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Nummer 4/1998
66. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Die Orientalische Mauerwespe
(Sceliphron curvatum)
Der Erstnachweis dieser relativ großen
Grabwespe (Sphecidae) in Lienz und La-
vant war eine echte und unerwartete
Sache, hinterher relativiert sich allerdings
der erste Enthusiasmus. Die Entdecker-
freude eines Faunistikers ist eben auch
emotional geprägt.
Das erste Stück war ein Weibchen, das
die Frau am Küchenfenster fing, in der
richtigen Meinung, das Exemplar ist auf-
fallend und unbekannt; die Erkennung und
Zuordnung war relativ einfach als Ge-
dächtnisleistung, schließlich war das Tier
nur nach Literatur-Abbildungen bekannt,
die genauere Determination hat den ersten
Eindruck bestätigt.
Nach diesem Fund vom 14. Juli 1995
war ein weiteres Weibchen aus Lavant/
Mure, Lichtfang durch Koll. H. Deutsch
am 22. Juli 1995 ein weiterer Beweis für
das nunmehrige Vorkommen dieser
schönen Art im Lienzer Talboden. (Be-
stätigung der Art durch den Spezialisten
HR Dr. J. Gusenleitner, Linz; Verbleib in
der Sammlung des Autors, für die Über-
lassung besten Dank an den Finder.)
Dieses Tier wurde erstmals 1979 für Eu-
ropa in Österreich (Steiermark) als ver-
mutlich eingeschleppte Art aus Indien
und/oder Nepal gemeldet (VECHT van
der 1984, GEPP 1995, GUSENLEITNER
1996). Sie wurde inzwischen bekannt aus
Ost-Steiermark, Burgenland, Niederö-
sterreich, Wien, Oberösterreich, Kärnten
(GUSENLEITNER 1996: dort wurde der
Fund aus Lavant bereits als Erstfund für
Tirol mitgeteilt. Weitere Vorkommen
dieser offenbar sehr expansiven Art wur-
den als mündliche Mitteilung z. B. aus
Vorarlberg bekannt. Die weitere Ausbrei-
tung ist zu erwarten.)
GEPP (1995: 153 ff. mit Abb.) berichtet
ausführlich über Biologie, Verhalten,
Synanthropie, Nestbaumaterial, Lehm-
töpfebau, Phänologie, Larvenstadien, Ei
und Eiablage, Larvenstadien, Puppe,
Verbreitung u. a. und gibt in der Zusam-
menfassung (p. 165) an: Auffällig ist die
Art durch den Bau ca. 3 cm langer und
ovaler Lehmtöpfe, in denen sie je rund ein
Dutzend gelähmte Spinnen als Larvalnah-
rung deponiert. Diese Lehmtöpfe werden
massenweise, ausschließlich synanthrop
an und in Gebäuden befestigt (Bücher, Bil-
derrahmen, Markisen, Kleidungsstücke,
Fensterstöcke etc.).
Im Raum Lienz wurden 1995/96 meh-
rere Beobachtungen von Tieren und
Lehmtöpfen mitgeteilt, eine Kontrolle oder
Dokumentation erfolgte wegen der rein
mündlichen Mitteilung leider nicht.
Der Firma Lackenbucher, Lienz, habe
ich herzlich zu danken für die kostenlose
Anfertigung der vergrößerten Farbkopien
der Lehmtöpfe und Spinnen-Larvennah-
rung, nach GEPP 1995.
Nach Fertigstellung und Vorlage zur
Publikation gab es eine zweimalige
Überraschung als Ergänzung zur Kenntnis
dieser interessanten Einwanderer-Grab-
wespe.
Nach dem Lesen des Artikels über die
Wespennester (OHBL 4/1997) kam ein
Anruf von Herrn Andreas Berger, Kien-
burg 12, vulgo Unterbrunner. In seinem
Bienenhaus sind 1996 auffallende
„Gehäuse“ einer unbekannten Insektenart
gefunden worden und könnten abeholt
werden. Die Beschreibung war so genau,
daß eine Fernbestimmung möglich war
und beim Abholen der vier Lehmtöpfe
Orientalische Mauerwespe (Sceliphron curvatum): Serie von Lehmtöpfen, deponiert auf
weißem Porozell im Bereich des Dachbodens eines Wohnhauses (nach
GEPP
1995: 154,
Abb. 2).