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Anmerkung: In unserer von Technik,
Wohlstand und Wegwerfgesellschaft ge-
prägten Welt mag es für manche – insbe-
sonders die ländliche Bevölkerung –
interessant zu lesen sein, was vor 269
Jahren auf einem relativ großen Berg-
bauernhof an Inventar vorhanden war.
Vergleiche mit unserer Zeit wären unrea-
listisch und sind nicht angebracht. Ein
wenig nachdenken vielleicht doch. – Für
die Bewertung wurde der Florentiner-
gulden (fl) gewählt. Eine Kuh kostete
damals 8 Gulden (zu 60 Kreuzern), ein
Stechkalb 1 fl 30 kr.
Vor dem wohlehrenwertesten Herrn
Josef Hibler, Pfleger des Gerichtes Virgen
und Defereggen, zugegen der „fürnehme“
und „ersame“ Jakob Thorer aus Virgen
und Josef Frandl aus Mitteldorf, beide Ge-
richtsverpflichtete als Schätzer.
Demnach der ehrsame Paul Läber also
am Obersonnberg gehaust, am 28. April
mit Gelegenheit als selbiger in dem soge-
nannten Burgacker unterm Haus einen
Zaun hat zurichten wollen und unver-
sehens abgefallen und also sein Leben hat
enden müssen. Gott sei dessen und all
anderen christgläubigen Seelen gnädig und
barmherzig.
Sind anwesend seiner gehabten Ehewir-
tin und nun hinterbliebene „Wittiben“ ehe-
lich erzeugten Töchter Katharina – Simon
Oberbichlers in Prägraten Ehewirtin – und
Anna, des ehrsamen Ruep Wurnitschs
Frau, weiters der Wittiben „Gerhab“
(Rechtsvertreter, Vormund) sowie der mit-
hausende Bruder Hannesen Läber. Nach
gewohntem Landes- und Gerichtsbrauch
wird alles „inventiert, taxiert und be-
schrieben“ wie folgt:
In der Stuben
Ein feichtener Tisch mit
Schublad und zwei Vorbänk
30 kr
Ein „pach-dessn“ (Backtrog)
9 kr
Ein Sribach (Holzbinde zum
Tragen von Mehl u. ä.)
4 kr
Ein Dübel-Währinger (großer
Bohrer mit Holzgriff)
30 kr
Eine Troghacke
10 kr
Ein Reifenmesser, ein
Schwendhackl, ein Stemmeisen 18 kr
Noch ein Währinger
6 kr
Eine Renk-Stange
36 kr
Ein Eisenschlägel
48 kr
Drei Eisenschaufeln
20 kr
Eine Spannsäge
18 kr
Ein Eisenkeil
6 kr
Vier Paare Fußeisen samt Riemen 24 kr
Fünf Acker- und Reithauen
20 kr
Zwei Zapine
24 kr
Zwei Schläglhacken
30 kr
Zwei Maißhacken
30 kr
Drei „Hey-Stäggl“ (Spornstäbe
auch beim Heuziehen verwendet) 12 kr
Drei Mistgabeln
30 kr
Drei Paare Krautmesser schlecht
12 kr
Noch eine Troghacke
10 kr
Ein Laubmesser und
zwei Taxparten
18 kr
Zwei Dengel-Eisen
20 kr
Drei Spinn-Rocken
(einfaches Spinnrad)
21 kr
Drei Precheln (Flachsverarbeitung) 30 kr
In den Kammern obenauf
Des Erblassers Truhe mit
Schloß und Band
48 kr
Darinnen:
Zwei Paar loderne und ein Paar
„irchene“ (Grobleinen) Hosen 2 fl
Ein alter grauer irchener Rock 45 kr
Ein lederner Rock
48 kr
Ein Paar alte weiße
irchene Strümpfe
14 kr
Zwei reistene Manshemden 1 fl
Ein schwarzer und ein gelber Hut 30 kr
Noch eine Truhe mit Schloß
und Band
40 kr
Eine alte Spann-Bettstatt
(Doppelbett)
10 kr
Drei lange Heuseile
a 3 fl 30 kr
10 fl 30 kr
Zwei Heubandln
mit Zubehör
1 fl 12 kr
Zwei Tragseile
18 kr
Zwei Holzseile
12 kr
Zwei Rohrbohrer und ein
„Bixenwähringer (großer Bohrer
zum Kuppeln der Holzrohre) 4 fl 48 kr
Fünf Paare „Schloafe“
(Unterlagen beim Heuziehen
auf Flachstellen)
30 kr
Eine kleine Truhe mit Schloß
und Band
1 fl
Noch eine neue Truhe mit
Schloß und Band
2 fl 48 kr
Eine weitere Truhe gehört
Hansens Ehewirtin
nicht taxiert
Eine Bettstatt
12 kr
Das Bettgewand gehöret Hansens Ehe-
wirtin
Siegmund Kurzthaler
Inventarium aus Virgen, 1729
Erstellt nach dem Ableben des Bauern am Obersonnberg Paul Läber*
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
66. Jahrgang –– Nummer 1
Der Obersonnberg mit dem Gehöft und der Hauskapelle.