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ven Kulturkonsums ein besonderes Anlie-
gen des städtischen Kulturreferates war.
Am eigenständigsten waren freilich die ei-
genen Konzerte, besonders stimmungsvoll
die zur Adventzeit. Geschickt baute die er-
fahrene Pädagogin das darstellende Spiel in
die musikalischen Szenen ein. Sie selbst war
zugleich die beste Moderatorin dieser
Abende, wenn sie aufschlußreich aus dem
Chorgeschehen im Jahresablauf erzählte und
einen Querschnitt des Repertoires darbot.
Dem Lienzer Musikleben wird die en-
gagierte idealistische Langzeit-Chorleite-
rin fehlen. Es ist zu hoffen, daß ihr Vorbild
Nachahmung findet.“
Die Hymne der „Graser-Chöre“, die im-
mer wieder bei Auftritten innerhalb und
außerhalb der Grenzen Osttirols gesungen
wurde, war das sogenannte „Osttiroler
Heimatlied“, dessen Text und dessen Me-
lodie vom bereits verstorbenen Sparkas-
sendirektor Kurt Friedl stammen. Den
mehrstimmigen Satz dazu schrieb die
Chorleiterin selbst und die 2. Strophe ver-
faßte ihr Gatte Hugo.
Wo des Brenner‘s Scheidewand trennt
Nord und Süd vom Land,
wo der Inn durchs Tal hin rauscht
und die Etsch aufbraust.
Wo man sieht die Gletscherwand,
Alpenglüh‘n so wundervoll
das ist mein Heimatland – das ist Tirol!
Doch es ist zerissen –
bald hätt‘ ich‘s vergessen,
zwischen Drau und Isel –
liegt auch ein Stück Tirol.
Das ist meine Heimat, mein liebes Osttirol,
das ist meine Heimat – mein liebes Osttirol.
Pustertal und Iseltal,
feine Leut gibt‘s überall
und die Dolomitenstadt
so viel Schönes hat.
Jeder fühlt sich da zuhaus,
Berge ring‘s so wundervoll
jeder ruft freudig aus, das ist Tirol!
Schleinitz und Spitzkofel,
träumen still herab
und sie sagen‘s allen,
auch hier, hier ist Tirol.
Das ist meine Heimat, mein liebes Osttirol,
das ist meine Heimat – mein liebes Osttirol.
Irmgard Graser war lobenswerterweise
ständig bemüht, mit ihren Chören auch
Werke heimischer Künstler einzustudie-
ren, um sie so der Öffentlichkeit bekannt-
zumachen. So z. B. war es ihr ein Anlie-
gen, Lieder des schon genannten heimi-
schen Dichters und Komponisten,
Schulrat Gottfried Brunner, Lienz, in ihre
Programme aufzunehmen, um sie so
„unter die Leute“ zu bringen.
OSR Irmgard Graser – Chorleiterin
des Lienzer Sängerbundes 1860
Als sich im Jahre 1953 der Lienzer Sän-
gerbund 1860 vergeblich um einen geeig-
neten Chorleiter bemühte, erklärte sich
Frau Irmgard Graser bereit, diese Stelle zu
übernehmen. Für die damalige Zeit ein na-
hezu sensationelles Ereignis und unge-
wohnt die Optik, daß eine Frau über eine
ansehnliche Anzahl von gesetzten Män-
nern das Sagen hatte.
Aufgrund ihrer großen Erfahrung als
Chorleiterin und Pädagogin, ihres fun-
dierten Könnens sowie ihres Geschickes
im Umgang mit jedem einzelnen Sänger
und ihres sicheren Auftretens bei Proben
und Aufführungen, erwarb sie sich größte
Wertschätzung und Anerkennung bei
Sängern und Publikum.
Anläßlich des 100jährigen Bestands-
jubiläums des Lienzer Sängerbundes im
Jahre 1960 erhielt Frau Dir. Graser aus
den Händen des damaligen 1. Vorstandes,
Kurt Geiger, die Goldene Chormeister-
nadel verliehen.
Insgesamt acht Jahre war der Chor in be-
sten Händen. Im Jahre 1961 legte die tüch-
tige Chormeisterin zum Bedauern aller ihr
Amt zurück.
Gedanken ehemaliger Sängerinnen:
„Nicht nur allein das Singen stand im
Mittelpunkt, sondern auch Gemeinschaft,
Fröhlichkeit und Disziplin gehörten dazu.
Bei Aufführungen wie ,Bunten Aben-
den‘ und ,Theaterstücken‘ konnten wir
auch unsere schauspielerischen Talente
entdecken.
Durch die Meßgestaltungen im Lienzer
Krankenhaus und im Altersheim erhielten
wir schon in jungen Jahren einen Bezug zum
Leben kranker und älterer Mitmenschen.
Bei Ausflügen im In- und Ausland war
unsere Frau Dir. Graser bemüht, uns Kul-
turgut zu zeigen.
Gerne erinnern wir uns an das ,Stander-
le-Singen‘ bei Hochzeiten und Ju-
biläumsfeiern.
Wir alle waren Frau Direktors ,Kinder‘,
eine Großfamilie, in der jeder wahrge-
nommen und akzeptiert wurde.“
* * *
Für die Kürzung des umfangreichen
Manuskriptes sei Herrn VS-Dir. i. R. OSR
Ernst Schneider, Thal, herzlich gedankt.
A. M.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 9 — 63. Jahrgang
Begrüßung des Bundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger bei seinem Besuch in Lienz
aus Anlaß der Einweihung des neuen Sozialzentrums am 17. März 1982.
Foto: Baptist, Lienz
Der Lienzer Sängerbund feiert im Jahr 1960 sein 100jähriges Bestehen; am Dirigen-
tenpult Irmgard Graser.
Foto: Dina Mariner, Lienz
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzi-
nini. Für den Inhalt der Beiträge sind die
Autoren verantwortlich.
Anschrift der Autorin dieser Nummer:
Agathe Meixl, A-9991 Dölsach HNr. 204.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redak-
tion des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Mein-
rad Pizzinini, Albertistraße 2a, A-6176 Völs.