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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
62. Jahrgang — Nummer 4
Die berufliche Hauptarbeit war sicher-
lich der Unterricht im Fach Deutsch, wenn-
gleich er seine Schüler häufig als „Dolme“
bezeichnete und ihnen gelegentlich die
„neuesten Werke der Weltliteratur“ vor die
Füße warf. Seine hervorragende Sach-
kenntnis, sein lebendiger und anschauli-
cher Unterricht, gepaart mit sehr humor-
vollen Formulierungen und deutlich-der-
ben Beispielen, machten ihn bei vielen
Schülergenerationen und den Kollegen be-
liebt. Seine Seelsorge war recht einge-
grenzt: Außer in den Kriegsjahren in
Forchach war er bekannt für seine kurzen
Messen, seine mäßige Musikalität und sei-
ne eher deutlichen Abneigungen für Ver-
tretungsdienste, dort galten als Vorausset-
zung: „Predigt nix, Beichtstuhl nix!“
Talente vergrub er nicht, er hatte viele.
In Forchach lernte er Pfarrer Knabl ken-
nen, der ein sehr versierter Entomologe,
besonders Käferkenner war und er behielt
dann diese Vorliebe bei bis zu seinem Le-
bensende. Systematiker war er keiner, aber
ein fleißiger Sammler, der eine große und
sehr schöne Sammlung aufbaute, die heu-
te als Dauerleihgabe des Paulinums am
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in
Innsbruck verwahrt wird. Nach ihm be-
nannte Arten wurden inzwischen wieder
synonymisiert.
Seine umfangreiche zweite Freizeitge-
staltung galt der Schriftstellerei in weite-
rem Sinne; er versuchte sich in fast allen
Sparten. Von genau gezählten fast 1.050
Titeln wurden bisher aber nur 212, das
sind 25 %, veröffentlicht. Eine Übersicht
dazu schaut folgendermaßen aus, wobei
die Einteilung nur bedingt möglich war:
1. Romane: 40 (davon fünf erschienen in
Buchform: Der Sieger, 1922; Men-
schen ohne Heimat, 1937; Die Frauen
des Jakob Huber, 1941; Simon der Er-
ler, 1944; Die Leiden der Forelle Fin-
ga, Märchenroman, 1925. – Als Zei-
tungsromane in Fortsetzungen: Die
Bergbahn, Die Nachbarn);
2. Theaterstücke: 20 (aufgeführt am
Paulinum 2);
3. Novellen: 6 (3);
4. Nachrufe: 11 (alle in Jahresberichten
des Paulinums);
5. Entomologisches: 16 (5 im Jahresbe-
richt Paulinum 1962);
6. Gedichte und Spruchartiges: 373 (nur
8);
7. Längere Erzählungen: 17 (1), 14 bis
184 Seiten;
8. Erzählungen, meist kürzere: 57 (55 in
verschiedenen Kalendern, Zeitungen
und Zeitschriften);
9. Verschiedene Geschichten: 25 (alle
25);
10.Welt im Kleinen (Kindheitserinnerun-
gen): 56 (56) z. T. in „Rauhe Sonnsei-
te“ 1985;
11. Germanistisches: 2 (2)
12. Unveröffentlichte Kurzgeschichten:
113 (–);
13. Tiroler Städte (Gedichte): 10 (–);
14. Heimat: Gedichte: 6 (–);
15. „Ich-Geschichten“: 18 (–);
16. Heitere Geschichten: 37 (–);
17. Ernste Geschichten: 13 (–);
18. Tagebuch der Erinnerungen (Autobio-
graphisches): 9 (1);
19. Aus Kindheit und Jugend: 25 (7 z. T.
in „Rauhe Sonnseite“);
20. Geographische Feuilletons: 45 (21);
21. Über Tiere und Pflanzen: 9 (4);
22. Heimatliche Schilderungen mit Remi-
niszenen: 28 (13);
23.Monate des Jahres: 10 (ohne Jänner
und Oktober), (alle in „Dolomiten);
24.Mein Osttirol, Mein Vaterhaus: 35 (11,
z. T. in „Rauhe Sonnseite“);
25. Brauchtum und Volkskunde im Tiroler
Jahr: 66 (22).
In der Einleitung zur Bibliographie (Jah-
resbericht Paulinum 1982) hat Direktor
Professor W. Mair und im Vorwort zum
Buch „Rauhe Sonnseite“ (Haymon-Ver-
lag, Innsbruck) der leider allzufrüh ver-
storbene VSD Johannes Trojer (Außer-
villgraten) die Schriftsteller-Person aus-
führlich dargestellt.
Aus den vielen Gedichten, die bisher
nicht bekannt geworden sind, nachfolgend
eine kleine Auswahl in bunter Folge:
Mein Vaterhaus
Noch rinnt die Sommerwärme vom
Gezimmer
Des alten dunklen Hauses. Flüsternd geht
Der Abend um den Söller und verweht
Im Fenster mit des Tages letztem
Schimmer.
Ist es auch Nacht, die Engel wachen
immer:
Zu ihnen ruft des Kindes Nachtgebet.
In ihrem und in Gottes Schutze steht
Das alte Haus, die Bösen schaden nimmer.
Die Stunden gehn und westwärts sinkt der
Bogen
Der Himmelslichter, Stern um Stern er-
lischt:
Ein neuer Morgen ist heraufgezogen.
Die Fenster leuchten und die Balken
schimmern,
Aus dunkler Fuge ist die Nacht gewischt:
Neu flutet junges Leben in den Zimmern.
* * *
Gedichte müssen leicht wie Spiele
Aus Kinderhänden gleiten
Und treffen an die fernsten Ziele,
An dunkle Ewigkeiten.
Gedichte müssen wie die Düfte
Aus Blütenkelchen wehen
Und niedersteigen in die Grüfte,
daß Tote auferstehen.
Gedichte müssen gleich den Sternen
Durch weite Räume glänzen
Und alle Nähen, alle Fernen
Mit Himmelslicht umkränzen.
Gedichte müssen wie die Winde
durch alle Länder ziehen
Und trösten Arme, Müde, Blinde
Und kühlen heiße Mühen.
Die neue Hose
Immer wieder trifft‘s die Lose,
Umzuwechseln seine Hose
Und statt mit der alten treuen
sich zu gatten mit der neuen.
O, wie ist sie rein jungfräulich,
unberührt, braun oder gräulich,
Messerscharf der Bügelrücken:
Eine Hose zum Entzücken!
Und doch spür ich dumpfes Grauen,
mich der neuen zu vertrauen,
Beide sind wir uns so fremd,
Meist ist es zugleich das Hemd.
Franz Josef Kofler nach seiner Priester-
weihe in Brixen, Mai 1918 (Unbekannter
Fotograf).
Archiv: Alois Kofler
Dr. Franz Josef Kofler (1894 bis 1961) in
einer Aufnahme von ca. 1950 (Unbekann-
ter Fotograf).
Archiv: Alois Kofler