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fuhrwerk nach Matrei zu befördern.
Außerdem hafteten sie für das sichere An-
kommen der Poststücke. Weiters hielt der
Vertrag fest, daß im Falle des Baues der
Iseltalbahn die Postbeförderungskonzessi-
on aberkannt würde.
Die Kraftwagengesellschaft beschränke
sich nicht nur auf den Personentransport,
sondern kaufte schon 1913/14 Lautautos
für den Gütertransport nach Matrei.
Dafür war eine eigene Lenkerberechtigung
erforderlich und ohne diese konnte man
die Lkw mit 3.000 kg Nutzlast nicht fah-
ren. Immerhin stellte die Gesellschaft zu
Beginn des Ersten Weltkriegs (1914) zwei
Lastautos und einen Personenkraftwagen
an das Militär ab, die 1919 wieder zurück-
gefordert wurden.
Der Erste Weltkrieg (1914 bis 1918) un-
terbrach jede lokale Weiterentwicklung
und stoppte auch jeden technischen Fort-
schritt.
Als Natalis Obwexer 1919 für sich eine
„Luxuslimousine“ – ein Produkt der Fiat-
Werke – kaufte, waren Schaltung und
Bremse immer noch außerhalb der Karos-
serie zu bedienen. Das Auto fuhr auf Voll-
gummirädern und ein Stoffverdeck
schützte ein wenig vor Nässe und Regen.
Immerhin war das Auto nun mit Karbid-
lichtern ausgestattet.
Die Osttiroler Kraftwagengesellschaft
nahm den Linienverkehr bald nach dem
Kriege wieder auf. Täglich wurde einmal
hin und retour gefahren und für eine
Strecke brauchte das Gefährt – so es keine
Panne gab – an die zwei Stunden.
Während der Wintermonate bzw. solange
Schnee auf der Straße lag, standen die Au-
tos in den Garagen und Pferdeschlitten
übernahmen wie eh und je jeglichen
Transport von und nach Lienz.
1923 gab es in Matrei eine technische
Sensation. Per Bahnexpreß waren Kisten
angekommen und deren Inhalt war eine
elektrische Beleuchtungsanlage (Schein-
werfer, Lichtmaschine u. a.). Nach wo-
chenlangen Versuchen war der Einbau ge-
lungen, wurde das Auto auf dem Rauter-
platz aufgestellt und die nun mit Strom
gespeisten Scheinwerfer eingeschaltet.
Die halbe Marktbevölkerung soll auch den
Beinen gewesen sein, um dieses Wunder-
werk der Technik zu bestaunen.
Ein Jahr später wurde in eben dieses Pri-
vatauto ein elektrischer Start er eingebaut,
bewährte sich aber nicht. Es blieb meist
bei einem Jaulen und nach kurzer Zeit
wurde wieder ausschließlich die Startkur-
bel gedreht.
1924 kaufte die Gesellschaft einen Lkw
mit nun schon 30 PS. Dieser verfügte be-
reits über ein Azetylen-Gaslicht und ko-
stete damals in der Zeit der Kroneninflati-
on 175 Millionen Kronen. Die größte tech-
nische Neuerung aber war, daß er statt des
Kettenantriebs ein Kardangetriebe einge-
baut hatte. Die Wartungsvorschriften wa-
ren umfangreich und der Fahrer sollte täg-
lich eine Stunde für die Wartung und Pfle-
ge verwenden. Alle sechs Monate waren
sogar die Zylinder abzunehmen und samt
den Kolben gründlich zu entrußen. Der
mitgelieferte Werkzeugsatz hätte für eine
kleine Werkstatt ausgereicht und die
meist versierten Fahrer konnten viele Pan-
nen selbst beheben.
Heute sind wir gewohnt, zur Selbstbe-
dienungstankstelle zu fahren und dort aus
der Zapfsäule die gewünschte Menge Ben-
zin oder Diesel zu tanken. Das war früher
anders: Das Benzin kam in Fässern per
Bahnfracht nach Lienz und wurde dort ab-
geholt. Mittels einer Handpumpe wurde
dann der erforderliche Kraftstoff in den
Tank gepumpt. Das Leergut wurde wieder
zur Bahn gebracht. Die erste öffentliche
Abgabe von Benzin in Osttirol erfolgte bei
der Wandzapfstelle der Erlachapotheke in
Lienz.
In den zwanziger Jahren wurden auch die
Seitentäler mit einspurigen Straßen er-
schlossen, die ein Weiterkommen mit den
Autos der Gesellschaft ermöglichte. 1921
bestand eine schmale Straße bis Haslach
(Kalsertal), 1927 wurde der Linienverkehr
ins Defereggental aufgenommen und 1930
war die Straße bis zum „Katzental“ (zwi-
schen Obermauern und Bobojach) befahr-
bar. Die beiden Tunnels waren für die Bus-
se zu eng. Indessen wollten die Prägratner
einem Omnibus haben, der zwischen Bo-
bojach und Hinterbichl verkehren sollte.
Ein Autobus war vorhanden, aber diesen
nach Bobojach bringen ein Problem. 80
Prägratner vermochten dies zu bewerk-
stelligen. Zäune wurden umgelegt, Feld-
mauern an Hohlwegen (Pizenden) einsei-
tig abgeräumt und so das Auto über Nie-
dermauern hinunter in die Klamme
gebracht. Der Weg durch die Kamme wur-
de mit Notbrücken und Vorlegern fahrbar
gemacht und der 12sitzige Omnibus von
der Klamme hinaus nach Bobojach gezo-
gen. Damit waren Prägraten und Hinter-
bichl mit einem Zwischenspurt beim
Katzental per Autobus erreichbar.
Zögernd gab es im dritten Jahrzehnt
auch technische Neuerungen. Hand und
Nummer 1 –– 65. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Halt eines Postbusses beim Gasthaus Taferner in Huben, um 1937.
(Bildchronik der Marktgemeinde Matrei i. O.)
Eröffnung der Straße nach Virgen, um 1927; im Hintergrund sind die St. Antonius-Ka-
pelle und der gotische Bildstock zu erkennen.
(Bildchronik der Marktgemeinde Matrei i. O.)