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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
66. Jahrgang –– Nummer 8-9
raumt, die erfolgreich verlief. Ohne den
Namen zu nennen, bestieg er auch den
Spitzkofel: „Endlich gieng es gegen die
höchste Spitze zu. Hier waren weder
Baum noch Strauch, aber destomehr
Steintrümmer …“ – „Endlich erreichten
wir mühsam die höchste Spitze, …“ –
„Nachdem wir auf dieser Höhe etwas aus-
geruhet hatten, nahmen wir durch eine an-
dere Gegend den Rückweg, …“ – Zur Zeit
des Besuches der Kerschbaumer Alm
konnte es Hoppe natürlich noch nicht wis-
sen, hat es aber in seinem später verfaßten
Manuskript vermerkt, daß an diesem Tag
„jene merkwürdige Seeschlacht bei
Abukir“ stattgefunden habe. Abukir liegt
ca. 22 km nordöstlich von Alexandria. Bei
dieser Seeschlacht vernichtete der engli-
sche Admiral Nelson die französische
Flotte, die General Napoleon Bonapartes
ägyptische Expedition sichern sollte.
Am folgenden Tag, 2. August, schaltete
Hoppe mehr oder weniger einen Ruhetag
ein. Er hatte ja auch sehr viel an Pflanzen-
material aufzuarbeiten! Nachmittags
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift der Autoren dieser Nummer:
Mag. Wolfgang Neuner, Tiroler Landesmu-
seum Ferdinandeum, Innsbruck, Naturwis-
senschaften, A-6020 Innsbruck, Feldstraße
11a – Dr. Meinrad Pizzinini (siehe unten).
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pi-
zzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
Leicht trüber Blick von der Schleinitz auf Lienz und die Lienzer Dolomiten, aufgenom-
men am 3. August 1998, genau 200 Jahre nach der Besteigung dieses Berges durch Dr.
Hoppe, der vom Ausblick begeistert war.
Foto: Christian Gander (11 Jahre), Thurn
Bei den Neualplseen unterhalb der Schneinitz, Aufnahme August 1987.
Foto: M. Pizzinini
machte er mit Dr. Rauschenfels bloß einen
eher kleinen Spaziergang, der nicht zu
lokalisieren ist.
Am nächsten Tag, Freitag, 3. August,
unternahm Hoppe eine Exkursion auf die
Schleinitz. Mit dieser detaillierten Be-
schreibung besitzen wir einen sehr frühen
Bericht über eine touristische Besteigung ei-
nes Berges im östlichen Pustertal. Noch am
Zettersfeld fand er einige ungemähte Wie-
sen und war über den Reichtum an Pflan-
zenarten erfreut. „Nun kamen wir an einige
Bergseen, wo aber nichts wuchs.“ Von den
Neualplseen aus ging es zum Gipfel: „End-
lich sahen wir den Gipfel, die sogenannte
Schleinitzspitze, in der Nähe. Aber wir hat-
ten noch lange zu klettern, bis wir hinauf
kamen.
Der
steile
Weg
gieng
eine ganze Stunde lang über lauter Granit-
blöcke, die hier zu tausenden neben einan-
der lagen, und wo man von einem auf den
anderen springen mußte.“ – Hoppe be-
schreibt nicht nur den Weg, sondern auch
die Aussicht vom Gipfel aus: „… und weil
es hell Wetter war; so hatten wir eine ganz
unbegreifliche Aussicht, davon sich auch
der kleinste Gedanke nicht beschreiben läst.
Lienz lag in der unermeßlichsten Tiefe, wie
eine, auf ein Kartenblatt gezeichnete
Landschaft, und in den weitesten Entfer-
nungen die höchsten Berge, zum Theil, mit
ewigem Schnee bedeckt. Italiensgebürge
schienen ganz in der Nähe zu seyn.“
Einige von Hoppes Beobachtungen
bzw. Erlebnissen verlangen volkskundli-
ches Interesse: Als er die Iselaue besuchte,
dort jedoch alle Pflanzen verblüht waren,
berichtete man ihm, daß hier seit sechs
Wochen eine große Hitze und damit auch
eine ungeheure Dürre geherrscht hätten. Es
seien „Prozessionen um Regen“ durchge-
führt worden. – Wohl zu streng hielt sich
Hoppes Bergführer an das kirchliche
Fastengebot, wenn er an einem Freitag –
bei der Rast am Schleinitzgipfel – nicht
nur kein Fleisch aß, sondern überhaupt
nichts zu sich nahm.
Was jausnete ein Tourist damals? Auf
der Kerschbaumer Alm verzehrte Hoppe
„etwas Butterbrod und Brandwein“, auf
der Schleinitz aß er „ein Stück kalten Bra-
ten, samt einem Gläschen Tyroler Brand-
wein“.
Bemerkenswert ist Hoppes Erwäh-
nung, nach Besteigung der Schleinitz dort
ein „Wahrzeichen“ wohl in Form eines
„steinernen Mandls“ gesetzt zu haben. Ein
solches brauchmäßiges Verhalten kann
man auch heute vielerorts beobachten.
Auch in der Umgebung der Schleinitz und
hier besonders am Steinermandlgipfel sind
zahlreiche aus Steinen aufgebaute Male zu
sehen.
Am Tag nach der Besteigung der Schlei-
nitz, am 4. August, verließ Hoppe die
Stadt Lienz und kehrte über den Iselsberg
nach Heiligenblut zurück, wobei ihn der
Führer nur bis Winklern begleiten konnte.
Den Bergführer hat Hoppe immer auch als
Träger benützt. In Winklern bedauerte er:
„… dann mußte ich alle meine Sachen
selbst auspacken, und allein reisen“.
Mag ihm die Stadt Lienz selbst bei sei-
nem ersten Besuch im Jahr 1798 auch
„verhaßt“ gewesen sein, von der Umge-
bung war David Heinrich Hoppe begeistert
und hat wissenschaftlich auch großen Nut-
zen daraus gezogen. Er sollte noch öfters
wiederkommen!
Anmerkungen:
1 Kurzbiographie in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 9,
Berlin 1972, S. 616 f.
2 Festschrift zum hundertjährigen Bestand der Freiwilli-
gen Feuerwehr der Stadt Lienz 1868-1968, Lienz 1968,
S. 5 ff.
3 Bothe von und für Tirol und Vorarlberg 1838, Nr. 98,
S. 389 – Bothe für Tirol und Vorarlberg 1840, Nr. 75,
S. 300.
4 Rauschenfels von, Candidus: Beytrag zu einer Tiroli-
schen Flora, und zu einem Tirolisch-botanischen Idioti-
kon, in: Der Sammler für Geschichte und Statistik von
Tirol, 3. Band, Innsbruck 1808, S. 134 ff. (abgedruckt
auch in OHBL 1973, Nr. 4-6) – Darin sind einige bio-
graphische Angaben über P. Mayr enthalten.
5 Bezüglich dieser Angabe muß ein Irrtum vorliegen. Es
war selbst mit Hilfe des Archivars des Innsbrucker
Jesuitencollegs nicht möglich, ein Colleg zu Mühlstadt
zu identifizieren.