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Nummer 6/1998
66. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Karl Odwarka
Namenforschung in Kals a. G. – 1983 bis 1998
Der Zufall wollte es, daß
der Dekan von Lienz den Bu-
ben eines guten Bekannten
von Prof. Odwarka taufte.
Und beim Festmahl auf
Schloß Bruck im Frühjahr
1983 wurde dann auch das
Flurnamenprojekt Kals mit
aus der Taufe gehoben.
Dekan Holaus war nämlich
Kalser aus Lesach und ge-
nauso von den exotischen
Kalser Namen fasziniert wie
der Sprachforscher.
Pfarrer Franz Hofmann
und Mesner Rupert Rainer
waren dann die ersten Kon-
taktpersonen von Prof.
Odwarka in Kals. Gleichzei-
tig wurde er vor allem von
seinem Kollegen Prof. H. D.
Pohl von der Universität
Klagenfurt und Dozent Dr.
Meinrad Pizzinini vom Fer-
dinandeum in Innsbruck, ei-
nem Lienzer, mit wissen-
schaftlichen Publikationen
kräftig unterstützt. Im Laufe
der Jahre förderten dann die
Forschungsarbeit besonders
Siegfried und Irma Oberlohr,
heute weit bekannt als
Wirtsleute des Kalser Kaffee-
hauses, und Hans Groder vom Jenshof in
Großdorf, früher der Oberwirt, bei dem
auch während der ersten Jahre die Kalser
Symposien abgehalten wurden. Außerdem
konnten die Namenforscher auf Hilfe
durch den heutigen Pfarrer Michael Bernot
rechnen und „last but not least“ ist Klaus
Unterweger, vulgo Spöttling, zu erwähnen,
der von Anfang an dabei war und das Pro-
jekt auch jetzt als Bürgermeister voll
unterstützt.
Man hatte es 1983 sehr eilig mit der Er-
fassung des noch bekannten Namengutes,
vor allem im Dorfer Tal, da dieses ja unter
Wasser gesetzt werden sollte. So begann
man in Kals mit dem Abschnitt Dorfer-
und Teischnitz Tal. Die sehr guten Alpen-
vereinskarten für diesen Teil des Kalser
Tales sowie weiteres Kartenmaterial,
Veröffentlichungen, vor allem von Unter-
forcher (1899), Finsterwalder (1929) und
das Görzer Urbar (1299) führten bald auf
den Weg zur Erfassung von Unmengen
noch bekannter Namen. Es war aber
Rupert Unterweger, vlg. Spöttling, der hier
die Hauptarbeit leistete. Allein für diesen
ersten Abschnitt wurden im Laufe der
Jahre 335 Namen gesammelt. Die Ge-
samtzahl für das Kalser Tal beträgt jetzt
1.468 Flur-, Orts- und Personennamen
(Vulgo- und Schreibnamen).
Da es kaum ein namenkundlich interes-
santeres Gebiet in den Ostalpen gibt, wenn
nicht im gesamten süddeutschen
Sprachraum, traten die Namenforscher mit
ihren Ergebnissen 1986 an die Öffentlich-
keit. Gleichzeitig wurden die ersten Ana-
lysen in der „Österreichischen Namenfor-
schung“ veröffentlicht, die
von Prof. Kronsteiner 1973
gegründet wurde und von
Prof. Pohl seit 1989 weiter-
geführt wird.
Bereits das erste Sympo-
sium Kals (1986) war ein
voller Erfolg. Von Anfang an
wurde es von namhaften
Sprachwissenschaftlern un-
terstützt. Alle fünf an der
Sprachwissenschaft beteilig-
ten österreichischen Univer-
sitäten waren und sind heute
noch dabei. In alphabeti-
scher Reihenfolge wären
stellvertretend für die vielen
Kolleginnen und Kollegen zu
nennen: Graz mit Prof. Deni-
son, Innsbruck mit den Pro-
fessoren Plangg und Anreiter,
Klagenfurt mit Prof. Mayer-
thaler, Salzburg mit Prof.
Kronsteiner und Wien mit
Frau Prof. Hornung. Im Lau-
fe der letzten dreizehn Jahre
fanden immer mehr Sprach-
wissenschaftler den Weg
nach Kals. Das Ausland war
durch Kollegen aus Bulga-
rien, Deutschland, Italien,
Polen,
Slowenien,
der
Schweiz, der Tschechischen
Republik und den USA vertreten. Beson-
ders wären Prof. Srámek von der Univer-
sität Brünn/Brno und Dozent Dr. Ritter von
der Universität Frankfurt zu erwähnen.
Wichtig war von Anfang an, daß die
Namenforschung allen dienen soll, also
auch den Betroffenen und allen an Namen
und Dialekten Interessierten. So waren von
Anfang an auf der Veranda beim Oberwirt
auch Lehrer, Ortschronisten und Bergstei-
ger, aber auch Ärzte, Ingenieure und Juri-
sten neben Kalsern anwesend. Nach der
Arbeit verbrachte man dann schöne Stun-
den beim gemütlichen Beisammensein;
auch die Empfänge im Widum bleiben
allen in schönster Erinnerung.
Nun aber zur Beschreibung der For-
schungsarbeit in Kals, dem „Kalser Mo-
dell“. Von Anfang an war es Mesner Ruep
Blick auf das Zentrum von Kals, Holzstich von Richard Püttner, ab-
gebildet im Werk „Wanderungen durch Tirol und Vorarlberg“, 2. Auf-
lage, Stuttgart 1889.
Foto: M. Pizzinini