Seite 57 - Gemeindezeitungen

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FODN - 55/03/2013
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noch ein bisschen was von der Welt se-
hen. Die Liese ließ aber nicht locker und
so ließ sich die Loise überreden, 1955
im Sommer erstmals im Lucknerhaus
als Köchin zu arbeiten. Auch damals
hatte sie noch keine Ahnung, dass sie
bald beim Luckner Bäuerin werden
würde…
Den Winter 1955/56 verbrachte sie in
Matrei beim Mühlstätter in der Metzge-
rei, um dort mehr über die Fleischver-
arbeitung zu lernen. Auch den Sommer
danach kochte sie im Lucknerhaus und
im folgenden Herbst kam dann der Rüep
zu ihr mit einer besonderen Idee: Ein
Nachbar und Verwandter beim Niggler,
der Hias, wolle im November heira-
ten und da dachte sich der Rüep, dass
er gleich die Gunst der Stunde nützen
und die Loise „vom Fleck weg“ heira-
ten könnte. Mit dieser Idee fiel er zwar
vielleicht ein bisschen mit der Tür ins
Haus… aber trotzdem hatte er Erfolg!
Am 27. November 1956 traten sie dann
vor 160 Leuten im Rahmen einer Dop-
pelhochzeit vor den Traualtar.
Die zwei Monate zwischen dem Hei-
ratsantrag und der tatsächlichen Hoch-
zeit waren aber keine „Hetz“ für die
Loise. Damals war es üblich, dass die
Braut den Mitgliedern ihrer neuen Fa-
milie etwas schneiderte: Den Männern
ein Hemd und den Frauen einen Schurz
oder einen Schalk. Da beim Luckner
immer schon viele Leute im Haus wa-
ren, kann man sich vorstellen, dass bei
der Loise daheim in diesen Tagen bei-
nahe im Akkord geschneidert wurde,
um rechtzeitig fertigzuwerden!
Nach der Hochzeit bezog das junge
Paar ein Zimmer beim Luckner. Man
kann sich vorstellen, dass es damals
nicht üblich war, dass das frisch ver-
mählte Paar gleich eine eigene Wohnung
oder gar das ganze Haus für sich hatte,
im Gegenteil: Da beim Luckner noch
die Geschwister vom Rüep, die Eltern,
Tanten und einige Ziehkinder wohnten,
hieß es jetzt nur noch ein bisschen en-
ger zusammenrücken. Bei 16 Leuten
im Haus kann es um den Esstisch schon
mal eng werden…
Im Oktober 1957 kam dann ihr erstes
gemeinsames Kind Josef daheim beim
Luckner zur Welt. Die Loise arbeitete
bis zum Schluss im Lucknerhaus mit. In
den ganzen 14 Jahren, die sie oben ar-
beitete, hatte sie dann immer die Kinder
dabei, damals war das noch eine Selbst-
verständlichkeit. Bevor der Josef aber
noch von seinen kleinen Geschwistern
umringt wurde, traf die junge Fami-
lie ein schwerer Schicksalsschlag: Der
zweite Sohn Alois, der an einem Sonn-
tag im Jänner 1959 das Licht der Welt
erblickte, starb nach zwei Tagen im
Haus der Hebamme aus unerklärlichen
Gründen. Die Familie war froh, dass
das eigentlich so gesunde Kind schon
getauft war, als Gott es zu sich heim-
holte. (Damals war es keine Seltenheit,
frisch geborenen Babys das hl. Sakra-
ment so bald wie möglich zu spenden.)
Es dauerte seine Zeit, bis dieses trau-
rige Erlebnis für die Familie annähernd
verdaut war, es sollten noch einige Jahre
ins Land ziehen, bis Florian 1964 die
Familie vergrößerte. Als er im Juli das
Licht der Welt erblickte, war es beim
Luckner eine hektische Zeit. Ein Monat
zuvor wütete ein zerstörerischer Brand
auf der Hofstelle, der sowohl das „Hüeta
Hoametle“ samt Stallgebäude, als auch
die fast fertig gestellten Wohngelegen-
heiten von Rüeps Brüdern zerstörte. So
kam es, dass die Nachbarn vom „Hüe-
ta“ beim Luckner Unterkunft fanden
und auch die schon verheirateten Brü-
MENSCHEN
Loise inmitten ihrer Blumenpracht
Hochzeit 1956: Loise und Rüep Oberlohr