Seite 4 - Gemeindezeitungen

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Virgen
Aktiv
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I
Der Bürgermeister informiert
platz befinden sich WC‘s für die Fuß-
baller in den Umkleidekabinen und
separate WC‘s für das Publikum etc. Im
Zuge der Gewerberechtsverhandlung
wurde noch eine separate WC-Anlage
für das Personal vorgeschrieben, und das
bei ca. 25 Öffnungstagen.
In Wien fließt auf Grund der Zulauf-
frachten Abwasser von ca. 2 Mio. Ein-
wohnern als kommunales Abwasser in
die Kläranlage. Woher die weiteren 2 Mio.
Einwohnerwerte an Zulauffracht kom-
men, ist weitgehend unbekannt. Bei uns
wird rigoros auf die Einhaltung der
Indirekteinleiterverordnung gepocht und
sind Verträge mit den Betrieben abzu-
schließen. Herkunft und Art der Abwäs-
ser sind einwandfrei zu dokumentieren.
Das Gesetz sieht das so vor. In Wien ist
derartiges anscheinend nicht erforderlich.
Vielen ist bekannt, dass das Großvene-
digerkreuz ausgeapert ist und abzustür-
zen drohte. Aus Sicherheitsgründen
musste es versetzt werden. Eine Verset-
zung mittels Hubschrauber durch die
Bergrettung Prägraten a. G. von Ost-
tiroler Seite aus war nicht möglich. Die-
selbe Aktion von Pinzgau aus war mach-
bar. Der Grund dafür sind unterschied-
liche Nationalparkgesetze. Das Üben der
Bergrettungen in Gletschergebieten im
Kärntner und Salzburger Teil des Natio-
nalparks Hohe Tauern ist möglich. In
Tirol ist das verboten. Wiederum auf
Grund der Unterschiede in den National-
parkgesetzen. (Dieses Phänomen wurde
anlässlich der Generalversammlung der
Bergrettung besprochen.)
Weitere Beispiele gibt es zur Genüge.
Die Menschen tun sich teilweise schwer,
mit derartigen unterschiedlichen Regeln
und Praktiken umzugehen. Besonders
dann, wenn sie selbst betroffen sind. Sie
verstehen es nicht und haben kein Ver-
ständnis dafür.
Beamte sind für ihre Arbeitsbereiche zu-
ständig und verantwortlich. Sie versuchen
ihre Arbeit bestmöglich gesetzeskonform
zu erfüllen. Dabei werden meist nur die
jeweiligen Teilbereiche gesehen. Eine
Gesamtsicht ist im Vollzug der Gesetze
oft nicht gewünscht. Große Verantwor-
tung liegt bei den VerfahrensleiterInnen
und darüber hinaus ist die Politik gefor-
dert. Es benötigt Deregulierung und
Harmonisierung. Die teilweise gegebene
sein“. Das freilich ist ein Kalkül, das hier-
zulande gewagt ist. Denn in Österreich ist
die Bürokratie so aufgestellt, dass man an-
deres viel eher vermuten muss. „In der Be-
zirkshauptmannschaft haben uns die Be-
amten eine unendlich lange Liste von Auf-
lagen präsentiert, und gesagt, welche
Gutachten erforderlich seien und dass sie
mindestens drei Monate Bearbeitungszeit
bräuchten“. Das rüttelt am Nervenkostüm.
Verständlicherweise. „Man stelle sich vor –
ich möchte meine wirtschaftlichen Tätig-
keiten erweitern, und weiß schon jetzt, dass
ich von jedem Ertrag wegen der Steuerpro-
gression nur 50 Prozent behalten können
werde“, geht die Anklage weiter. „Und ich
muss trotzdem bangen und hoffen, dass ich
die Idee verwirklichen darf und ich muss
fürchten, dass die zu erwartenden Auflagen
unser Projekt unrentabel machen“.
Wohl unfreiwillige Ironie ist, dass die Stelle,
bei der unser Gewerbetreibender in der Be-
zirkshauptmannschaft darum ringen muss,
Geld verdienen und Arbeitsplätze schaffen
zu dürfen, nur ein paar Türen von jener
entfernt logiert, die die Mindestsicherung
bemisst und auszahlt. Dass diese Ironie er-
kannt wird, glaubt unser Mann nicht. „Ob
die Beamten wissen, dass ich mit meinen
Steuern nicht nur ihren Hintern, sondern
auch die Mindestsicherung finanziere, muss
ich nach unserer Vorsprache bezweifeln“.
Viele seiner Kollegen hat so etwas schon ins
Ausland getrieben. Bestenfalls. Für viele
aber kamen Herzinfarkt, Depression und
Verzweiflung schneller. „Es ist unerträglich,
dass man in Österreich mit einer Geschäfts-
idee auf den Knien vor Beamten rutschen
muss, damit man wirtschaften darf“, fol-
gert unser Gewerbetreibender entkräftet
und desillusioniert. „In einem normalen
Staat müsste man einen Teppich ausrollen,
dafür, dass ich wirtschaftlich aktiv werde,
Arbeitsplätze schaffen will und dass ich mit
meinen zu erwartenden Steuern das Öl für
die Staatsgetriebe liefere.“ Dem Mann
kann man nur recht geben. Die Klarheit,
in der er das formuliert, schmerzt. Sie sollte
den Verantwortlichen an den Schaltstellen
in Politik, Bürokratie und Gewerkschaft
unter die Haut gehen.
Der Verweis auf Förderungen, der an die-
ser Stelle gerne eingebracht wird, führt sich
selbst ab absurdum – geht doch ein Groß-
teil dafür drauf, all die oft nichts als un-
sinnig und schikanös empfundenen Auf-
Überregulierung erzeugt Enge. Für
unser Wohlbefinden und unsere Wett-
bewerbsfähigkeit sind ein gesundes Maß
an ökonomischen, sozialen und ökolo-
gischen Regeln und deren gerechte
Anwendung notwendig.
Ein Beitrag aus der
Raiffeisen Zeitung
Ich denke, der Beitrag des kritischen
Journalisten Hans Gmeiner in der
Raiffeisenzeitung vom 21. Februar 2013
gibt ein wenig Einblick in die Welt von
Unternehmern, also von Menschen, die
versuchen, anderen Menschen Arbeit zu
geben. Er passt auch zu dem Thema
Regulierungsflut.
Meine Meinung (von Hans Gmeiner)
Der Aufschrei
Er ist ein Gewerbetreibender. Er verdient
gut. Er ist das, was man umtriebig im bes-
ten Sinne nennt. Er hat immer wieder
Ideen, mit denen er etwas Neues voran-
treiben will. Er lebt in einem Dorf, dem
das gut täte. Dieser Schwung, neues Leben,
neue Arbeitsplätze, Geld für die Gemein-
dekassa. Der gute Mann ist einer, von
denen es heißt, solche Leute brauche das
Land.
Freilich, er lebt in Österreich. Und das,
man weiß es, ist eine gehörige Herausfor-
derung, wenn man Eigeninitiative ent-
wickelt und etwas Neues machen will. Da
fühlt man sich auch als unbescholtener
Steuerzahlen schnell als Bittsteller, da wird
einem das Vorhaben, etwas zu verdienen
schnell als etwas Unlauteres ausgelegt. Und
da gibt es jede Menge Hürden, die aufge-
stellt werden, aber ganz sicher kaum Unter-
stützung. Das weiß unser Gewerbetreiben-
der, damit lebt er. Er kennt das Getriebe, er
weiß, dass man da einen langen Atem
braucht. Jetzt aber, wo er mit seinem Part-
ner ein neuartiges Gastronomie-Projekt ver-
wirklichen will, ist ihm aber der Kragen ge-
platzt. Was er sagt, stellt das ganze System
bloß und zeigt, was schief läuft in diesem
Land. Seine Argumentationskette ist in
ihrer Klarheit so entlarvend, dass sie wört-
lich zitiert sei. „Wir wollen aus privater
Initiative etwas auf die Beine stellen, wir
beantragen keine Förderungen, wir riskie-
ren unser privates Geld“, umreißt er die
Ausgangslage. „Dass wir nach Abzug unse-
rer Kosten, auch von Personalkosten,
etwas verdienen wollen, soll nicht verboten