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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 7 — 62. Jahrgang
genug. Er hat es tatsächlich geschafft, den
härtesten Serpentin Europas zu bändigen.“
Hinzugefügt sei, daß Serpentinstaub, der
bei derartigen Arbeiten anfällt, sehr giftig
ist und Troyer trotzdem in dem in seiner
Heimat in sehr schönen Strukturen zu fin-
denden Gestein arbeitete.
Werke Troyers wurden mehrmals in
Lienz der Öffentlichkeit vorgestellt und
1972 fand in der Städtischen Galerie eine
Personalausstellung statt. Der Künstler
war zudem mit seinen Objekten mehrmals
in Wien bei Ausstellungen und in Mon-
schau/Belgien bei der „Krippana“ vertre-
ten, weiters in Köln und er repräsentierte
mit der Weihnachtskrippe von St. Stephan
Österreich in Rom. Seine Leistungen auf
religiösem und profanem Gebiet fanden
Anerkennung durch die Verleihung des
Professorentitels, durch die hohe Aus-
zeichnung des Ehrenringes des Künstler-
hauses Wien und durch jenen der Ge-
meinde Prägraten.
Seit 1981 lebt Troyer mit seiner Gattin
die meiste Zeit des Jahres in Wallhorn.
Künstlerisch befaßte er sich seither bevor-
zugt mit heimatlicher Thematik (Abb. 1)
und so mancher Prägratner vermag sich in
den Schnitzereien des Künstlers zu erken-
nen. Dazu ist die Aussage Troyers auf-
schlußreich: „Porträtieren in Holz fällt mir
leicht. Ich merke mir Gesichter gut und sie
umzusetzen bereitet mir keine Schwierig-
keit.“ Diese Fähigkeit zeigt sich wieder-
holt, wobei Troyer mit gleichmäßiger
Detailschärfe die Bildflächen arbeitet und
eine ungemeine Dichte an inhaltlichen
Aussagen auf engstem Raum einbringt.
Nach wie vor weiß sich der Künstler in
verschiedenen Materialien und Techniken
sicher. Für die Pfarrkirche in Wien-Lie-
sing, in der sich eine besonders schöne
Holz-Pietà Troyers befindet, schuf er sechs
geschnitzte Reliefs, die dem Kirchenjahr
entsprechende Themen bringen und jeweils
ausgetauscht werden. Für die Pas-
sionszeit steht eine Deesis (Abb. 4). Tro-
yers einzige Arbeit in der Art der Ikonen-
malerei ist ein hl. Petrus. Dazu der Künst-
ler: „Diese Technik war interessant für
mich, der Goldgrund faszinierte mich. Ich
habe das Bild sehr gern gemacht.“ Noch in
hohem Alter schuf Troyer die Innenaus-
stattung der Friedhofskapelle von Prägra-
ten, in der ein in Kupfer getriebener aufer-
stehender Christus den Raum beherrscht.
Das Privatleben Troyers ist nach wie vor
von der Sorge um seine Familie bestimmt.
In die Wohnung nach Wien kommt der
Künstler nur mehr selten, die Fahrt ist zu
anstrengend für ihn. Es bedeutet für Kin-
der und Enkelkinder immer eine besonde-
re Freude, wenn sie in dem über dem
Dorfkern von Prägraten liegenden Haus
Troyers, das keinen Verkehrslärm kennt,
aus Klagenfurt, Wien und Innsbruck zu-
sammentreffen.
Daß ein über 80jähriger Künstler Werke
schafft, ist in Ausnahmefällen möglich,
daß er aber Skulpturen in einer Höhe von
einem Meter mit ruhiger, sicherer Hand
schnitzt und die plastische Wirkung der
Körper durch eine lebendige Ober-
flächengestaltung des Holzes erreicht, for-
dert Bewunderung. Sie gilt zwei Heiligen-
figuren, dem Ärztebrüderpaar der Urkir-
che, Kosmas und Damian (Abb. 5).
Über seine bildhauerischen Absichten
machte Troyer im vergangenen Sommer
folgende Mitteilung: „Manchmal werde
ich gefragt, welche Ziele ich mit meiner
künstlerischen Tätigkeit verfolge. Ein
Hauptantrieb dazu ist wohl die Freude am
Werken und Gestalten in schönen, natürli-
chen Materialien wie Stein, Holz oder
Bronze. Es macht einfach unbändige Freu-
de, wenn die Materie plötzlich lebendig
wird, wenn Ausdruck und Spannung ent-
stehen. In all diesen Materialien habe ich
im Laufe der Jahre gearbeitet, kann aber
nicht behaupten, eines davon bevorzugen
zu wollen. Als geborener Tiroler habe ich,
wie wohl alle aus unserer Gegend stam-
menden Bildhauer, mit Holzschnitzen be-
gonnen.“
Es gibt von Josef Troyer keine unvoll-
endeten Arbeiten, auch änderte er eine ein-
mal getroffene Materialwahl nie, er hielt
durch, wußte er sich einer Aufgabe ver-
pflichtet. Troyer gibt grundsätzlich theolo-
gisch richtige Aussagen in seinen Darstel-
lungen und er bringt biblische Szenen gern
in Zusammenhang mit der eigenen Zeit.
Seine Werktitel sind durch eine einfache
Ausdrucksweise gekennzeichnet, sie be-
dürfen keiner weiteren Erklärung. Daß
Troyer in seinem Schaffen nie eine pessi-
mistische Mitteilung macht, zeugt von sei-
ner inneren Ruhe, Zufriedenheit und
Freude. Und wenn er fallweise in kürzester
Zeit seinen Stil wechselte, so kann dafür
der Wunsch eines Auftraggebers maßge-
bend gewesen sein oder das Interesse am
Experimentieren. Dann gibt es trotzdem
Gemeinsamkeiten mit dem Gesamtwerk:
intensive Vorbereitung, Einfallsreichtum,
technische Sicherheit, Formschönheit und
ausdrucksstarke Bildprogramme. Dem
Schaffen des Künstlers kommt somit ein
würdiger Platz in der österreichischen und
speziell in der Tiroler Kunstgeschichte zu.
Es gilt, nicht nur eine Gratulation zu
einem noblen Geburtstag an den anerkann-
ten und verdienstvollen Osttiroler Künstler
zu übermitteln, sondern Josef Troyer das zu
wünschen, was er sich erhofft.
Abb. 6:
Hirtenszene,
Detail
aus der
dreiteiligen
Flügelaltar-
krippe der
Pfarrkirche
St. Erhard,
Wien-
Mauer.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren ver-
antwortlich.
Anschrift der Autorin dieser Nummer: DDr.
Elfriede Bernhauer, A-6064 Rum, Finkenberg 13b.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblätter“
sind einzusenden an die Redaktion des „Ost-
tiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini, A-6176
Völs, Albertistraße 2a.