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BUCH
PUSTERTALER VOLLTREFFER
NOVEMBER/DEZEMBER 2014
10
H
ilda Außerlechner (74) ver-
steht es seit jeher mit
ihren Texten besondere Gefühle
in den Lesern zu erwecken. Be-
sonders ihre Weihnachtsbücher
sind ein kleines Juwel, deren
Inhalte den Menschen auch
noch lange nach Weihnachten
sehr wertvoll sind. Mittler-
weile erschien ihr drittes Weih-
nachtsbuch „Auf dem Weg zur
Weihnacht“. Der „Weg“ in
ihrer neuen Publikation beginnt
bereits im Herbst – mit Ge-
dichten und Geschichten, die
aus ihrem gesamten Leben ge-
nauso erzählen wie vom heimi-
schen Brauchtum oder von
einem Kind, das weint, weil es
ein Brieflein ans Christkind
schreiben möchte, aber nicht
mehr weiß, was es sich noch
wünschen soll. „Das Kind hat
bereits alles Materielle. Was
das Kindlein aber brauchen
würde, sind Liebe und Zeit von
den Eltern“, so Außerlechner.
Liebe und Zeit
Liebe geben und Zeit haben
für den anderen ist essentieller
Inhalt des Buches. „Von diesen
besonderen Werten ist man als
Wenn ich etwa durch das
schwere Heutragen schon wie-
der Nasenbluten hatte, forderte
sie meinen Ziehbruder auf, mir
nicht so viel Heu aufzulegen.“
„Tränenmännlein“
„Ich weinte als Kind soviel,
das ich das Büchlein ,Tränen-
männlein‘ geschenkt bekam.
Darin war ein Männlein be-
schrieben, dass soviel weinte,
dass man in seinem Tränensee
nur mehr ein wenig von seinem
roten Zipfelmützchen heraus-
ragen sah. Meine Ziehmutter
drohte mir, dass es mir ebenfalls
so ergehen würde, würde ich
nicht endlich zu weinen auf-
hören. Diese Härte war einfach
ihre Art, sie wollte einen
ordentlichen Menschen aus mir
machen. Doch wenn ich wieder
einmal krank war, starb sie fast
vor Angst. Ich war ihr 13. Zieh-
kind. Sie selbst war kinderlos,
sehr unglücklich verheiratet und
extrem überlastet.“
Irgendwann baute sich die
kleine Hilda ihre eigene Traum-
welt auf, in der sie mehr Glück
erlebte. „Nämlich draußen in der
Natur – insbesondere bei den
Erwachsener – besonders heut-
zutage – allzu oft abgelenkt.
Der Advent schafft aber Mög-
lichkeit, sich auf diese Werte zu
besinnen.“
Ein Bild des Osttiroler
Künstlers Prof. Oswald Koll-
reider ziert das Buchcover.
„Das Weihnachtsmotiv von
Oswald bedeutet mir sehr viel“,
betont die Dichterin. Die vielen
Fotografien im Inneren des
Werkes sind stimmungsvolle
Naturaufnahmen von Norbert
Mariacher. Die Fotos entstan-
den alle in Osttirol.
Das neue Weihnachtsbuch ist
Außerlechners achtes Buch. Und
man merkt: Ihre Gedanken sind
noch tiefsinniger als je zuvor.
„Das kommt natürlich mit dem
Alter. Man wird reifer“, sagt sie.
Schon als Kind schrieb sie Ge-
dichte. „Unlängst entdeckte ich
wieder eines aus dieser Zeit.“
Die Zeit als Ziehkind
Das Schreiben half ihr als
Kind ein wenig über den Alltag
hinweg, der sich schwer und oft
sehr traurig anfühlte. Sie wuchs
bei Zieheltern in Sillian auf und
kam schon mit eineinhalb Jah-
ren dorthin. „Weil ich damals
sterbenskrank war. Ich litt an
einer seltenen Lungenkrank-
heit, und die Großmutter emp-
fand mich deshalb als
lästig. Sie meinte, dass mir eine
Luftveränderung gut tue. Als
man mich weggab, war mein
Vater gerade wegen seines Her-
zens – wie so oft – in der Klinik
und bekam dies nicht mit. Es
tat ihm sehr weh, als er davon
erfuhr“, so Hilda Außerlechner,
die sein viertes Kind war.
Von der Ziehmutter auf dem
Bergbauernhof „In der Oberha-
selgrube“ am Sillianberg wurde
Hilda sehr hart behandelt. „Ab-
gesehen davon, dass ich furcht-
bar viel schuften musste und
sehr streng erzogen wurde,
bekam ich keine Liebe und
keine guten Worte von ihr. Nur
ab und zu ein wenig Rücksicht.
Tieren war ich selig. So trug ich
auch kranke Vögel heim und
pflegte sie gesund. Jedes Käfer-
lein war mir etwas wert.“ Und
auch ihr leiblicher Vater, der viel-
beachtete Strassener Kapell-
meister und Tischlermeister Josef
Wieser, war das Größte für sie.
Erfolgloses Bemühen
„Jeder wusste, dass ich seine
Tochter bin. Ich war sehr stolz
auf ihn, hatte so große Sehn-
sucht nach ihm und fühlte mich
so seelenverwandt mit ihm. Er
kämpfte sehr darum, dass ich
wieder zu ihm nach Hause nach
Strassen durfte. Der Aufenthalt
bei meiner Ziehmutter hätte ja
nicht für immer sein sollen.
Doch sie wollte mich nicht
mehr hergeben – sie weinte viel.
Er bat die Ziehmutter umso
mehr in vielen Briefen, mich
streng, aber mit Liebe zu erzie-
hen.“ Zumindest hatte Hilda
immer wieder Kontakt zu ihrem
Vater. „Ich kann mich noch gut
erinnern, als er mich einmal auf
eine saure Suppe einlud. Ich war
so selig. Ab und zu sah ich ihn
auch in der Schule, denn er war
ebenso bei der Schulaufsichts-
behörde. Oft erzählten mir die
Leute von seinen wunderschö-
nen Melodien auf dem Flügel-
horn. Bis heute kommen mir die
Die bekannte Heimatdichterin Hilda Außerlechner
aus Kartitsch berührt besonders mit ihrem neuen
Weihnachtsbuch „Auf dem Weg zur Weihnacht“.
Mit ihren tiefsinnigen Gedichten und Geschichten ent-
führt sie die Leser auch in ihre eigene Lebenswelt
sowie in das heimische Brauchtum.
Die beliebte Heimat-
dichterin Hilda
Außerlechner aus
Kartitsch brachte
ihr neues
Weihnachtsbuch
„Auf dem Weg
zur Weihnacht“
heraus.
Foto: Martina
Holzer
Als Ziehkind weinte Hilda viel. Harte Worte gehörten zum Alltag.
Sie berührt die Herzen vie