulbildung
gäbe es auch für die Mädchen die Mög-
lichkeit zur Berufsausbildung und einer
späteren evt. bessergestellten Heirat.
Die Organisation „Sambhali“
Erfreulicherweise gibt es bereits von
verschiedenen Organisationen Bestre-
bungen, das Bildungsniveau ganz all-
gemein und vor allem der Dalits (Un-
berührbaren) zu erhöhen. Durch Zufall
wurde ich im Winter 2012 auf eine
solche gemeinnützige Organisation auf-
merksam, die der am stärksten gefähr-
deten unterprivilegierten Gruppe von
Frauen und Mädchen die Möglichkeit
einer freien Schulbildung, einer Berufs-
ausbildung z.B. durch Nähkurse und
Bereitstellung einer Nähmaschine oder
den Kauf einer Ziege oder Kuh ermög-
licht.
Diese Organisation, genannt „Samb-
hali“, was in Hindi „Aufrichten von
sozial Benachteiligten“ heißt und vor 7
Jahren von einem jungen Inder gegrün-
Indien,
ein Land mit
vielen Gesichtern
Gerti Kopf war 3 Monate lang in Indien für „Sambhali“tätig.
Diese gemeinnützige Organisation unterstützt Frauen und
Mädchen und gibt ihnen die Möglichkeit einer freien Schulbil-
dung bzw. eine Berufsausbildung.
Gerti Kopf